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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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den nckßteil!? ^ /Wer^let liebsten, im feinen Aether der Schönheit schwelgt,
für prächiigeHostüme, untädelhafte Taillen,,künstlerisch gepflegte Locken in das
Feuer und ^ den süßen Tod der fashionablen Begeisterung': geht und sich,
durch das in unseren Romanen so reichlich , ausgegossene^SchönheitSwas-
sep,nur ,an-fleckenlose, Stirnen gewöhnt hat, für, den schrieb der Ver¬
fasser. Nichts er schrieb vielmehr Stunden der Andacht für Häßliche und
nahm die Wirklichkeit, wie und wo er sie fand, zu seinem bescheidenen
Vorbilde."- --, Wi,e und, wo er, sie fand? -- Entschlüpfte dies dem
Versasser vielleicht als Abstraction, und Gewinn,aus Boz? -- Nun,
für die Annahme, der komische Roman dürfe die Trivialität und , Mi¬
sere, wie und , wo er sie finde,, zur Darstellung bringen, sprichtwe¬
nigstens was Boz betrifft, -- der Reichthum eines ausgesuchten Pöbel-
lebens, wie es d'er englische Autor bei seinen energischen Griffen gleich
zur Hand bat, es mit kecken Blicken nur aufzufassen,,zu covircn braucht.
Der deutsche komische Roman findet das nicht so vor in grotesken Mas¬
sen, hat nicht, will er copircn, solchen Absud von auserlesener Gemein¬
heit vor sich, kann also nicht so naiv höllenbreugheln und dozen, oder
er müßte denn bei dem Mangel großer, Residenz- und Pöbelstädte sich,
auf nationalem Grund und Boden mit Schwächlichkeiten und Kleinig¬
keiten, begnügen" Aber Schiller läßt schon seinen Franz Moor, um ihn
imposant zu machen, beten: Herr, ich habe mich nie mit Kleinigkeiten
abgegeben! -Ganz mit Fug und. Recht, denn das moralisch Häßliche,
muß wenigstens stark sein, wo es nicht groß sein kann; die beiden Fälle
ausgenommen, wo es rührt oder komisch wirkt. , Für diese beiden Fälle
benutzt es die Behandlung des Darstellers zu wirklich, künstlerischen
Zwecken, und der komische Roman hat in Deutschland an nationalen,
Elementen, eine Fülle von Gemüthlichkeit und Philisierthum, um ohne
die crasse Gemeinheit der englischen Volshcse richtige und bedeutende
Wirkungen zu erzielen. Die Aeußerung Marggraff's, er wolle Stunden
der Andacht für Häßliche schreiben, erweist in ihm das durchaus rich¬
tige Bewußtsein, wie denn Marggraff's Aeußerungen immer auf das
Nichtige losgehen, selbst wo sie wie aus einer Art von Scheu und
Schwanken es nicht in gerader Linie festhalten wollen. Jener Ausspruch -
besagt, daß der Autor we,ß^ was mit der Mißgestalt seines Helden anzu¬
fangen sei; er rührt uns durch Haus - Mackel's Herzensgüte; er stellt
ihn andererseits -so, daß der Kobold entweder witzig wird oder Anderen
zum Witz verhilft.. Die Elemente eines kleinstädtischen Lebens und einer
moralischen Verworrenheit in der Familie selbst, macheu die richtigen


den nckßteil!? ^ /Wer^let liebsten, im feinen Aether der Schönheit schwelgt,
für prächiigeHostüme, untädelhafte Taillen,,künstlerisch gepflegte Locken in das
Feuer und ^ den süßen Tod der fashionablen Begeisterung': geht und sich,
durch das in unseren Romanen so reichlich , ausgegossene^SchönheitSwas-
sep,nur ,an-fleckenlose, Stirnen gewöhnt hat, für, den schrieb der Ver¬
fasser. Nichts er schrieb vielmehr Stunden der Andacht für Häßliche und
nahm die Wirklichkeit, wie und wo er sie fand, zu seinem bescheidenen
Vorbilde."- —, Wi,e und, wo er, sie fand? — Entschlüpfte dies dem
Versasser vielleicht als Abstraction, und Gewinn,aus Boz? — Nun,
für die Annahme, der komische Roman dürfe die Trivialität und , Mi¬
sere, wie und , wo er sie finde,, zur Darstellung bringen, sprichtwe¬
nigstens was Boz betrifft, — der Reichthum eines ausgesuchten Pöbel-
lebens, wie es d'er englische Autor bei seinen energischen Griffen gleich
zur Hand bat, es mit kecken Blicken nur aufzufassen,,zu covircn braucht.
