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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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eine so kostbare Reliquie. Als er dies sah, zog er meinen Reisegefähr-
ten beim Aermel und sagte ihm leise in's Ohr, was er mir gesagt.
Da mein Freund nicht großmüthiger war, als ich, so hat er sich wahr¬
scheinlich gezwungen gesehen, bei den übrigen Insassen des Wagens eini¬
ge Kieselsteine anzubringen.

Verona ist eine der wichtigsten Städte unter den Besitzungen der
Oesterreicher in Italien. Diese Macht hat einen bedeutenden Waffen¬
platz daraus gemacht, und vermehrt täglich seine Vertheidigungsmittel.
Von der Höhe des Amphitheaters haben wir die ganze Linie der run¬
den Thürme überschauen können, die man auf den Höhen Verona's er¬
richtet hat, um, nach einem neuen Befestigungsspsteme, alle Annäherung
zu verbieten. Der wunderbare Erfolg des ersten italienischen Feldzugs
der französischen Republik, hat Oesterreich' alle verwundbare Punkte sei¬
nes lombardisch-venetianischen Königreichs gezeigt. Daher hat es auch
seit 26 Jahren die Schwachen seiner politischen Stellung durch die Kraft einer
fast unbezwinglichen strategischen Befestigung auszugleichen gesucht. Das
österreichische Italien unsrer Zeit, außerdem daß es um alle Befftzun--
gen Venedig's vergrößert worden, ist nicht mehr das Italien Wurmser'S
und Mela's. Mit Straßen wie die von Trient und Stelvio, welche
die Engpässe Tvrols geebnet haben, mit Plätzen wie Verona und Man-
tua, und besonders mit einer Armee, die seit 1316 in der Erwartung
eines von jenseits der Alpen kommenden Angriffs gelagert ist, kann
Oesterreich, glaube ich, allen Angriffen von außen trotzen. Ich sage dieß
für die Partei, welche in Frankreich im Vertrauen auf die wunderba¬
ren Siege des größten Feldherrn der neueren Zeit glaubt, daß sie mit
dem österreichischen Italien schnell fertig würde, wenn je ein Propagan¬
dakrieg ausbräche. Ich glaube, daß die Leute von Fach, welche die
Frage in militärischer Beziehung studiert haben, sich keine solchen Illu¬
sionen machen. Aber mag einmal Jemand davon Propagandisten über¬
zeugen, die in ihrem Leben keine andre Reise gemacht, als vom Bastille-
Platz auf den Revolutions-Platz.

Wir kamen endlich in Mestre an, und schifften uns in der
Postgondel ein, indem wir die kaiserlich königliche Eilpost ihren feierlich
langsamen Schritt nach Udine gehen ließen. Wir machten so unsern
ersten Versuch auf den Lagunen und Gondeln Venedig's. Der erste
Anblick der Dogenstadt hat, man muß es gestehen, nicht viel Anzie¬
hendes für den Reisenden, der von der Seite des Festlandes kömmt.
Zwei Miglien in einem halb von Schlamm angefüllten Canale machen,


eine so kostbare Reliquie. Als er dies sah, zog er meinen Reisegefähr-
ten beim Aermel und sagte ihm leise in's Ohr, was er mir gesagt.
Da mein Freund nicht großmüthiger war, als ich, so hat er sich wahr¬
scheinlich gezwungen gesehen, bei den übrigen Insassen des Wagens eini¬
ge Kieselsteine anzubringen.

Verona ist eine der wichtigsten Städte unter den Besitzungen der
Oesterreicher in Italien. Diese Macht hat einen bedeutenden Waffen¬
platz daraus gemacht, und vermehrt täglich seine Vertheidigungsmittel.
Von der Höhe des Amphitheaters haben wir die ganze Linie der run¬
den Thürme überschauen können, die man auf den Höhen Verona's er¬
richtet hat, um, nach einem neuen Befestigungsspsteme, alle Annäherung
zu verbieten. Der wunderbare Erfolg des ersten italienischen Feldzugs
der französischen Republik, hat Oesterreich' alle verwundbare Punkte sei¬
nes lombardisch-venetianischen Königreichs gezeigt. Daher hat es auch
seit 26 Jahren die Schwachen seiner politischen Stellung durch die Kraft einer
fast unbezwinglichen strategischen Befestigung auszugleichen gesucht. Das
österreichische Italien unsrer Zeit, außerdem daß es um alle Befftzun--
gen Venedig's vergrößert worden, ist nicht mehr das Italien Wurmser'S
und Mela's. Mit Straßen wie die von Trient und Stelvio, welche
die Engpässe Tvrols geebnet haben, mit Plätzen wie Verona und Man-
tua, und besonders mit einer Armee, die seit 1316 in der Erwartung
eines von jenseits der Alpen kommenden Angriffs gelagert ist, kann
Oesterreich, glaube ich, allen Angriffen von außen trotzen. Ich sage dieß
für die Partei, welche in Frankreich im Vertrauen auf die wunderba¬
ren Siege des größten Feldherrn der neueren Zeit glaubt, daß sie mit
dem österreichischen Italien schnell fertig würde, wenn je ein Propagan¬
dakrieg ausbräche. Ich glaube, daß die Leute von Fach, welche die
Frage in militärischer Beziehung studiert haben, sich keine solchen Illu¬
sionen machen. Aber mag einmal Jemand davon Propagandisten über¬
zeugen, die in ihrem Leben keine andre Reise gemacht, als vom Bastille-
Platz auf den Revolutions-Platz.

Wir kamen endlich in Mestre an, und schifften uns in der
Postgondel ein, indem wir die kaiserlich königliche Eilpost ihren feierlich
langsamen Schritt nach Udine gehen ließen. Wir machten so unsern
ersten Versuch auf den Lagunen und Gondeln Venedig's. Der erste
Anblick der Dogenstadt hat, man muß es gestehen, nicht viel Anzie¬
hendes für den Reisenden, der von der Seite des Festlandes kömmt.
Zwei Miglien in einem halb von Schlamm angefüllten Canale machen,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/336>, abgerufen am 22.12.2024.