Nie konnte sich das Volk sagen: es geht etwas vor, wie in unserii-gro¬ ßen -Hauptstädten.,' - wo die neugierigen' Müssiggänger' stets den, Kern al¬ ler Versammlungen bilden, die man den andern Tag als eine-gewich¬ tige Kundgebung der öffentlichen Meinung darstellen wird. Die Nation erfuhr Zugleich das Dasein und das Ende der Krisis, die Entdeckung und, die Unterdrückung eines. ,Complots, den Namen und die Bestrafung der Verschwörer,,,ohne daß nach Außen Hin irgend eine Bewegung sich kund gegeben hätte. Für diese starke Negierung ^ war es eine so bequeme Sache, mit einem Schritt , in dieses Gefängniß zu kommen, wo die Ka¬ tastrophen all der schrecklichen Tragödien vorgingen, deren Exposition im Heiligthum der Signoria geschehen war. Ich,begreife es/ daß diese Seufzerbrücke auf die Einbildung des Volkes Eindruck machte, und , daß es ihr einen so passenden und poetischen Namen gegeben. Fast in glei¬ cher Höhe nutzen Dachwerk, zwischen einem Palast und einem Gefäng¬ niß, von allen Seiten abgeschlossen, ohne eine einzige Oeffnung, um dem Tag und.dem Licht, diesen aufrührerischen Tröstern der Verurteilten, Zugang zu lassen, stumm, undurchdringlich ist dieser Bogen, von dem' man sagen möchte, daß .er zwischen zwei Mysterien geworfen sei, gewis¬ sermaßen .die,Verbindungslinie, die in ein Wort zusammenzieht und Per-, schmilzt, die doppelte und. einzige Nylle dieser, Profoß-Regierung: den Richter und den Henker.,, Wie .oft mögen Mütter, Gattinnen, troplose Geliebte, die unter dem Schleier die zerreißenden Ungewißheiten ihres Herzens verbargen, sich auf die Brücke gelehnt haben, welche gegenüber der Seufzerbrücke die Quais verbindet, und wie oft mögen sie sich ge¬ sagt haben: In diesem Augenblick vielleicht geht er hinter diesen fühllosen Steinen vorbei, auf denen unsre armen Augen ach! vergebens' ihre ohn¬ mächtigen .Blicke ruhen lassen; vielleicht geht er zum Tode, ohne daran zu denken,,'daß wir hier sind. Und des Nachts wie viele Frauen mö¬ gen, wohl verwirrter'und beunruhigter nach Haus gekehrt sein, indem sie mit leiser Stimme einander unheilschwangere Verttiuthungen mittheilten: habt-Ihr nicht , wie einen frommen Seufzer gehört, als dieSan-Marcuö- Glocke, zwölf, Mal schlug? Arme Frauen! Die Wesen, die ihr liebtet, waren, .gewiß todt; aber ließ das schreckliche Tribunal auch'nur einen Seufzer laut, werden? Die Mauern dieser Kerker haben viele'Todes¬ kampfe , gesehen, aber'. sie haben sie nicht gehört. 6 Wie viel berühmte Todte/ wie viel im Laufe so vieler Jahrhunderte ^zum Tode Verurtheilte, deren Ueberbleibsel man nicht,gefunden hat! Einst vielleiäKwird der Tag/kommen, da man endlich erfahren wird/ woFin die Gerechtigkeit
Nie konnte sich das Volk sagen: es geht etwas vor, wie in unserii-gro¬ ßen -Hauptstädten.,' - wo die neugierigen' Müssiggänger' stets den, Kern al¬ ler Versammlungen bilden, die man den andern Tag als eine-gewich¬ tige Kundgebung der öffentlichen Meinung darstellen wird. Die Nation erfuhr Zugleich das Dasein und das Ende der Krisis, die Entdeckung und, die Unterdrückung eines. ,Complots, den Namen und die Bestrafung der Verschwörer,,,ohne daß nach Außen Hin irgend eine Bewegung sich kund gegeben hätte. Für diese starke Negierung ^ war es eine so bequeme Sache, mit einem Schritt , in dieses Gefängniß zu kommen, wo die Ka¬ tastrophen all der schrecklichen Tragödien vorgingen, deren Exposition im Heiligthum der Signoria geschehen war. Ich,begreife es/ daß diese Seufzerbrücke auf die Einbildung des Volkes Eindruck machte, und , daß es ihr einen so passenden und poetischen Namen gegeben. Fast in glei¬ cher Höhe nutzen Dachwerk, zwischen einem Palast und einem Gefäng¬ niß, von allen Seiten abgeschlossen, ohne eine einzige Oeffnung, um dem Tag und.dem Licht, diesen aufrührerischen Tröstern der Verurteilten, Zugang zu lassen, stumm, undurchdringlich ist dieser Bogen, von dem' man sagen möchte, daß .er zwischen zwei Mysterien geworfen sei, gewis¬ sermaßen .die,Verbindungslinie, die in ein Wort zusammenzieht und Per-, schmilzt, die doppelte und. einzige Nylle dieser, Profoß-Regierung: den Richter und den Henker.,, Wie .oft mögen