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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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,/DaS Herz, das Euch mit Heil'genschein geblendet,
"Ein Tempel ist's, von Leidenschaft geschändet,
"Was Euch ein Gott getaucht, es ist ein Götze!"

Richard. Ihr wüßtet? --

Jsabella. Mühe Euch nicht; die Herzogin
Hat meinen Blick entschleiert.

Richard. Glaubt nicht Alles!

Jsabella. Wie gern, wie'freudig würd' ich diesem Glauben
Mein Herz verschließen. Doch die Ueberzeugung
Drang ein, ein glühend Schwert, von dessen Wunde
Mein Busen nimmermehr genesen kann.
Sprich nicht. Ich klage Dich nicht an, ich habe
Kein Recht auf Dich. Ich liebe Dich, sowie
Die Luft, das Licht, wie man den Himmel liebt;
Der Menschen Edelsten sah ich in Dir,
Der Gottheit reinstes Ebenbild! Du warst'
Der Zeiger aus dem Uhrwerk dieser Erde.
Nun dieser Zeiger brach, dreht sich die Welt
In deutungsloser Wirrung um mich her.
Wenn Du gelogen, wo ist Wahrheit? Wo
Ist Lichts wenn Du ein Schatten? Nur Fantome schau'
Ich überall; -- mein Glaube ist vernichtet! ,

Richard. Nicht weiter, Jsabella; allzu hart"
Klagst Du mich an. Wohl ruht der Täuschung Schuld
- Auf mir, doch nicht Betrug; ein Schatten wohl,
Doch Laster nicht. Zum Richter meines Lebens
Will ich Dich jetzt ernennen und den Blick
Dir öffnen in's Getriebe dieser Brust. --
Der Eltern treues Auge sah ich nie.
In einem Kloster wuchs ich einsam auf,
Ein Waisenknabe, der mit den'rer Seele,
Beschränkten Sinn's dem Küchenmeister folgte.
Ein Frühlingsmorgen war's, der unsres Klosters
Gewohnte Stille plötzlich unterbrach; ' '
Ein Gast war eingezogen, eine Fürstin,
Der ehrfurchtsvoll sich - alle Häupter beugten;
Und M auch ich, ihr Kleid M küssen, nahte,
Traf mich - ihr Fcyeraug' > und wie erstarrt' '',


,/DaS Herz, das Euch mit Heil'genschein geblendet,
„Ein Tempel ist's, von Leidenschaft geschändet,
»Was Euch ein Gott getaucht, es ist ein Götze!"

Richard. Ihr wüßtet? —

Jsabella. Mühe Euch nicht; die Herzogin
Hat meinen Blick entschleiert.

Richard. Glaubt nicht Alles!

Jsabella. Wie gern, wie'freudig würd' ich diesem Glauben
Mein Herz verschließen. Doch die Ueberzeugung
Drang ein, ein glühend Schwert, von dessen Wunde
Mein Busen nimmermehr genesen kann.
Sprich nicht. Ich klage Dich nicht an, ich habe
Kein Recht auf Dich. Ich liebe Dich, sowie
Die Luft, das Licht, wie man den Himmel liebt;
Der Menschen Edelsten sah ich in Dir,
Der Gottheit reinstes Ebenbild! Du warst'
Der Zeiger aus dem Uhrwerk dieser Erde.
Nun dieser Zeiger brach, dreht sich die Welt
In deutungsloser Wirrung um mich her.
Wenn Du gelogen, wo ist Wahrheit? Wo
Ist Lichts wenn Du ein Schatten? Nur Fantome schau'
Ich überall; — mein Glaube ist vernichtet! ,

Richard. Nicht weiter, Jsabella; allzu hart«
Klagst Du mich an. Wohl ruht der Täuschung Schuld
- Auf mir, doch nicht Betrug; ein Schatten wohl,
Doch Laster nicht. Zum Richter meines Lebens
Will ich Dich jetzt ernennen und den Blick
Dir öffnen in's Getriebe dieser Brust. —
Der Eltern treues Auge sah ich nie.
In einem Kloster wuchs ich einsam auf,
Ein Waisenknabe, der mit den'rer Seele,
Beschränkten Sinn's dem Küchenmeister folgte.
Ein Frühlingsmorgen war's, der unsres Klosters
Gewohnte Stille plötzlich unterbrach; ' '
Ein Gast war eingezogen, eine Fürstin,
Der ehrfurchtsvoll sich - alle Häupter beugten;
Und M auch ich, ihr Kleid M küssen, nahte,
Traf mich - ihr Fcyeraug' > und wie erstarrt' '',


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[0316] ,/DaS Herz, das Euch mit Heil'genschein geblendet, „Ein Tempel ist's, von Leidenschaft geschändet, »Was Euch ein Gott getaucht, es ist ein Götze!" Richard. Ihr wüßtet? — Jsabella. Mühe Euch nicht; die Herzogin Hat meinen Blick entschleiert. Richard. Glaubt nicht Alles! Jsabella. Wie gern, wie'freudig würd' ich diesem Glauben Mein Herz verschließen. Doch die Ueberzeugung Drang ein, ein glühend Schwert, von dessen Wunde Mein Busen nimmermehr genesen kann. Sprich nicht. Ich klage Dich nicht an, ich habe Kein Recht auf Dich. Ich liebe Dich, sowie Die Luft, das Licht, wie man den Himmel liebt; Der Menschen Edelsten sah ich in Dir, Der Gottheit reinstes Ebenbild! Du warst' Der Zeiger aus dem Uhrwerk dieser Erde. Nun dieser Zeiger brach, dreht sich die Welt In deutungsloser Wirrung um mich her. Wenn Du gelogen, wo ist Wahrheit? Wo Ist Lichts wenn Du ein Schatten? Nur Fantome schau' Ich überall; — mein Glaube ist vernichtet! , Richard. Nicht weiter, Jsabella; allzu hart« Klagst Du mich an. Wohl ruht der Täuschung Schuld - Auf mir, doch nicht Betrug; ein Schatten wohl, Doch Laster nicht. Zum Richter meines Lebens Will ich Dich jetzt ernennen und den Blick Dir öffnen in's Getriebe dieser Brust. — Der Eltern treues Auge sah ich nie. In einem Kloster wuchs ich einsam auf, Ein Waisenknabe, der mit den'rer Seele, Beschränkten Sinn's dem Küchenmeister folgte. Ein Frühlingsmorgen war's, der unsres Klosters Gewohnte Stille plötzlich unterbrach; ' ' Ein Gast war eingezogen, eine Fürstin, Der ehrfurchtsvoll sich - alle Häupter beugten; Und M auch ich, ihr Kleid M küssen, nahte, Traf mich - ihr Fcyeraug' > und wie erstarrt' '',

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/316>, abgerufen am 22.12.2024.