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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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Einen schwachen Ersatz für diese doppelte Plünderung erhielt die
Bibliothek, als unter der französischen Herrschaft die Universität Löwen
aufgehoben wurde. Man ertheilte nämlich dem Conservator der Bnr-
gundischen Bibliothek, damals, noch Herr, von Laserna Santander, die
Erlaubniß, aus dem, was die französischen Commissäre von der Biblio¬
thek der Universität noch zurückgelassen hatten, die Sammlung der Haupt¬
stadt zu vervollständigen. Man kann wohl denken, wie willkommen dem
Bibliothekar diese Erlaubniß war. Er begab sich sofort nach Löwen
und verbrachte trotz einer strengen Kälte 10 Tage in der Bibliothek;
der Erfolg war eine Auswahl von 1718 Werken, die der Brüsseler
Bibliothek einverleibt wurden.

Endlich aber kam das Jahr 1315, in welchen: Paris gezwungen
ward, alle seine aus vieler Herrn Ländern zusammengcMnderten Reich¬
thümer zurückzuerstatten. Italien nahm seine Raphaels, seine Correggios,
seine antiken Statuen wieder an sich; Deutschland seine Holbeins und
Albrecht Dürers. Auch Belgien reclamirte sein Eigenthum; Herr von
Halthem. wurde zum Commissär.ernannt und beauftragt, über die Rück¬
erstattung der. den Niederlanden im Jahr -1794 geraubten Kunstgegen-
stände mit der französischen Negierung sin Unterhandlungen zu treten;
da er diese Sendung ausschlug, so wurde Herr Lammers an seine Stelle
ernannt. Dieser verbrachte 9 Monate mit der Wicderaufsuchung der
ursprünglich der Burgunder Bibliothek angehörenden Manuscripte und
es gelang ihm auch den größten Theil derselben zu finden und wieder
zu erlangen. Man erkennt übrigens in den Webern der jetzigen Biblio¬
thek sehr leicht sowohl die Bände, welche 1746 auf Befehl des MarjchalS
von Sachsen, aus Brüssel weggeführt wurden, als auch die, deren sich
die republikanischen Commissäre im Namen der Freiheit 1792 bemächtigt
hatten. Die ersteren tragen das Wappen Ludwigs des Fünfzehnten;
die letzteren sind in rothen Maroquin gebunden und haben auf dein'
Deckel den kaiserlichen Adler und die Chiffre Napoleons.

Die Burgundische Bibliothek, und die, welche man jetzt die Städti¬
sche, Bibliothek nennt, sind mehre Male bald^ vereint, bald von einander
getrennt gewesen. Bis ins Jahr 1816 hatten die Manuscripte und die
gedruckten. Bücher unter . Einer Verwaltung, gestanden, als zu Einem Fonds
gehörend. Seitdem wurden, sie ^-- warum, -wissen - wir nicht -- getrennt.
Die gedruckten Bücher.bildete,,, die-Stadt-Bibliothek, welche bis zum An¬
fange dieses Jahres Eigenthum der Stadt Brüssel geblieben, die aber jetzt
das Gouvernement an sich bringen wird. Die Manuscripte dagegen


Einen schwachen Ersatz für diese doppelte Plünderung erhielt die
Bibliothek, als unter der französischen Herrschaft die Universität Löwen
aufgehoben wurde. Man ertheilte nämlich dem Conservator der Bnr-
gundischen Bibliothek, damals, noch Herr, von Laserna Santander, die
Erlaubniß, aus dem, was die französischen Commissäre von der Biblio¬
thek der Universität noch zurückgelassen hatten, die Sammlung der Haupt¬
stadt zu vervollständigen. Man kann wohl denken, wie willkommen dem
Bibliothekar diese Erlaubniß war. Er begab sich sofort nach Löwen
und verbrachte trotz einer strengen Kälte 10 Tage in der Bibliothek;
der Erfolg war eine Auswahl von 1718 Werken, die der Brüsseler
Bibliothek einverleibt wurden.

