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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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Beilage, Ur. t.

Schule zu unterhalten, d.h.wenn nicht schon deren im Orte vorhanden sind;
letztere Bestimmung ist wichtig. Man verlangt nämlich, weil man die
individuelle Freiheit ehrt, von keinem Familienvater, daß er seine Kin¬
der in eine bestimmte Schule schicke; selbst wenn die Eltern arm sind
erlaubt man' ihnen unter allen in der Gemeinde bestehenden Schnlan->
statten zu wählen; die Ortsobrigkeit muß dann diese Wahl bestätigen
und die für die Zulassung der armen Kinder im Voraus bestimmte
Summe aus ihrem Fonds zahlen. Daß man den Eltern diese Freiheit
läßt, ist offenbar eine katholische Inspiration, welche den Schulen zu gut,
kommen soll, die der Clerus unierhält, um mit den von den Liberalen
gegründeten Schulen zu concurriren. Daher wird diese Maßregel von
den Liberalen der Kammer, welche nudae der Leitung der Herrn Lebe an,
Rogier und Devaur stehen, bekämpft werden.

Nach dem, was ich von dein Gesetzvorschlage habe in Erfahrung
dringen können, befürchte ich/ daß man der Gründung von Normalschu-
len zur Bildung von Erziehern nicht hinlängliche Aufmerksamkeit ge¬
schenkt haben wird. Und doch ist das die Hauptsache. Was kann man
von den Elementarschulen für Resultate hoffen, wenn man nicht erst sich
darüber sicher stellt, daß ihre Leitung Männern anvertraut ist, welche
von Jugend auf eine ganz specielle Bildung für diesen Stand erhalten,
haben? Dieser Umstand ist für Belgien um so wichtiger, da nach der
Art, wie man allgemein die Freiheit des Unterrichts versteht, man nie
glaubt, von denen, welche dieser fast heilig zu nennenden Laufbahn sich
widmen wollen, eine Berechtigung dazu durch Zeugnisse ihres untadel-
hafter Lebenswandels und ihrer wissenschaftlichen, Fähigkeiten "fordern zu
dürfen. Wenn daher der Staat nicht durch die Gesetze in, irgend einer
Art angehalten, oder wie Andre sagen, berechtigt wird, Normalschulen'
zu eröffnen, und ihm die Kammern nicht reichliche Geldmittel dazu ge¬
ben, wo soll sich denn eine Pflanzschule von Erziehern bilden, welch?
den Familien die nöthige Bürgschaft geben können, ohne daß es einer
weitern gesetzlichen Befugniß zum Unterricht bedarf? Wir wollen hoffen,
daß, wenn dieser Gegenstand in dem Gesetzvorschlage auch vielleicht lui>
Knhaft behandelt ist, er doch wenigstens nicht ganz vergessen ist.


n- >i!


Beilage, Ur. t.

Schule zu unterhalten, d.h.wenn nicht schon deren im Orte vorhanden sind;
letztere Bestimmung ist wichtig. Man verlangt nämlich, weil man die
individuelle Freiheit ehrt, von keinem Familienvater, daß er seine Kin¬
der in eine bestimmte Schule schicke; selbst wenn die Eltern arm sind
erlaubt man' ihnen unter allen in der Gemeinde bestehenden Schnlan->
statten zu wählen; die Ortsobrigkeit muß dann diese Wahl bestätigen
und die für die Zulassung der armen Kinder im Voraus bestimmte
Summe aus ihrem Fonds zahlen. Daß man den Eltern diese Freiheit
läßt, ist offenbar eine katholische Inspiration, welche den Schulen zu gut,
kommen soll, die der Clerus unierhält, um mit den von den Liberalen
gegründeten Schulen zu concurriren. Daher wird diese Maßregel von
den Liberalen der Kammer, welche nudae der Leitung der Herrn Lebe an,
Rogier und Devaur stehen, bekämpft werden.

