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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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Patkul auf der französischen Bühne.

Gutzkow'S Patkul, von dem wir in unserer gegenwärtigen Lieferung ein Bruch."
stück mittheilen, ist hier in Brüssel ins französische und zwar sehr glücklich übersetzt
worden. Der Uebersetzer ist Herr Schiffers, einer der Redakteure des Brüsseler
ministeriellen Blattes I/I>i^xen-Jarl. Die Franzosen, die bei allen dramatischen
Dichtungen immer das Praktische im Auge haben, betrachten jedes Drama zunächst
unter dem Gesichtspunkt der Aufführung. Der übersetzte Patkul war dazu bestimmt,
dein Helden des ri^-W-e ü'"n?-ü8, dem Schauspieler Firmin, eine neue Rolle
zu bieten. Aber die vielen Verwandlungen, welche in diesem Stücke vorkommen,
böten ein unübersteigliches Hinderniß für jene Bühne. Umsonst hat Herr Schiffers
durch eine glückliche Wendung vier Verwandlungen unnöihig gemacht; auch die zwei bis
drei, die noch geblieben, reichen hin, ihm den Weg zum ri^nere 5'-in?-us zu ver¬
sperren. -- Da diese Bühne in ihrem eingefleischter, classischen Perückcnthum auf
eine Verwandlung während deö WeS nicht eingerichtet ist, und jede solche Neue,
rnng als Ketzerei betrachtet, so wird denn der Patkul auf den Brettern der Z?orit
Se. Martin sein deutsches Glück versuchen. Die Aufführung in Brüssel wird erst
später statt finden.--Die Berücksichtigungen, die ein französischer Theaterdichter im
Aug^ haben muß, Delfcn übrigens ans Lächerliche. So mußte der Name Patkul in
VatKnulL umgetauft worden, weil die französische Aussprache des u zu einem
schlechten Calembourg hätte Veranlassung geben können. Auch die Namen Prit-
Witz und Schlippenbach mußten eine Transformation zu Gunsten der delicaten
französischen Sprachwerkzeuge erdulden.




Columbui.

Die Aufführung des Trauerspiels "Columbus" von Werber in Berlin hat zu
vielen schlechten Witzen Anlaß gegeben. Die Einen sagten: "Es sei wunderbar,
so viel Wasser im Stücke, und doch kann es nicht flott werden!" Die Andern
behaupteten, die Charaktere wären deßhalb schwankend, weil der Haupteffekt auf
einem Schiffe beruht. Das Stück hat Verdienste, aber mehr samische als poetische.


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Patkul auf der französischen Bühne.

Gutzkow'S Patkul, von dem wir in unserer gegenwärtigen Lieferung ein Bruch.»
stück mittheilen, ist hier in Brüssel ins französische und zwar sehr glücklich übersetzt
worden. Der Uebersetzer ist Herr Schiffers, einer der Redakteure des Brüsseler
ministeriellen Blattes I/I>i^xen-Jarl. Die Franzosen, die bei allen dramatischen
Dichtungen immer das Praktische im Auge haben, betrachten jedes Drama zunächst
unter dem Gesichtspunkt der Aufführung. Der übersetzte Patkul war dazu bestimmt,
dein Helden des ri^-W-e ü'»n?-ü8, dem Schauspieler Firmin, eine neue Rolle
zu bieten. Aber die vielen Verwandlungen, welche in diesem Stücke vorkommen,
böten ein unübersteigliches Hinderniß für jene Bühne. Umsonst hat Herr Schiffers
durch eine glückliche Wendung vier Verwandlungen unnöihig gemacht; auch die zwei bis
drei, die noch geblieben, reichen hin, ihm den Weg zum ri^nere 5'-in?-us zu ver¬
sperren. — Da diese Bühne in ihrem eingefleischter, classischen Perückcnthum auf
eine Verwandlung während deö WeS nicht eingerichtet ist, und jede solche Neue,
rnng als Ketzerei betrachtet, so wird denn der Patkul auf den Brettern der Z?orit
Se. Martin sein deutsches Glück versuchen. Die Aufführung in Brüssel wird erst
später statt finden.—Die Berücksichtigungen, die ein französischer Theaterdichter im
Aug^ haben muß, Delfcn übrigens ans Lächerliche. So mußte der Name Patkul in
VatKnulL umgetauft worden, weil die französische Aussprache des u zu einem
schlechten Calembourg hätte Veranlassung geben können. Auch die Namen Prit-
Witz und Schlippenbach mußten eine Transformation zu Gunsten der delicaten
französischen Sprachwerkzeuge erdulden.




Columbui.

Die Aufführung des Trauerspiels „Columbus" von Werber in Berlin hat zu
vielen schlechten Witzen Anlaß gegeben. Die Einen sagten: „Es sei wunderbar,
so viel Wasser im Stücke, und doch kann es nicht flott werden!" Die Andern
behaupteten, die Charaktere wären deßhalb schwankend, weil der Haupteffekt auf
einem Schiffe beruht. Das Stück hat Verdienste, aber mehr samische als poetische.


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[0107] T a g e d u c Patkul auf der französischen Bühne. Gutzkow'S Patkul, von dem wir in unserer gegenwärtigen Lieferung ein Bruch.» stück mittheilen, ist hier in Brüssel ins französische und zwar sehr glücklich übersetzt worden. Der Uebersetzer ist Herr Schiffers, einer der Redakteure des Brüsseler ministeriellen Blattes I/I>i^xen-Jarl. Die Franzosen, die bei allen dramatischen Dichtungen immer das Praktische im Auge haben, betrachten jedes Drama zunächst unter dem Gesichtspunkt der Aufführung. Der übersetzte Patkul war dazu bestimmt, dein Helden des ri^-W-e ü'»n?-ü8, dem Schauspieler Firmin, eine neue Rolle zu bieten. Aber die vielen Verwandlungen, welche in diesem Stücke vorkommen, böten ein unübersteigliches Hinderniß für jene Bühne. Umsonst hat Herr Schiffers durch eine glückliche Wendung vier Verwandlungen unnöihig gemacht; auch die zwei bis drei, die noch geblieben, reichen hin, ihm den Weg zum ri^nere 5'-in?-us zu ver¬ sperren. — Da diese Bühne in ihrem eingefleischter, classischen Perückcnthum auf eine Verwandlung während deö WeS nicht eingerichtet ist, und jede solche Neue, rnng als Ketzerei betrachtet, so wird denn der Patkul auf den Brettern der Z?orit Se. Martin sein deutsches Glück versuchen. Die Aufführung in Brüssel wird erst später statt finden.—Die Berücksichtigungen, die ein französischer Theaterdichter im Aug^ haben muß, Delfcn übrigens ans Lächerliche. So mußte der Name Patkul in VatKnulL umgetauft worden, weil die französische Aussprache des u zu einem schlechten Calembourg hätte Veranlassung geben können. Auch die Namen Prit- Witz und Schlippenbach mußten eine Transformation zu Gunsten der delicaten französischen Sprachwerkzeuge erdulden. Columbui. Die Aufführung des Trauerspiels „Columbus" von Werber in Berlin hat zu vielen schlechten Witzen Anlaß gegeben. Die Einen sagten: „Es sei wunderbar, so viel Wasser im Stücke, und doch kann es nicht flott werden!" Die Andern behaupteten, die Charaktere wären deßhalb schwankend, weil der Haupteffekt auf einem Schiffe beruht. Das Stück hat Verdienste, aber mehr samische als poetische.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/107>, abgerufen am 30.06.2024.