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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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unserer eigenen Vorzeit geschöpft sind. Sowie man also anfangs in der
Farbe national zu sein sich bestrebte, so wurde man es nun, nachdem
man noch die schöne Form sich angeeignet hatte, auch dem Inhalte nach.
Der Gang unserer Malerei bewegte sich parallel mit dem der franzö¬
sischen, welche lange vorher, durch/ Gerard,. Gros, Dernet Gericault
sich der Nachahmung des Fremden entzogen hatte; jedoch mit den: wesentlichen
Unterschiede, daß die französischen Maler, da sie, hinsichtlich des Colorits,
sich an keine alte Landesschule anschließen konnten, sich zwischen vieler¬
lei Manieren theilten, so daß die einen sich an die Flamänder hielten,
andere an die Spanier und wieder andere an je einen der großen italie¬
nischen Meister des sechszehnten und siebzehnten Jahrhunderts. Die fla-
mändischen Maler hingegen, die in ihrem.Vatexlande die Quelle eines
eigenthümlichen Kunstlebens besaßen, thaten nichts anders als in die neu¬
erweckte Schule einen dem Volke selbst entsprossenen Geist wieder einzu¬
führen. So gestaltete "sich ihre Schule zu einer viel coup.anderen, und
charactervolleren Einheit,eilf die französische.

Die Brüsseler Ausstellung von 1333 war die Fortsetzung'zu der
182Ler; sie zeigte eine weitere Ausbildung deS Standpunktes, den die
Malerei bei uns gewonnen hatte. Was wird nun die 1842er bieten?
Wir hoffen, daß sie eine vierte Stufe des Fortschrittes bezeichnen wird. --

Werfen wir noch einen Gesammtblick aus den Gang der flcnnän-
dischen Malerei seit zehn Jahren, so sinden wir, daß eine ganze Welt
neuer Erzeugnisse zwischen unserer jungen so tüchtigen, kraftvollen, glän¬
zenden Kunst und der alten Schule aus der Kaiserzeit liegt, .welche zwar ei¬
nige hartnäckige Nachzügler, um jeden Preis/ in Ehren erhalten wollen,
die aber dessenmigeachtet, wie alle veralteten Dinge, immer mehr zerfällt.




unserer eigenen Vorzeit geschöpft sind. Sowie man also anfangs in der
Farbe national zu sein sich bestrebte, so wurde man es nun, nachdem
man noch die schöne Form sich angeeignet hatte, auch dem Inhalte nach.
Der Gang unserer Malerei bewegte sich parallel mit dem der franzö¬
sischen, welche lange vorher, durch/ Gerard,. Gros, Dernet Gericault
sich der Nachahmung des Fremden entzogen hatte; jedoch mit den: wesentlichen
Unterschiede, daß die französischen Maler, da sie, hinsichtlich des Colorits,
sich an keine alte Landesschule anschließen konnten, sich zwischen vieler¬
lei Manieren theilten, so daß die einen sich an die Flamänder hielten,
andere an die Spanier und wieder andere an je einen der großen italie¬
nischen Meister des sechszehnten und siebzehnten Jahrhunderts. Die fla-
mändischen Maler hingegen, die in ihrem.Vatexlande die Quelle eines
eigenthümlichen Kunstlebens besaßen, thaten nichts anders als in die neu¬
erweckte Schule einen dem Volke selbst entsprossenen Geist wieder einzu¬
führen. So gestaltete "sich ihre Schule zu einer viel coup.anderen, und
charactervolleren Einheit,eilf die französische.

Die Brüsseler Ausstellung von 1333 war die Fortsetzung'zu der
182Ler; sie zeigte eine weitere Ausbildung deS Standpunktes, den die
Malerei bei uns gewonnen hatte. Was wird nun die 1842er bieten?
Wir hoffen, daß sie eine vierte Stufe des Fortschrittes bezeichnen wird. —

Werfen wir noch einen Gesammtblick aus den Gang der flcnnän-
dischen Malerei seit zehn Jahren, so sinden wir, daß eine ganze Welt
neuer Erzeugnisse zwischen unserer jungen so tüchtigen, kraftvollen, glän¬
zenden Kunst und der alten Schule aus der Kaiserzeit liegt, .welche zwar ei¬
nige hartnäckige Nachzügler, um jeden Preis/ in Ehren erhalten wollen,
die aber dessenmigeachtet, wie alle veralteten Dinge, immer mehr zerfällt.




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[0041] unserer eigenen Vorzeit geschöpft sind. Sowie man also anfangs in der Farbe national zu sein sich bestrebte, so wurde man es nun, nachdem man noch die schöne Form sich angeeignet hatte, auch dem Inhalte nach. Der Gang unserer Malerei bewegte sich parallel mit dem der franzö¬ sischen, welche lange vorher, durch/ Gerard,. Gros, Dernet Gericault sich der Nachahmung des Fremden entzogen hatte; jedoch mit den: wesentlichen Unterschiede, daß die französischen Maler, da sie, hinsichtlich des Colorits, sich an keine alte Landesschule anschließen konnten, sich zwischen vieler¬ lei Manieren theilten, so daß die einen sich an die Flamänder hielten, andere an die Spanier und wieder andere an je einen der großen italie¬ nischen Meister des sechszehnten und siebzehnten Jahrhunderts. Die fla- mändischen Maler hingegen, die in ihrem.Vatexlande die Quelle eines eigenthümlichen Kunstlebens besaßen, thaten nichts anders als in die neu¬ erweckte Schule einen dem Volke selbst entsprossenen Geist wieder einzu¬ führen. So gestaltete "sich ihre Schule zu einer viel coup.anderen, und charactervolleren Einheit,eilf die französische. Die Brüsseler Ausstellung von 1333 war die Fortsetzung'zu der 182Ler; sie zeigte eine weitere Ausbildung deS Standpunktes, den die Malerei bei uns gewonnen hatte. Was wird nun die 1842er bieten? Wir hoffen, daß sie eine vierte Stufe des Fortschrittes bezeichnen wird. — Werfen wir noch einen Gesammtblick aus den Gang der flcnnän- dischen Malerei seit zehn Jahren, so sinden wir, daß eine ganze Welt neuer Erzeugnisse zwischen unserer jungen so tüchtigen, kraftvollen, glän¬ zenden Kunst und der alten Schule aus der Kaiserzeit liegt, .welche zwar ei¬ nige hartnäckige Nachzügler, um jeden Preis/ in Ehren erhalten wollen, die aber dessenmigeachtet, wie alle veralteten Dinge, immer mehr zerfällt.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/41>, abgerufen am 30.06.2024.