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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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ja zu Zeiten selbst einen Anflug raphaelischer Grazie, mit der neüell,
von ihm selbst begründeten Kunstweise, zu eitlem bewundernswürdigen
Ganzen vereinigt, der aus allen diesen Elementen-jene neue Kunstweise
gebildet hatte, die tvÄ mit dem Namen der' flamändischen Schule
bezeichnen; jenen Universalgeist, der alle Theile der Kunst mit Meisterhand
ergriffen, der alle Gattungen der Malerei mit gleicher Ueberlegenheit-be¬
handelt hatte: die heilige, wie die Profangeschichte, die Mythologie, die
Allegorie, das Genre, das Portrait, die Landschaft, das Seestück, BluMeN
und Früchte, wilde Thiere und Heerden.^)

Dieser Mann war verblichen; seine Herrschaft war zu- Ende, denn
auch er hatte ein Scepter und eine Krone getragen.

Was wurde nach ihm aus der flamändischen Kunst? --

Folgendes ist das Bild ihres damaligen Zustandes.

Wie nach dem Tode Alexanders, die Feldherrn, welche er gebildet hatte,
sich in sein Reich theilten, so theilten sich die Schüler, welche der" große Meister
erzogen hatte> in seine Herrschaft. Jordaens, van ThUlden, Abraham
Dievenbeek, Cornelius SchUt und Erasmus Quellin der jün¬
gere, bearbeiteten nach ihm die Historie. Seine Art das Porträt zu be¬
handeln, wurde von Aar Dyck, zwar mit weniger Energie, aber dafür
mit größerer Eleganz ausgebildet; ihm schlössen sich Cornelius de Vos,
Gonzales Coques-Und selbst Kneller und Lely an. Als Thier- und
Jagdcnnmler sand er würdige Nachfolger ne Franz Snhders, Paul und



Die vielumfassende Thätigkeit des Schöpfers der flamändischen Schule erregt,
selbst im Vergleich mit den großen italienischen Künstlern,.die verdienteste
Bewunderung. Rubens bat, wie bekannt, ein Buch über die Architektur ge¬
schrieben, und in dieser Kunst einen neuen Styl eingeführt; wir verdanken
ihm eine Abhandlung über die Farben, und die trefflichsten Bemerkungen über' die Perspektive, über die Optik, Anatomie, über die Verhältnisse des mensch¬
lichen Leibes. Mit der ihm eigenen Raschheit im Arbeiten, hat er nahe an
zweitausend Werke, Gemälde, Zeichnungen, Kupferstiche und Vignetten her¬
vorgebracht; er hatte sieben Sprachen, die lateinische, französische) spanische,
italienische, deutsche, englische und ffamändische, inne; und so unermüdlich
war sein Geist, daß er sich. Während er malte, die Verse eines Virgil, Horaz
und Ovid vorlesen zu lassen Pflegte. Rubens war auch der Gründer jener
großen Schule der Bildgrabekunst, welche im siebenzehnten Jahrhundert zu
Antwerpen blühte. Als Mann der großen Welt genoß er die Freundschaft
mehrerer Fürsten, und bekanntlich wurde ihm von einem mächtigen Könige
- eine wichtige Gesandschaft übertragen. Der Geist dieses berühmten Meisters
gab unserer Kunst eine so kräftige Anregung, daß die flamändischen Maler
in kurzer Zelt sich an die Spitze aller europäischen Schulen stellten.
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ja zu Zeiten selbst einen Anflug raphaelischer Grazie, mit der neüell,
von ihm selbst begründeten Kunstweise, zu eitlem bewundernswürdigen
Ganzen vereinigt, der aus allen diesen Elementen-jene neue Kunstweise
gebildet hatte, die tvÄ mit dem Namen der' flamändischen Schule
bezeichnen; jenen Universalgeist, der alle Theile der Kunst mit Meisterhand
ergriffen, der alle Gattungen der Malerei mit gleicher Ueberlegenheit-be¬
handelt hatte: die heilige, wie die Profangeschichte, die Mythologie, die
Allegorie, das Genre, das Portrait, die Landschaft, das Seestück, BluMeN
und Früchte, wilde Thiere und Heerden.^)

Dieser Mann war verblichen; seine Herrschaft war zu- Ende, denn
auch er hatte ein Scepter und eine Krone getragen.

Was wurde nach ihm aus der flamändischen Kunst? —

Folgendes ist das Bild ihres damaligen Zustandes.