Mütter, Gattinnen, troplose Geliebte, die unter dem Schleier die zerreißenden Ungewißheiten ihres Herzens verbargen, sich auf die Brücke gelehnt haben, welche gegenüber der Seufzerbrücke die Quais verbindet, und wie oft mögen sie sich ge¬ sagt haben: In diesem Augenblick vielleicht geht er hinter diesen fühllosen Steinen vorbei, auf denen unsre armen Augen ach! vergebens' ihre ohn¬ mächtigen .Blicke ruhen lassen; vielleicht geht er zum Tode, ohne daran zu denken,,'daß wir hier sind. Und des Nachts wie viele Frauen mö¬ gen, wohl verwirrter'und beunruhigter nach Haus gekehrt sein, indem sie mit leiser Stimme einander unheilschwangere Verttiuthungen mittheilten: habt-Ihr nicht , wie einen frommen Seufzer gehört, als dieSan-Marcuö- Glocke, zwölf, Mal schlug? Arme Frauen! Die Wesen, die ihr liebtet, waren, .gewiß todt; aber ließ das schreckliche Tribunal auch'nur einen Seufzer laut, werden? Die Mauern dieser Kerker haben viele'Todes¬ kampfe , gesehen, aber'. sie haben sie nicht gehört. 6 Wie viel berühmte Todte/ wie viel im Laufe so vieler Jahrhunderte ^zum Tode Verurtheilte, deren Ueberbleibsel man nicht,gefunden hat! Einst vielleiäKwird der Tag/kommen, da man endlich erfahren wird/ woFin die Gerechtigkeit
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Nie konnte sich das Volk sagen: es geht etwas vor, wie in unserii-gro¬
ßen -Hauptstädten.,' - wo die neugierigen' Müssiggänger' stets den, Kern al¬
ler Versammlungen bilden, die man den andern Tag als eine-gewich¬
tige Kundgebung der öffentlichen Meinung darstellen wird. Die Nation
erfuhr Zugleich das Dasein und das Ende der Krisis, die Entdeckung
und, die Unterdrückung eines. ,Complots, den Namen und die Bestrafung
der Verschwörer,,,ohne daß nach Außen Hin irgend eine Bewegung sich
kund gegeben hätte. Für diese starke Negierung ^ war es eine so bequeme
Sache, mit einem Schritt , in dieses Gefängniß zu kommen, wo die Ka¬
tastrophen all der schrecklichen Tragödien vorgingen, deren Exposition im
Heiligthum der Signoria geschehen war. Ich,begreife es/ daß diese
Seufzerbrücke auf die Einbildung des Volkes Eindruck machte, und , daß
es ihr einen so passenden und poetischen Namen gegeben. Fast in glei¬
cher Höhe nutzen Dachwerk, zwischen einem Palast und einem Gefäng¬
niß, von allen Seiten abgeschlossen, ohne eine einzige Oeffnung, um dem
Tag und.dem Licht, diesen aufrührerischen Tröstern der Verurteilten,
Zugang zu lassen, stumm, undurchdringlich ist dieser Bogen, von dem'
man sagen möchte, daß .er zwischen zwei Mysterien geworfen sei, gewis¬
sermaßen .die,Verbindungslinie, die in ein Wort zusammenzieht und Per-,
schmilzt, die doppelte und. einzige Nylle dieser, Profoß-Regierung: den
Richter und den Henker.,, Wie .oft mögen Mütter, Gattinnen, troplose
Geliebte, die unter dem Schleier die zerreißenden Ungewißheiten ihres
Herzens verbargen, sich auf die Brücke gelehnt haben, welche gegenüber
der Seufzerbrücke die Quais verbindet, und wie oft mögen sie sich ge¬
sagt haben: In diesem Augenblick vielleicht geht er hinter diesen fühllosen
Steinen vorbei, auf denen unsre armen Augen ach! vergebens' ihre ohn¬
mächtigen .Blicke ruhen lassen; vielleicht geht er zum Tode, ohne daran
zu denken,,'daß wir hier sind. Und des Nachts wie viele Frauen mö¬
gen, wohl verwirrter'und beunruhigter nach Haus gekehrt sein, indem
sie mit leiser Stimme einander unheilschwangere Verttiuthungen mittheilten:
habt-Ihr nicht , wie einen frommen Seufzer gehört, als dieSan-Marcuö-
Glocke, zwölf, Mal schlug? Arme Frauen! Die Wesen, die ihr liebtet,
waren, .gewiß todt; aber ließ das schreckliche Tribunal auch'nur einen
Seufzer laut, werden? Die Mauern dieser Kerker haben viele'Todes¬
kampfe , gesehen, aber'. sie haben sie nicht gehört. 6 Wie viel berühmte
Todte/ wie viel im Laufe so vieler Jahrhunderte ^zum Tode Verurtheilte,
deren Ueberbleibsel man nicht,gefunden hat! Einst vielleiäKwird der
Tag/kommen, da man endlich erfahren wird/ woFin die Gerechtigkeit
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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/374>, abgerufen am 22.12.2024.
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