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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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Händler Quisel zu Rmcherromancn engagiren. Warum das nicht?
Sind wir doch ganz und gar betheiligt, als der Junge Hans Schläge
kriegt, als er am Mühlbach steht, als er zum Onkel Blinzing läuft
und Soldat werden will, als er die Flöte bläst und in Gestalt der al¬
ten Jungfer ein^Mlcidigep guter Genius ihm die blassen Wangen strei-
,adelt. Schauspieler und, Schriftsteller werden wir nicht mit ihm. Wo¬
ran liegt das? -- Wir könnten sagen, der Darstellung fehlten sogar
die moralischen Nöthigungen zu diesen beiden letztgedachten Lcbensschrit-
ten, und dies ist allerdings ',ein grober Verstoß in Marggraff's Roman.
Beantwortet ist aber die Frage damit noch nicht; die Antwort gehört
vielmehr zu dein Unsagbaren,, .zu den.Geheimnissen des dichterischen
Schaffens. -- An interessanten Beobachtungen, an produktiven Einfällen
ist das Buch, wenn nicht jeder Zeit 'neu, doch bis an's Ende reich;
zu fertigen, vollen, lebendig ausgearbeiteten Menschengestalten bringt es
die Darstellung im weiteren Verlauf nicht-, in gleichem Maße.- -Der,alte
berliner Wetterbeobachter .ist glücklich, angelangt, entschädigt aber, nicht
für den dürren Entschluß, den komischen Jungen nach Berlin auf's
GyMmstum zu schicken, wo der Humor nichts zu suchen hat. Das
Komödiantenleben ist nicht intim und nicht kräftig genug erfaßt. Ma¬
dame-.Schnofel, die. in Jamben und Sentimentalität überfließende Di-
rccirice,..de;'. .buckelige 'Directory reichen nicht aus, um den Trödel zu,
Mutzcnsta.pel.lebhaft in Scene zu setzen. In..der Schriststellerlaufbahn-
Wt Mackel,,,,auf einen Journalisten, in welchem der Autor ^die, ange¬
wandte Praxis.der absoluten Philpsophie witzig.. carrM. .-,Dey Schluß,
des, Pomaiis hat,um,pese-gute. Anflöge. . Der ^letzte Wille des/Onkels
B.linzillg.er'l'nner.t .plebe--zu,.seinen .Vortheil, .an-das Jean Paulsche . Testa-
men^..ist' aber ergötzliA; "was,.mehr,",ti^ Todesart. de.s,.alten Sonderlings.
Felir Waldn,es^ eine im. Roman. herumlaufende Figur, die einen Aus¬
wurf moderner Zestqonflicte ybgiebt, ist zu dürstig liniirt; die Erklä¬
rung, die,das Wer, Ze.it,MPändige Bewußtsein, des Autors .gieht, die
Zuge zu Maldner's Lebenswandel seien Ms den fliegenden Blättern des
wjMchen Lebens abgeschrieben/ entschuldigt nicht, d.a ^ "Mös.re, .und Dx--
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iliren u.ub sah.rMn ,. .o.de.r Komisch .wirken. sollte., Das weibliche,, Wesen>
das an .jenen., Verbrecher geknüp se ist,kgyn man .eben z so. wenig für eine,
fertig aus.g.sfuhr,de, Figu.r .nehmen; dagegen ..sind die .Bemerkungen..des
Autors, als die sündhafte KomödiMtm ..die, gefallene Ophelia spielt, sehr
ergreifend un? 'wirksam. ^ ,Die,lO
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Händler Quisel zu Rmcherromancn engagiren. Warum das nicht?
Sind wir doch ganz und gar betheiligt, als der Junge Hans Schläge
kriegt, als er am Mühlbach steht, als er zum Onkel Blinzing läuft
und Soldat werden will, als er die Flöte bläst und in Gestalt der al¬
ten Jungfer ein^Mlcidigep guter Genius ihm die blassen Wangen strei-
,adelt. Schauspieler und, Schriftsteller werden wir nicht mit ihm. Wo¬
ran liegt das? — Wir könnten sagen, der Darstellung fehlten sogar
die moralischen Nöthigungen zu diesen beiden letztgedachten Lcbensschrit-
ten, und dies ist allerdings ',ein grober Verstoß in Marggraff's Roman.
Beantwortet ist aber die Frage damit noch nicht; die Antwort gehört
vielmehr zu dein Unsagbaren,, .zu den.Geheimnissen des dichterischen
Schaffens. — An interessanten Beobachtungen, an produktiven Einfällen
ist das Buch, wenn nicht jeder Zeit 'neu, doch bis an's Ende reich;
zu fertigen, vollen, lebendig ausgearbeiteten Menschengestalten bringt es
die Darstellung im weiteren Verlauf nicht-, in gleichem Maße.- -Der,alte
berliner Wetterbeobachter .ist glücklich, angelangt, entschädigt aber, nicht
für den dürren Entschluß, den komischen Jungen nach Berlin auf's
GyMmstum zu schicken, wo der Humor nichts zu suchen hat. Das
Komödiantenleben ist nicht intim und nicht kräftig genug erfaßt. Ma¬
dame-.Schnofel, die. in Jamben und Sentimentalität überfließende Di-
rccirice,..de;'. .buckelige 'Directory reichen nicht aus, um den Trödel zu,
Mutzcnsta.pel.lebhaft in Scene zu setzen. In..der Schriststellerlaufbahn-
Wt Mackel,,,,auf einen Journalisten, in welchem der Autor ^die, ange¬
wandte Praxis.der absoluten Philpsophie witzig.. carrM. .-,Dey Schluß,
des, Pomaiis hat,um,pese-gute. Anflöge. . Der ^letzte Wille des/Onkels
B.linzillg.er'l'nner.t .plebe--zu,.seinen .Vortheil, .an-das Jean Paulsche . Testa-
men^..ist' aber ergötzliA; »was,.mehr,„,ti^ Todesart. de.s,.alten Sonderlings.
Felir Waldn,es^ eine im. Roman. herumlaufende Figur, die einen Aus¬
wurf moderner Zestqonflicte ybgiebt, ist zu dürstig liniirt; die Erklä¬
rung, die,das Wer, Ze.it,MPändige Bewußtsein, des Autors .gieht, die
Zuge zu Maldner's Lebenswandel seien Ms den fliegenden Blättern des
wjMchen Lebens abgeschrieben/ entschuldigt nicht, d.a ^ „Mös.re, .und Dx--
uioralisation,,, will -sie sich..uns ..darstell.ungswerth, zeigen, entweder. ...impo"
iliren u.ub sah.rMn ,. .o.de.r Komisch .wirken. sollte., Das weibliche,, Wesen>
das an .jenen., Verbrecher geknüp se ist,kgyn man .eben z so. wenig für eine,
fertig aus.g.sfuhr,de, Figu.r .nehmen; dagegen ..sind die .Bemerkungen..des
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/179>, abgerufen am 23.07.2024.