Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.pvoven?ausehen Ritterschaft vernichtet/ die Troubadours verstummten, und Es ist dieß keineswegs eine besondere Erscheinung in der Ge- Der Süden in seiner üppigem, schönern, mildern, weiblichem Na¬ So kam es, daß die Normänner einen großen Theil von Europa' Die sanfte Sprache von v<- machte keine Ausnahme von der Dieses Uebergewicht der lau^ne ä'ont hat das Schicksal der fran¬ pvoven?ausehen Ritterschaft vernichtet/ die Troubadours verstummten, und Es ist dieß keineswegs eine besondere Erscheinung in der Ge- Der Süden in seiner üppigem, schönern, mildern, weiblichem Na¬ So kam es, daß die Normänner einen großen Theil von Europa' Die sanfte Sprache von v<- machte keine Ausnahme von der Dieses Uebergewicht der lau^ne ä'ont hat das Schicksal der fran¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0015" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/267230"/> <p xml:id="ID_29" prev="#ID_28"> pvoven?ausehen Ritterschaft vernichtet/ die Troubadours verstummten, und<lb/> als endlich Ludwig 'VM. die Provence eroberte, und das südliche<lb/> Frankreich für immer mit dem nördlichen zu Einem Königreiche verei¬<lb/> nigte, da begann allmählig die Sprache des Besiegten vor der des Sie¬<lb/> gers zurückzuweichen; die milden harmlosen Worte und Gesänge des Sü¬<lb/> dens verschwanden nach und nach, und der härtere, schärfere und domi-<lb/> nirende Ausdruck des- Nordens behauptete den Platz und die Ober¬<lb/> hand ' ' ^ -</p><lb/> <p xml:id="ID_30"> Es ist dieß keineswegs eine besondere Erscheinung in der Ge-<lb/> schichte. Nord und Süd stehen fast in ähnlichen Verhältnissen zu einan¬<lb/> der, wie Verstand und Phantasie, wie Gedanke und Empfindung,<lb/> wie Mann und Weib.</p><lb/> <p xml:id="ID_31"> Der Süden in seiner üppigem, schönern, mildern, weiblichem Na¬<lb/> tur 'ist' mehr dem Gefühle, der Einbildungskraft, dem Genusse, der<lb/> Ruhe und Weichlichkeit hingegeben» Im Norden hingegen, wo die Be¬<lb/> wohner das Leben'mit weit mehr Kampf, Nachdenken Und Gewalt dem<lb/> Boden abzwingen müssen, da' ist auch die Heimath der straffen Mus¬<lb/> keln, der gehärteten Körper, des kältern berechnenden Ausdrucks. Und wie,<lb/> trotz aller schönen Reden über Frauenemancipation, dennoch der Mann<lb/> stctsdie Herrschaft behauptet, und wie, trotz aller poetischen Schöpfungen<lb/> der Phantasie, dennoch der Verstand die Welt regiert, so ist auch zumeist<lb/> da, wo Süd und Nord aneinander geriethen, der weichliche Süden von<lb/> der rauhen Männlichkeit des Nordens besiegt worden.</p><lb/> <p xml:id="ID_32"> So kam es, daß die Normänner einen großen Theil von Europa'<lb/> sich unterwarfen, daß Italien von den deutschen Kaisern so oft be¬<lb/> zwungen wurde; und ist nicht das gebildeteste Reich der südlichen Welt,<lb/> Rom! von der rohen Gewalt der nordischen Barbaren nieder gewor¬<lb/> fen worden?</p><lb/> <p xml:id="ID_33"> Die sanfte Sprache von v<- machte keine Ausnahme von der<lb/> Regel. Ihre Verbindung mit der männlichen <i'vo wurde durch<lb/> keine glückliche Ehe gekrönt. Der Mann riß das Hausrecht an sich; er<lb/> verbot ihren Gespielinnen und Jugendfreundinnen seine Schwelle und die<lb/> Kinder wurden ausschließlich in seiner Religion erzogen.</p><lb/> <p xml:id="ID_34" next="#ID_35"> Dieses Uebergewicht der lau^ne ä'ont hat das Schicksal der fran¬<lb/> zösischen Ausdrucksweise für alle Zukunft entschieden. Aus diesem Um¬<lb/> stände ging, jene Sprache hervor, die wir heute wegen ihrer Klarheit,<lb/> wegen ihrer Bestimmtheit, wegen ihrer fein begränzenden Schärfe allgc-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0015]
pvoven?ausehen Ritterschaft vernichtet/ die Troubadours verstummten, und
als endlich Ludwig 'VM. die Provence eroberte, und das südliche
Frankreich für immer mit dem nördlichen zu Einem Königreiche verei¬
nigte, da begann allmählig die Sprache des Besiegten vor der des Sie¬
gers zurückzuweichen; die milden harmlosen Worte und Gesänge des Sü¬
dens verschwanden nach und nach, und der härtere, schärfere und domi-
nirende Ausdruck des- Nordens behauptete den Platz und die Ober¬
hand ' ' ^ -
Es ist dieß keineswegs eine besondere Erscheinung in der Ge-
schichte. Nord und Süd stehen fast in ähnlichen Verhältnissen zu einan¬
der, wie Verstand und Phantasie, wie Gedanke und Empfindung,
wie Mann und Weib.
Der Süden in seiner üppigem, schönern, mildern, weiblichem Na¬
tur 'ist' mehr dem Gefühle, der Einbildungskraft, dem Genusse, der
Ruhe und Weichlichkeit hingegeben» Im Norden hingegen, wo die Be¬
wohner das Leben'mit weit mehr Kampf, Nachdenken Und Gewalt dem
Boden abzwingen müssen, da' ist auch die Heimath der straffen Mus¬
keln, der gehärteten Körper, des kältern berechnenden Ausdrucks. Und wie,
trotz aller schönen Reden über Frauenemancipation, dennoch der Mann
stctsdie Herrschaft behauptet, und wie, trotz aller poetischen Schöpfungen
der Phantasie, dennoch der Verstand die Welt regiert, so ist auch zumeist
da, wo Süd und Nord aneinander geriethen, der weichliche Süden von
der rauhen Männlichkeit des Nordens besiegt worden.
So kam es, daß die Normänner einen großen Theil von Europa'
sich unterwarfen, daß Italien von den deutschen Kaisern so oft be¬
zwungen wurde; und ist nicht das gebildeteste Reich der südlichen Welt,
Rom! von der rohen Gewalt der nordischen Barbaren nieder gewor¬
fen worden?
Die sanfte Sprache von v<- machte keine Ausnahme von der
Regel. Ihre Verbindung mit der männlichen <i'vo wurde durch
keine glückliche Ehe gekrönt. Der Mann riß das Hausrecht an sich; er
verbot ihren Gespielinnen und Jugendfreundinnen seine Schwelle und die
Kinder wurden ausschließlich in seiner Religion erzogen.
Dieses Uebergewicht der lau^ne ä'ont hat das Schicksal der fran¬
zösischen Ausdrucksweise für alle Zukunft entschieden. Aus diesem Um¬
stände ging, jene Sprache hervor, die wir heute wegen ihrer Klarheit,
wegen ihrer Bestimmtheit, wegen ihrer fein begränzenden Schärfe allgc-
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