Endlich aber kam das Jahr 1315, in welchen: Paris gezwungen
ward, alle seine aus vieler Herrn Ländern zusammengcMnderten Reich¬
thümer zurückzuerstatten. Italien nahm seine Raphaels, seine Correggios,
seine antiken Statuen wieder an sich; Deutschland seine Holbeins und
Albrecht Dürers. Auch Belgien reclamirte sein Eigenthum; Herr von
Halthem. wurde zum Commissär.ernannt und beauftragt, über die Rück¬
erstattung der. den Niederlanden im Jahr -1794 geraubten Kunstgegen-
stände mit der französischen Negierung sin Unterhandlungen zu treten;
da er diese Sendung ausschlug, so wurde Herr Lammers an seine Stelle
ernannt. Dieser verbrachte 9 Monate mit der Wicderaufsuchung der
ursprünglich der Burgunder Bibliothek angehörenden Manuscripte und
es gelang ihm auch den größten Theil derselben zu finden und wieder
zu erlangen. Man erkennt übrigens in den Webern der jetzigen Biblio¬
thek sehr leicht sowohl die Bände, welche 1746 auf Befehl des MarjchalS
von Sachsen, aus Brüssel weggeführt wurden, als auch die, deren sich
die republikanischen Commissäre im Namen der Freiheit 1792 bemächtigt
hatten. Die ersteren tragen das Wappen Ludwigs des Fünfzehnten;
die letzteren sind in rothen Maroquin gebunden und haben auf dein'
Deckel den kaiserlichen Adler und die Chiffre Napoleons.

Die Burgundische Bibliothek, und die, welche man jetzt die Städti¬
sche, Bibliothek nennt, sind mehre Male bald^ vereint, bald von einander
getrennt gewesen. Bis ins Jahr 1816 hatten die Manuscripte und die
gedruckten. Bücher unter . Einer Verwaltung, gestanden, als zu Einem Fonds
gehörend. Seitdem wurden, sie ^— warum, -wissen - wir nicht — getrennt.
Die gedruckten Bücher.bildete,,, die-Stadt-Bibliothek, welche bis zum An¬
fange dieses Jahres Eigenthum der Stadt Brüssel geblieben, die aber jetzt
das Gouvernement an sich bringen wird. Die Manuscripte dagegen


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[0249] Einen schwachen Ersatz für diese doppelte Plünderung erhielt die Bibliothek, als unter der französischen Herrschaft die Universität Löwen aufgehoben wurde. Man ertheilte nämlich dem Conservator der Bnr- gundischen Bibliothek, damals, noch Herr, von Laserna Santander, die Erlaubniß, aus dem, was die französischen Commissäre von der Biblio¬ thek der Universität noch zurückgelassen hatten, die Sammlung der Haupt¬ stadt zu vervollständigen. Man kann wohl denken, wie willkommen dem Bibliothekar diese Erlaubniß war. Er begab sich sofort nach Löwen und verbrachte trotz einer strengen Kälte 10 Tage in der Bibliothek; der Erfolg war eine Auswahl von 1718 Werken, die der Brüsseler Bibliothek einverleibt wurden. Endlich aber kam das Jahr 1315, in welchen: Paris gezwungen ward, alle seine aus vieler Herrn Ländern zusammengcMnderten Reich¬ thümer zurückzuerstatten. Italien nahm seine Raphaels, seine Correggios, seine antiken Statuen wieder an sich; Deutschland seine Holbeins und Albrecht Dürers. Auch Belgien reclamirte sein Eigenthum; Herr von Halthem. wurde zum Commissär.ernannt und beauftragt, über die Rück¬ erstattung der. den Niederlanden im Jahr -1794 geraubten Kunstgegen- stände mit der französischen Negierung sin Unterhandlungen zu treten; da er diese Sendung ausschlug, so wurde Herr Lammers an seine Stelle ernannt. Dieser verbrachte 9 Monate mit der Wicderaufsuchung der ursprünglich der Burgunder Bibliothek angehörenden Manuscripte und es gelang ihm auch den größten Theil derselben zu finden und wieder zu erlangen. Man erkennt übrigens in den Webern der jetzigen Biblio¬ thek sehr leicht sowohl die Bände, welche 1746 auf Befehl des MarjchalS von Sachsen, aus Brüssel weggeführt wurden, als auch die, deren sich die republikanischen Commissäre im Namen der Freiheit 1792 bemächtigt hatten. Die ersteren tragen das Wappen Ludwigs des Fünfzehnten; die letzteren sind in rothen Maroquin gebunden und haben auf dein' Deckel den kaiserlichen Adler und die Chiffre Napoleons. Die Burgundische Bibliothek, und die, welche man jetzt die Städti¬ sche, Bibliothek nennt, sind mehre Male bald^ vereint, bald von einander getrennt gewesen. Bis ins Jahr 1816 hatten die Manuscripte und die gedruckten. Bücher unter . Einer Verwaltung, gestanden, als zu Einem Fonds gehörend. Seitdem wurden, sie ^— warum, -wissen - wir nicht — getrennt. Die gedruckten Bücher.bildete,,, die-Stadt-Bibliothek, welche bis zum An¬ fange dieses Jahres Eigenthum der Stadt Brüssel geblieben, die aber jetzt das Gouvernement an sich bringen wird. Die Manuscripte dagegen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/249>, abgerufen am 02.07.2024.