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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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setzt. Nachdem er die Erwählbaren, wenn ich mich so ausdrücken darf,
verlegt hat, begiebt er sich in den Verlag der Wähler. Dies ist einer
der glücklichsten Gedanken, worauf man seit langer Zeit im Buchhandel
gerathen ist, ein für's Publikum noch erspießlichercr Gedanke als für
den, der ihn gehabt, denn durch dies Mittel, welches nur für wirklich
gute Werke angewendet werden kann, werden diese zu solchen mäßigen
Preisen umgesetzt, daß jeder dazu kommen kann, und die Leute werden
von schlechten Büchern, die ihnen theurer zu stehen kommen, abgeleitet.

Können Sie mir nun erklären, woher es kommen mag, daß man
sehr gute Werke von den berühmtesten Verfassern, beinah um Nichts,
sogar in den Körben der Büchertrödler antrifft? -- Ach Gott, ja! das
ist wiederum eine von den vielen Plagen, womit dieser Erwerbzweig
heimgesucht ist. Nicht alle unsere Verleger sind Didots, Lefebvres,
Pcmhoulle, Jurne, Wurz, Dufop; es giebt deren, die unter dem äußern
Schein einer gewissen Wohlhabenheit, in gar großer Noth stecken, diese
glauben Vertrauen einzuflößen grade durch dasjenige, was sie völlig da¬
rum bringen muß. Wenn es mit dein Debit eines von ihnen verlegten
Werkes nicht recht mehr fortgehen will, so borgen sie eine durchgehends
mäßige Summe auf die 2 bis 300 Exemplare, die ihnen übrig geblie¬
ben .sind, und wenn sie zur Verfallzeit nicht zurückzahlen, was bei der¬
artiger Spekulation nur allzu oft geschieht, so wird ihr Pfand zu einem
Spottpreis veräußert, und belandet gewöhnlich in den literarischen Bein¬
häusern der Rue Se. Jacques, um zu Ballcnpreis in die Provinzstädte oder
ins Ausland, vorzüglich nach Amerika versendet zu werden. Ein glei¬
ches Schicksal trifft die Verlagswerke eines bankerottmachenden Buchhänd¬
lers, und selbst die Werke Chateaubriands sind gegen eine solche trau¬
rige Krisis nicht assecurirt.

Stellen Sie sich nun einmal vor, was davonkommen muß, wenn
die Negierung, welche bekanntlich den pariser Buchhändlern ein Kapital
von 3 Millionen geliehen hat, die ungeheure Menge Bücher, die ihm
Zum Unterpfand gegeben worden, mit einem Mal dem Meistbietenden
öffentlich verkaufen wollte. Ich könnte Sie noch in das dunkle Labyrinth
vieler hundert anderer Schlupfwinkel und Seitenwege des hiesigen Buch¬
handels sehen lassen, müßte ich nicht fürchten, die Geduld Ihrer Leser zu
ermüden, von denen gewiß die meisten eher geneigt sind, Bücher zu kaufen
als zu verlegen, und eS ist ein alter Grundsatz: Wenn dem Gast das
Essen schmecken soll, so darf man ihn nicht allzulange in der Küche um--
herfuhren.




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setzt. Nachdem er die Erwählbaren, wenn ich mich so ausdrücken darf,
verlegt hat, begiebt er sich in den Verlag der Wähler. Dies ist einer
der glücklichsten Gedanken, worauf man seit langer Zeit im Buchhandel
gerathen ist, ein für's Publikum noch erspießlichercr Gedanke als für
den, der ihn gehabt, denn durch dies Mittel, welches nur für wirklich
gute Werke angewendet werden kann, werden diese zu solchen mäßigen
Preisen umgesetzt, daß jeder dazu kommen kann, und die Leute werden
von schlechten Büchern, die ihnen theurer zu stehen kommen, abgeleitet.

Können Sie mir nun erklären, woher es kommen mag, daß man
sehr gute Werke von den berühmtesten Verfassern, beinah um Nichts,
sogar in den Körben der Büchertrödler antrifft? — Ach Gott, ja! das
ist wiederum eine von den vielen Plagen, womit dieser Erwerbzweig
heimgesucht ist. Nicht alle unsere Verleger sind Didots, Lefebvres,
Pcmhoulle, Jurne, Wurz, Dufop; es giebt deren, die unter dem äußern
Schein einer gewissen Wohlhabenheit, in gar großer Noth stecken, diese
glauben Vertrauen einzuflößen grade durch dasjenige, was sie völlig da¬
rum bringen muß. Wenn es mit dein Debit eines von ihnen verlegten
Werkes nicht recht mehr fortgehen will, so borgen sie eine durchgehends
mäßige Summe auf die 2 bis 300 Exemplare, die ihnen übrig geblie¬
ben .sind, und wenn sie zur Verfallzeit nicht zurückzahlen, was bei der¬
artiger Spekulation nur allzu oft geschieht, so wird ihr Pfand zu einem
Spottpreis veräußert, und belandet gewöhnlich in den literarischen Bein¬
häusern der Rue Se. Jacques, um zu Ballcnpreis in die Provinzstädte oder
ins Ausland, vorzüglich nach Amerika versendet zu werden. Ein glei¬
ches Schicksal trifft die Verlagswerke eines bankerottmachenden Buchhänd¬
lers, und selbst die Werke Chateaubriands sind gegen eine solche trau¬
rige Krisis nicht assecurirt.

Stellen Sie sich nun einmal vor, was davonkommen muß, wenn
die Negierung, welche bekanntlich den pariser Buchhändlern ein Kapital
von 3 Millionen geliehen hat, die ungeheure Menge Bücher, die ihm
Zum Unterpfand gegeben worden, mit einem Mal dem Meistbietenden
öffentlich verkaufen wollte. Ich könnte Sie noch in das dunkle Labyrinth
vieler hundert anderer Schlupfwinkel und Seitenwege des hiesigen Buch¬
handels sehen lassen, müßte ich nicht fürchten, die Geduld Ihrer Leser zu
ermüden, von denen gewiß die meisten eher geneigt sind, Bücher zu kaufen
als zu verlegen, und eS ist ein alter Grundsatz: Wenn dem Gast das
Essen schmecken soll, so darf man ihn nicht allzulange in der Küche um--
herfuhren.




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/117>, abgerufen am 22.12.2024.