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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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Bunbescvntigettt 79,434 Mann zik stellen hat, so kömmt auf seine jüdische
Unterthmien in den deutschen Provinzen eine Mannschaft, deren Ziffer
derjenigen gleichsteht, welche vier der kleinern BnNvesstaaten insgesammt
zu stellen haben. Allerdings kann Preußen das ausfallende Deficit ander-
seitig ergänzen, aber wahrlich das Gesetz, welches eine deutsche Bevölke¬
rung von 120,000 Menschen von der Wehrverpflichtung und Waffener-
ziehüng loslöst, würde nicht mit dem Sinne der Bundesakte in Har¬
monie flehete. Nur Ein Grund könnte ein solches Gesetz rechtfertigen:
"die Juden sind zum Militairdicriste unfähig!// Aber gegen diesen Grund
müßten alle diejenigen Bundesstaaten reklamircn, welche jüdische Solda¬
ten in ihrer Armee zulassen, nicht die kleinern, constitutionellen Staaten
allein, sondern auch Oesterreich. Ja Preußen selbst müßte ganz vergessen,
wie viele alte Soldaten es zählt, welche das eiserne Kreuz als ein Sym¬
bol ihrer Tapferkeit auf der Brust tragen, obwohl sie es nicht als Symbol
ihres Glaubens betrachten, es müßte vergessen, wie viele seiner jüdischen
Unterthanen auf den Schlachtfeldern von Lützen, Leipzig und Waterloo
gefallen sind, die ihrem Glauben, wie ihrem Vaterlande gleich treu gedient!

Es mag sein, daß Preußen mit einem neuen Gesetzentwurf über die
jüdischen Verhältnisse sich trägt, daß es vielleicht von einzelnen Reclamationen
des altgläubigen Theils der Posener und schlesischen Israeliten angeregt, auf
Mittel zur Abstellung sinnt; nie aber wird es der preußischen Regierung
in den Sinn kommen, auch nur auf einen Arm zu verzichten, der der
deutschen Sache angehört. ' '

Vielleicht -- und wir glauben hier der Wahrheit nahe zu fein --
hat Preußen dem Gerüchte deshalb seinen Lauf gelassen, ja wohl gar
es selbst angeregt, um die öffentliche Meinung zu sondiren. In diesem
Falle ist es der Beruf der Presse, das zu erfüllen, wozu sie bestimmt
ist, -nämlich den Ausdruck der öffentlichen Meinung, die Manifestation
der Volksstimme -zu den Ohren Derer zu tragen, welche dieselbe hören
wolle" und sollen. ' , - , ,




Bunbescvntigettt 79,434 Mann zik stellen hat, so kömmt auf seine jüdische
Unterthmien in den deutschen Provinzen eine Mannschaft, deren Ziffer
derjenigen gleichsteht, welche vier der kleinern BnNvesstaaten insgesammt
zu stellen haben. Allerdings kann Preußen das ausfallende Deficit ander-
seitig ergänzen, aber wahrlich das Gesetz, welches eine deutsche Bevölke¬
rung von 120,000 Menschen von der Wehrverpflichtung und Waffener-
ziehüng loslöst, würde nicht mit dem Sinne der Bundesakte in Har¬
monie flehete. Nur Ein Grund könnte ein solches Gesetz rechtfertigen:
»die Juden sind zum Militairdicriste unfähig!// Aber gegen diesen Grund
müßten alle diejenigen Bundesstaaten reklamircn, welche jüdische Solda¬
ten in ihrer Armee zulassen, nicht die kleinern, constitutionellen Staaten
allein, sondern auch Oesterreich. Ja Preußen selbst müßte ganz vergessen,
wie viele alte Soldaten es zählt, welche das eiserne Kreuz als ein Sym¬
bol ihrer Tapferkeit auf der Brust tragen, obwohl sie es nicht als Symbol
ihres Glaubens betrachten, es müßte vergessen, wie viele seiner jüdischen
Unterthanen auf den Schlachtfeldern von Lützen, Leipzig und Waterloo
gefallen sind, die ihrem Glauben, wie ihrem Vaterlande gleich treu gedient!

Es mag sein, daß Preußen mit einem neuen Gesetzentwurf über die
jüdischen Verhältnisse sich trägt, daß es vielleicht von einzelnen Reclamationen
des altgläubigen Theils der Posener und schlesischen Israeliten angeregt, auf
Mittel zur Abstellung sinnt; nie aber wird es der preußischen Regierung
in den Sinn kommen, auch nur auf einen Arm zu verzichten, der der
deutschen Sache angehört. ' '

Vielleicht — und wir glauben hier der Wahrheit nahe zu fein —
hat Preußen dem Gerüchte deshalb seinen Lauf gelassen, ja wohl gar
es selbst angeregt, um die öffentliche Meinung zu sondiren. In diesem
Falle ist es der Beruf der Presse, das zu erfüllen, wozu sie bestimmt
ist, -nämlich den Ausdruck der öffentlichen Meinung, die Manifestation
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[0289] Bunbescvntigettt 79,434 Mann zik stellen hat, so kömmt auf seine jüdische Unterthmien in den deutschen Provinzen eine Mannschaft, deren Ziffer derjenigen gleichsteht, welche vier der kleinern BnNvesstaaten insgesammt zu stellen haben. Allerdings kann Preußen das ausfallende Deficit ander- seitig ergänzen, aber wahrlich das Gesetz, welches eine deutsche Bevölke¬ rung von 120,000 Menschen von der Wehrverpflichtung und Waffener- ziehüng loslöst, würde nicht mit dem Sinne der Bundesakte in Har¬ monie flehete. Nur Ein Grund könnte ein solches Gesetz rechtfertigen: »die Juden sind zum Militairdicriste unfähig!// Aber gegen diesen Grund müßten alle diejenigen Bundesstaaten reklamircn, welche jüdische Solda¬ ten in ihrer Armee zulassen, nicht die kleinern, constitutionellen Staaten allein, sondern auch Oesterreich. Ja Preußen selbst müßte ganz vergessen, wie viele alte Soldaten es zählt, welche das eiserne Kreuz als ein Sym¬ bol ihrer Tapferkeit auf der Brust tragen, obwohl sie es nicht als Symbol ihres Glaubens betrachten, es müßte vergessen, wie viele seiner jüdischen Unterthanen auf den Schlachtfeldern von Lützen, Leipzig und Waterloo gefallen sind, die ihrem Glauben, wie ihrem Vaterlande gleich treu gedient! Es mag sein, daß Preußen mit einem neuen Gesetzentwurf über die jüdischen Verhältnisse sich trägt, daß es vielleicht von einzelnen Reclamationen des altgläubigen Theils der Posener und schlesischen Israeliten angeregt, auf Mittel zur Abstellung sinnt; nie aber wird es der preußischen Regierung in den Sinn kommen, auch nur auf einen Arm zu verzichten, der der deutschen Sache angehört. ' ' Vielleicht — und wir glauben hier der Wahrheit nahe zu fein — hat Preußen dem Gerüchte deshalb seinen Lauf gelassen, ja wohl gar es selbst angeregt, um die öffentliche Meinung zu sondiren. In diesem Falle ist es der Beruf der Presse, das zu erfüllen, wozu sie bestimmt ist, -nämlich den Ausdruck der öffentlichen Meinung, die Manifestation der Volksstimme -zu den Ohren Derer zu tragen, welche dieselbe hören wolle» und sollen. ' , - , ,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/289>, abgerufen am 30.06.2024.