Der deutsche komische Roman findet das nicht so vor in grotesken Mas¬
sen, hat nicht, will er copircn, solchen Absud von auserlesener Gemein¬
heit vor sich, kann also nicht so naiv höllenbreugheln und dozen, oder
er müßte denn bei dem Mangel großer, Residenz- und Pöbelstädte sich,
auf nationalem Grund und Boden mit Schwächlichkeiten und Kleinig¬
keiten, begnügen» Aber Schiller läßt schon seinen Franz Moor, um ihn
imposant zu machen, beten: Herr, ich habe mich nie mit Kleinigkeiten
abgegeben! -Ganz mit Fug und. Recht, denn das moralisch Häßliche,
muß wenigstens stark sein, wo es nicht groß sein kann; die beiden Fälle
ausgenommen, wo es rührt oder komisch wirkt. , Für diese beiden Fälle
benutzt es die Behandlung des Darstellers zu wirklich, künstlerischen
Zwecken, und der komische Roman hat in Deutschland an nationalen,
Elementen, eine Fülle von Gemüthlichkeit und Philisierthum, um ohne
die crasse Gemeinheit der englischen Volshcse richtige und bedeutende
Wirkungen zu erzielen. Die Aeußerung Marggraff's, er wolle Stunden
der Andacht für Häßliche schreiben, erweist in ihm das durchaus rich¬
tige Bewußtsein, wie denn Marggraff's Aeußerungen immer auf das
Nichtige losgehen, selbst wo sie wie aus einer Art von Scheu und
Schwanken es nicht in gerader Linie festhalten wollen. Jener Ausspruch -
besagt, daß der Autor we,ß^ was mit der Mißgestalt seines Helden anzu¬
fangen sei; er rührt uns durch Haus - Mackel's Herzensgüte; er stellt
ihn andererseits -so, daß der Kobold entweder witzig wird oder Anderen
zum Witz verhilft.. Die Elemente eines kleinstädtischen Lebens und einer
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[0176] den nckßteil!? ^ /Wer^let liebsten, im feinen Aether der Schönheit schwelgt, für prächiigeHostüme, untädelhafte Taillen,,künstlerisch gepflegte Locken in das Feuer und ^ den süßen Tod der fashionablen Begeisterung': geht und sich, durch das in unseren Romanen so reichlich , ausgegossene^SchönheitSwas- sep,nur ,an-fleckenlose, Stirnen gewöhnt hat, für, den schrieb der Ver¬ fasser. Nichts er schrieb vielmehr Stunden der Andacht für Häßliche und nahm die Wirklichkeit, wie und wo er sie fand, zu seinem bescheidenen Vorbilde."- —, Wi,e und, wo er, sie fand? — Entschlüpfte dies dem Versasser vielleicht als Abstraction, und Gewinn,aus Boz? — Nun, für die Annahme, der komische Roman dürfe die Trivialität und , Mi¬ sere, wie und , wo er sie finde,, zur Darstellung bringen, sprichtwe¬ nigstens was Boz betrifft, — der Reichthum eines ausgesuchten Pöbel- lebens, wie es d'er englische Autor bei seinen energischen Griffen gleich zur Hand bat, es mit kecken Blicken nur aufzufassen,,zu covircn braucht. Der deutsche komische Roman findet das nicht so vor in grotesken Mas¬ sen, hat nicht, will er copircn, solchen Absud von auserlesener Gemein¬ heit vor sich, kann also nicht so naiv höllenbreugheln und dozen, oder er müßte denn bei dem Mangel großer, Residenz- und Pöbelstädte sich, auf nationalem Grund und Boden mit Schwächlichkeiten und Kleinig¬ keiten, begnügen» Aber Schiller läßt schon seinen Franz Moor, um ihn imposant zu machen, beten: Herr, ich habe mich nie mit Kleinigkeiten abgegeben! -Ganz mit Fug und. Recht, denn das moralisch Häßliche, muß wenigstens stark sein, wo es nicht groß sein kann; die beiden Fälle ausgenommen, wo es rührt oder komisch wirkt. , Für diese beiden Fälle benutzt es die Behandlung des Darstellers zu wirklich, künstlerischen Zwecken, und der komische Roman hat in Deutschland an nationalen, Elementen, eine Fülle von Gemüthlichkeit und Philisierthum, um ohne die crasse Gemeinheit der englischen Volshcse richtige und bedeutende Wirkungen zu erzielen. Die Aeußerung Marggraff's, er wolle Stunden der Andacht für Häßliche schreiben, erweist in ihm das durchaus rich¬ tige Bewußtsein, wie denn Marggraff's Aeußerungen immer auf das Nichtige losgehen, selbst wo sie wie aus einer Art von Scheu und Schwanken es nicht in gerader Linie festhalten wollen. Jener Ausspruch - besagt, daß der Autor we,ß^ was mit der Mißgestalt seines Helden anzu¬ fangen sei; er rührt uns durch Haus - Mackel's Herzensgüte; er stellt ihn andererseits -so, daß der Kobold entweder witzig wird oder Anderen zum Witz verhilft.. Die Elemente eines kleinstädtischen Lebens und einer moralischen Verworrenheit in der Familie selbst, macheu die richtigen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/176>, abgerufen am 04.07.2024.