Nach dem, was ich von dein Gesetzvorschlage habe in Erfahrung
dringen können, befürchte ich/ daß man der Gründung von Normalschu-
len zur Bildung von Erziehern nicht hinlängliche Aufmerksamkeit ge¬
schenkt haben wird. Und doch ist das die Hauptsache. Was kann man
von den Elementarschulen für Resultate hoffen, wenn man nicht erst sich
darüber sicher stellt, daß ihre Leitung Männern anvertraut ist, welche
von Jugend auf eine ganz specielle Bildung für diesen Stand erhalten,
haben? Dieser Umstand ist für Belgien um so wichtiger, da nach der
Art, wie man allgemein die Freiheit des Unterrichts versteht, man nie
glaubt, von denen, welche dieser fast heilig zu nennenden Laufbahn sich
widmen wollen, eine Berechtigung dazu durch Zeugnisse ihres untadel-
hafter Lebenswandels und ihrer wissenschaftlichen, Fähigkeiten "fordern zu
dürfen. Wenn daher der Staat nicht durch die Gesetze in, irgend einer
Art angehalten, oder wie Andre sagen, berechtigt wird, Normalschulen'
zu eröffnen, und ihm die Kammern nicht reichliche Geldmittel dazu ge¬
ben, wo soll sich denn eine Pflanzschule von Erziehern bilden, welch?
den Familien die nöthige Bürgschaft geben können, ohne daß es einer
weitern gesetzlichen Befugniß zum Unterricht bedarf? Wir wollen hoffen,
daß, wenn dieser Gegenstand in dem Gesetzvorschlage auch vielleicht lui>
Knhaft behandelt ist, er doch wenigstens nicht ganz vergessen ist.


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[0298] Beilage, Ur. t. Schule zu unterhalten, d.h.wenn nicht schon deren im Orte vorhanden sind; letztere Bestimmung ist wichtig. Man verlangt nämlich, weil man die individuelle Freiheit ehrt, von keinem Familienvater, daß er seine Kin¬ der in eine bestimmte Schule schicke; selbst wenn die Eltern arm sind erlaubt man' ihnen unter allen in der Gemeinde bestehenden Schnlan-> statten zu wählen; die Ortsobrigkeit muß dann diese Wahl bestätigen und die für die Zulassung der armen Kinder im Voraus bestimmte Summe aus ihrem Fonds zahlen. Daß man den Eltern diese Freiheit läßt, ist offenbar eine katholische Inspiration, welche den Schulen zu gut, kommen soll, die der Clerus unierhält, um mit den von den Liberalen gegründeten Schulen zu concurriren. Daher wird diese Maßregel von den Liberalen der Kammer, welche nudae der Leitung der Herrn Lebe an, Rogier und Devaur stehen, bekämpft werden. Nach dem, was ich von dein Gesetzvorschlage habe in Erfahrung dringen können, befürchte ich/ daß man der Gründung von Normalschu- len zur Bildung von Erziehern nicht hinlängliche Aufmerksamkeit ge¬ schenkt haben wird. Und doch ist das die Hauptsache. Was kann man von den Elementarschulen für Resultate hoffen, wenn man nicht erst sich darüber sicher stellt, daß ihre Leitung Männern anvertraut ist, welche von Jugend auf eine ganz specielle Bildung für diesen Stand erhalten, haben? Dieser Umstand ist für Belgien um so wichtiger, da nach der Art, wie man allgemein die Freiheit des Unterrichts versteht, man nie glaubt, von denen, welche dieser fast heilig zu nennenden Laufbahn sich widmen wollen, eine Berechtigung dazu durch Zeugnisse ihres untadel- hafter Lebenswandels und ihrer wissenschaftlichen, Fähigkeiten "fordern zu dürfen. Wenn daher der Staat nicht durch die Gesetze in, irgend einer Art angehalten, oder wie Andre sagen, berechtigt wird, Normalschulen' zu eröffnen, und ihm die Kammern nicht reichliche Geldmittel dazu ge¬ ben, wo soll sich denn eine Pflanzschule von Erziehern bilden, welch? den Familien die nöthige Bürgschaft geben können, ohne daß es einer weitern gesetzlichen Befugniß zum Unterricht bedarf? Wir wollen hoffen, daß, wenn dieser Gegenstand in dem Gesetzvorschlage auch vielleicht lui> Knhaft behandelt ist, er doch wenigstens nicht ganz vergessen ist. n- >i!

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/298>, abgerufen am 04.07.2024.