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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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Ein ganz Keines Bild findet sich da, welches des Vorrechts'ge¬
nießt, dichtgedrängte Reihen von Beschauern heranzuziehen; es ist der
//Raucher," von Mepsonnier. Dieser Maler, der durch ein kleines
Stück "die Würfelspieler" auf einer der letzten Ausstellungen seinen
Ruhm begründete, hat sich ein vornehmlich in Frankreich ziemlich selte¬
nes Genre geschaffen, welches allerdings mit der kleinlich genauen und
saubern Manier der Holländer verwandt ist. Sein //Raucher", in der
Bürgcrtracht des achtzehnten Jahrhunderts, blast den Dampf der Pfeife-
mit einer Gravität aus, die auch nicht eine Falte seiner Rockschöße aus
ihre Lage kommen läßt; und was den //Baßgeiger//, das Gegenstück des
vorigen, anbetrifft, so ist es unmöglich, verführerische Manchetten und ein
glänzenderes Instrument zu haben, als er. Es giebt Viele, welche
diese kleinen Wettkämpfe der Kunst mit der Wirklichkeit geringachten;
allein wenn die Nachahmung der.Natur es bis zum Genie treibt, so-
verlohnt sie gewiß der Mühe; ein guter Netscher ist kein übles Stück,
und wir glauben, wenn Herr Mepsonnier seine Bahn verfolgt, so ist
er noch zu größerem Erfolge berufen. Ehe wir von dem Hauptsaale
Abschied nehmen, müssen wir noch eine //Vertheidigung von Mazagrcm"
von Philipoteaux anführen, ein vom Hofe bestelltes Bild. Die Araber,
theils zu Fuß, theils zu Pferde, von der berühmten Redoute niederge¬
worfen, werden-von dein tapfern Capitain Lelievre nach Herzenslust zu¬
sammengeschossen. Ein kecker, verwegener Patnotismus des Tages spricht
iius diesem Gemälde, die. Geschütze selbst scheinen den Köpfen der un¬
glücklichen Beduinen Pariser Vandevillelieder entgegenzutreten. Allein
das ließ sich nicht vermeiden. Es kommt mir vor, als könnte die Ma¬
lerei nur die Schlachten der schon von der Weltbühne verschwundenen
Völker mit Erfolg darstellen; die Betrachtungen und Zweifel, die eine
bekannte Begebenheit in uns erweckt, erkälten die Einbildungskraft. Die
berühmtesten Schlachten, die man gemalt hat, sind die des Constantin
von Raphael/ des Alexander von Lebrun und die Hunnenschlacht von
Kaulbach.

Beinahe hätten wir in der Uebersicht des viereckigen Saales einen
Winterlandschaftömaler vergessen, welcher der holländischen Manier sehr
nahe kommt; wir meinen Wickenberg, einen Deutschen, der sowohl
der'Ausführung des Details, als seines durchsichtigen Helldunkels wegen
Auszeichnung verdient. Seine //Erinnerung an Schweden" ruft uns
die Winterstücke von Schelfout in'ö Gedächtniß.

Dringt man nun in die ungeheure Gallerie ein, welche dein Saale


Ein ganz Keines Bild findet sich da, welches des Vorrechts'ge¬
nießt, dichtgedrängte Reihen von Beschauern heranzuziehen; es ist der
//Raucher," von Mepsonnier. Dieser Maler, der durch ein kleines
Stück „die Würfelspieler" auf einer der letzten Ausstellungen seinen
Ruhm begründete, hat sich ein vornehmlich in Frankreich ziemlich selte¬
nes Genre geschaffen, welches allerdings mit der kleinlich genauen und
saubern Manier der Holländer verwandt ist. Sein //Raucher", in der
Bürgcrtracht des achtzehnten Jahrhunderts, blast den Dampf der Pfeife-
mit einer Gravität aus, die auch nicht eine Falte seiner Rockschöße aus
ihre Lage kommen läßt; und was den //Baßgeiger//, das Gegenstück des
vorigen, anbetrifft, so ist es unmöglich, verführerische Manchetten und ein
glänzenderes Instrument zu haben, als er. Es giebt Viele, welche
diese kleinen Wettkämpfe der Kunst mit der Wirklichkeit geringachten;
allein wenn die Nachahmung der.Natur es bis zum Genie treibt, so-
verlohnt sie gewiß der Mühe; ein guter Netscher ist kein übles Stück,
und wir glauben, wenn Herr Mepsonnier seine Bahn verfolgt, so ist
er noch zu größerem Erfolge berufen. Ehe wir von dem Hauptsaale
Abschied nehmen, müssen wir noch eine //Vertheidigung von Mazagrcm"
von Philipoteaux anführen, ein vom Hofe bestelltes Bild. Die Araber,
theils zu Fuß, theils zu Pferde, von der berühmten Redoute niederge¬
worfen, werden-von dein tapfern Capitain Lelievre nach Herzenslust zu¬
sammengeschossen. Ein kecker, verwegener Patnotismus des Tages spricht
iius diesem Gemälde, die. Geschütze selbst scheinen den Köpfen der un¬
glücklichen Beduinen Pariser Vandevillelieder entgegenzutreten. Allein
das ließ sich nicht vermeiden. Es kommt mir vor, als könnte die Ma¬
lerei nur die Schlachten der schon von der Weltbühne verschwundenen
Völker mit Erfolg darstellen; die Betrachtungen und Zweifel, die eine
bekannte Begebenheit in uns erweckt, erkälten die Einbildungskraft. Die
berühmtesten Schlachten, die man gemalt hat, sind die des Constantin
von Raphael/ des Alexander von Lebrun und die Hunnenschlacht von
Kaulbach.