Wie nach dem Tode Alexanders, die Feldherrn, welche er gebildet hatte,
sich in sein Reich theilten, so theilten sich die Schüler, welche der" große Meister
erzogen hatte> in seine Herrschaft. Jordaens, van ThUlden, Abraham
Dievenbeek, Cornelius SchUt und Erasmus Quellin der jün¬
gere, bearbeiteten nach ihm die Historie. Seine Art das Porträt zu be¬
handeln, wurde von Aar Dyck, zwar mit weniger Energie, aber dafür
mit größerer Eleganz ausgebildet; ihm schlössen sich Cornelius de Vos,
Gonzales Coques-Und selbst Kneller und Lely an. Als Thier- und
Jagdcnnmler sand er würdige Nachfolger ne Franz Snhders, Paul und



Die vielumfassende Thätigkeit des Schöpfers der flamändischen Schule erregt,
selbst im Vergleich mit den großen italienischen Künstlern,.die verdienteste
Bewunderung. Rubens bat, wie bekannt, ein Buch über die Architektur ge¬
schrieben, und in dieser Kunst einen neuen Styl eingeführt; wir verdanken
ihm eine Abhandlung über die Farben, und die trefflichsten Bemerkungen über' die Perspektive, über die Optik, Anatomie, über die Verhältnisse des mensch¬
lichen Leibes. Mit der ihm eigenen Raschheit im Arbeiten, hat er nahe an
zweitausend Werke, Gemälde, Zeichnungen, Kupferstiche und Vignetten her¬
vorgebracht; er hatte sieben Sprachen, die lateinische, französische) spanische,
italienische, deutsche, englische und ffamändische, inne; und so unermüdlich
war sein Geist, daß er sich. Während er malte, die Verse eines Virgil, Horaz
und Ovid vorlesen zu lassen Pflegte. Rubens war auch der Gründer jener
großen Schule der Bildgrabekunst, welche im siebenzehnten Jahrhundert zu
Antwerpen blühte. Als Mann der großen Welt genoß er die Freundschaft
mehrerer Fürsten, und bekanntlich wurde ihm von einem mächtigen Könige
- eine wichtige Gesandschaft übertragen. Der Geist dieses berühmten Meisters
gab unserer Kunst eine so kräftige Anregung, daß die flamändischen Maler
in kurzer Zelt sich an die Spitze aller europäischen Schulen stellten.
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[0027] ja zu Zeiten selbst einen Anflug raphaelischer Grazie, mit der neüell, von ihm selbst begründeten Kunstweise, zu eitlem bewundernswürdigen Ganzen vereinigt, der aus allen diesen Elementen-jene neue Kunstweise gebildet hatte, die tvÄ mit dem Namen der' flamändischen Schule bezeichnen; jenen Universalgeist, der alle Theile der Kunst mit Meisterhand ergriffen, der alle Gattungen der Malerei mit gleicher Ueberlegenheit-be¬ handelt hatte: die heilige, wie die Profangeschichte, die Mythologie, die Allegorie, das Genre, das Portrait, die Landschaft, das Seestück, BluMeN und Früchte, wilde Thiere und Heerden.^) Dieser Mann war verblichen; seine Herrschaft war zu- Ende, denn auch er hatte ein Scepter und eine Krone getragen. Was wurde nach ihm aus der flamändischen Kunst? — Folgendes ist das Bild ihres damaligen Zustandes. Wie nach dem Tode Alexanders, die Feldherrn, welche er gebildet hatte, sich in sein Reich theilten, so theilten sich die Schüler, welche der" große Meister erzogen hatte> in seine Herrschaft. Jordaens, van ThUlden, Abraham Dievenbeek, Cornelius SchUt und Erasmus Quellin der jün¬ gere, bearbeiteten nach ihm die Historie. Seine Art das Porträt zu be¬ handeln, wurde von Aar Dyck, zwar mit weniger Energie, aber dafür mit größerer Eleganz ausgebildet; ihm schlössen sich Cornelius de Vos, Gonzales Coques-Und selbst Kneller und Lely an. Als Thier- und Jagdcnnmler sand er würdige Nachfolger ne Franz Snhders, Paul und Die vielumfassende Thätigkeit des Schöpfers der flamändischen Schule erregt, selbst im Vergleich mit den großen italienischen Künstlern,.die verdienteste Bewunderung. Rubens bat, wie bekannt, ein Buch über die Architektur ge¬ schrieben, und in dieser Kunst einen neuen Styl eingeführt; wir verdanken ihm eine Abhandlung über die Farben, und die trefflichsten Bemerkungen über' die Perspektive, über die Optik, Anatomie, über die Verhältnisse des mensch¬ lichen Leibes. Mit der ihm eigenen Raschheit im Arbeiten, hat er nahe an zweitausend Werke, Gemälde, Zeichnungen, Kupferstiche und Vignetten her¬ vorgebracht; er hatte sieben Sprachen, die lateinische, französische) spanische, italienische, deutsche, englische und ffamändische, inne; und so unermüdlich war sein Geist, daß er sich. Während er malte, die Verse eines Virgil, Horaz und Ovid vorlesen zu lassen Pflegte. Rubens war auch der Gründer jener großen Schule der Bildgrabekunst, welche im siebenzehnten Jahrhundert zu Antwerpen blühte. Als Mann der großen Welt genoß er die Freundschaft mehrerer Fürsten, und bekanntlich wurde ihm von einem mächtigen Könige - eine wichtige Gesandschaft übertragen. Der Geist dieses berühmten Meisters gab unserer Kunst eine so kräftige Anregung, daß die flamändischen Maler in kurzer Zelt sich an die Spitze aller europäischen Schulen stellten. 3

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/27>, abgerufen am 30.06.2024.