Beinahe hätten wir in der Uebersicht des viereckigen Saales einen
Winterlandschaftömaler vergessen, welcher der holländischen Manier sehr
nahe kommt; wir meinen Wickenberg, einen Deutschen, der sowohl
der'Ausführung des Details, als seines durchsichtigen Helldunkels wegen
Auszeichnung verdient. Seine //Erinnerung an Schweden" ruft uns
die Winterstücke von Schelfout in'ö Gedächtniß.

Dringt man nun in die ungeheure Gallerie ein, welche dein Saale


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[0414] Ein ganz Keines Bild findet sich da, welches des Vorrechts'ge¬ nießt, dichtgedrängte Reihen von Beschauern heranzuziehen; es ist der //Raucher," von Mepsonnier. Dieser Maler, der durch ein kleines Stück „die Würfelspieler" auf einer der letzten Ausstellungen seinen Ruhm begründete, hat sich ein vornehmlich in Frankreich ziemlich selte¬ nes Genre geschaffen, welches allerdings mit der kleinlich genauen und saubern Manier der Holländer verwandt ist. Sein //Raucher", in der Bürgcrtracht des achtzehnten Jahrhunderts, blast den Dampf der Pfeife- mit einer Gravität aus, die auch nicht eine Falte seiner Rockschöße aus ihre Lage kommen läßt; und was den //Baßgeiger//, das Gegenstück des vorigen, anbetrifft, so ist es unmöglich, verführerische Manchetten und ein glänzenderes Instrument zu haben, als er. Es giebt Viele, welche diese kleinen Wettkämpfe der Kunst mit der Wirklichkeit geringachten; allein wenn die Nachahmung der.Natur es bis zum Genie treibt, so- verlohnt sie gewiß der Mühe; ein guter Netscher ist kein übles Stück, und wir glauben, wenn Herr Mepsonnier seine Bahn verfolgt, so ist er noch zu größerem Erfolge berufen. Ehe wir von dem Hauptsaale Abschied nehmen, müssen wir noch eine //Vertheidigung von Mazagrcm" von Philipoteaux anführen, ein vom Hofe bestelltes Bild. Die Araber, theils zu Fuß, theils zu Pferde, von der berühmten Redoute niederge¬ worfen, werden-von dein tapfern Capitain Lelievre nach Herzenslust zu¬ sammengeschossen. Ein kecker, verwegener Patnotismus des Tages spricht iius diesem Gemälde, die. Geschütze selbst scheinen den Köpfen der un¬ glücklichen Beduinen Pariser Vandevillelieder entgegenzutreten. Allein das ließ sich nicht vermeiden. Es kommt mir vor, als könnte die Ma¬ lerei nur die Schlachten der schon von der Weltbühne verschwundenen Völker mit Erfolg darstellen; die Betrachtungen und Zweifel, die eine bekannte Begebenheit in uns erweckt, erkälten die Einbildungskraft. Die berühmtesten Schlachten, die man gemalt hat, sind die des Constantin von Raphael/ des Alexander von Lebrun und die Hunnenschlacht von Kaulbach. Beinahe hätten wir in der Uebersicht des viereckigen Saales einen Winterlandschaftömaler vergessen, welcher der holländischen Manier sehr nahe kommt; wir meinen Wickenberg, einen Deutschen, der sowohl der'Ausführung des Details, als seines durchsichtigen Helldunkels wegen Auszeichnung verdient. Seine //Erinnerung an Schweden" ruft uns die Winterstücke von Schelfout in'ö Gedächtniß. Dringt man nun in die ungeheure Gallerie ein, welche dein Saale

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/414>, abgerufen am 02.07.2024.