Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester.schichten außerordentlich populär gemacht. So geschieht es, daß je- Der Kritiker beruft sich auf eine Ausnahme, um eine eingebil¬ Wenn es Gemälde gibt, zu deren Verständniß selbst für den Herr Mercey lobt seinerseits die klare Auffassung und Darstel Uebrigens sind in Deutschland die Schriftsteller, welche über die Herr Mercey behauptet, Raphael gelte in Deutschland für den Wie vertraut Mercey mit den deutschen Künstlern und Kunst- schichten außerordentlich populär gemacht. So geschieht es, daß je- Der Kritiker beruft sich auf eine Ausnahme, um eine eingebil¬ Wenn es Gemälde gibt, zu deren Verständniß selbst für den Herr Mercey lobt seinerseits die klare Auffassung und Darstel Uebrigens sind in Deutschland die Schriftsteller, welche über die Herr Mercey behauptet, Raphael gelte in Deutschland für den Wie vertraut Mercey mit den deutschen Künstlern und Kunst- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0095" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/266712"/> <p xml:id="ID_214" prev="#ID_213"> schichten außerordentlich populär gemacht. So geschieht es, daß je-<lb/> der Primaner die Scenen aus der Hliade von Cornelius i» der<lb/> Glyptothek, jeder>Mann aus dem Volke die Bedeutung der biblische»<lb/> Gemälde auf den ersten Blick erkennt; so groß ist in den deutscheu<lb/> Gemälden der „Mißbrauch des Gedanklichen" (irbuk «Zo l-i, >>«!»8<-<>),</p><lb/> <p xml:id="ID_215"> Der Kritiker beruft sich auf eine Ausnahme, um eine eingebil¬<lb/> dete Regel festzustellen; er weist auf einige nebelhafte Stücke von<lb/> Overbeck hin von deren Bewunderung Deutschland längst zuiückge<lb/> kommen ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_216"> Wenn es Gemälde gibt, zu deren Verständniß selbst für den<lb/> leidlich Gebildeten eine weitläufige Erklärung Noth thut, so sind co<lb/> die Fresken in der nun«^ doll-r 8KA'im,tui-ir im Vatikan. Und dock,,<lb/> hätte Raphael aus Furcht vor dem Mißbrauch des Gedauklichen<lb/> seine „Schule von Athen" oder sein Freskobild der Theologie »ich!<lb/> malen sollen, weil es die Unwissenden noch jetzt nach dein gelehr<lb/> ten Vasari w <ii«muta nennen? Nein, Cornelius, Schadow, Kaul-<lb/> bach, Lessing, Bendemann reden zu ihrem Volk die Sprache der<lb/> Empfindung und Leidenschaft in den klarsten und ergreifendsten Far<lb/> den; aber ihre Sprache ist tiefsinnig wie der Charakter ihres Vol¬<lb/> kes. Heißt dies darum, daß sie dunkel ist?</p><lb/> <p xml:id="ID_217"> Herr Mercey lobt seinerseits die klare Auffassung und Darstel<lb/> lung Schmorr's und scheint dieses Lob auf die ganze Düsseldorfer<lb/> Schule ausdehnen zu wollen, wirst also zum Theil selbst das Ge<lb/> baute seiner Kritik über den Haufen.</p><lb/> <p xml:id="ID_218"> Uebrigens sind in Deutschland die Schriftsteller, welche über die<lb/> Kunst geschrieben haben, später gekommen, als die Künstler.</p><lb/> <p xml:id="ID_219"> Herr Mercey behauptet, Raphael gelte in Deutschland für den<lb/> ersten Geschmackverderb er; aber nirgendswo ist dieser große<lb/> Maler populärer, nirgendswo wird er mehr bewundert und richti¬<lb/> ger gewürdigt als in Deutschland. Die einzige, dieses Namens<lb/> würdige Biographie Raphael's ist von dem Frankfurter Passavant,<lb/> Der Baron von Rumohr widmet Raphael den ganzen dritten Band<lb/> seiner vortrefflichen „Italienischen Forschungen." Und wer in Deutsch--<lb/> land behaupten wollte, Raphael sei ein Geschmackverderber, liefe Ge¬<lb/> fahr, in's erste beste Narrenhaus gesperrt zu werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_220" next="#ID_221"> Wie vertraut Mercey mit den deutschen Künstlern und Kunst-<lb/> schriflstellem ist, beweist seine kühne Orthographie ihrer Namen. C></p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0095]
schichten außerordentlich populär gemacht. So geschieht es, daß je-
der Primaner die Scenen aus der Hliade von Cornelius i» der
Glyptothek, jeder>Mann aus dem Volke die Bedeutung der biblische»
Gemälde auf den ersten Blick erkennt; so groß ist in den deutscheu
Gemälden der „Mißbrauch des Gedanklichen" (irbuk «Zo l-i, >>«!»8<-<>),
Der Kritiker beruft sich auf eine Ausnahme, um eine eingebil¬
dete Regel festzustellen; er weist auf einige nebelhafte Stücke von
Overbeck hin von deren Bewunderung Deutschland längst zuiückge
kommen ist.
Wenn es Gemälde gibt, zu deren Verständniß selbst für den
leidlich Gebildeten eine weitläufige Erklärung Noth thut, so sind co
die Fresken in der nun«^ doll-r 8KA'im,tui-ir im Vatikan. Und dock,,
hätte Raphael aus Furcht vor dem Mißbrauch des Gedauklichen
seine „Schule von Athen" oder sein Freskobild der Theologie »ich!
malen sollen, weil es die Unwissenden noch jetzt nach dein gelehr
ten Vasari w <ii«muta nennen? Nein, Cornelius, Schadow, Kaul-
bach, Lessing, Bendemann reden zu ihrem Volk die Sprache der
Empfindung und Leidenschaft in den klarsten und ergreifendsten Far
den; aber ihre Sprache ist tiefsinnig wie der Charakter ihres Vol¬
kes. Heißt dies darum, daß sie dunkel ist?
Herr Mercey lobt seinerseits die klare Auffassung und Darstel
lung Schmorr's und scheint dieses Lob auf die ganze Düsseldorfer
Schule ausdehnen zu wollen, wirst also zum Theil selbst das Ge
baute seiner Kritik über den Haufen.
Uebrigens sind in Deutschland die Schriftsteller, welche über die
Kunst geschrieben haben, später gekommen, als die Künstler.
Herr Mercey behauptet, Raphael gelte in Deutschland für den
ersten Geschmackverderb er; aber nirgendswo ist dieser große
Maler populärer, nirgendswo wird er mehr bewundert und richti¬
ger gewürdigt als in Deutschland. Die einzige, dieses Namens
würdige Biographie Raphael's ist von dem Frankfurter Passavant,
Der Baron von Rumohr widmet Raphael den ganzen dritten Band
seiner vortrefflichen „Italienischen Forschungen." Und wer in Deutsch--
land behaupten wollte, Raphael sei ein Geschmackverderber, liefe Ge¬
fahr, in's erste beste Narrenhaus gesperrt zu werden.
Wie vertraut Mercey mit den deutschen Künstlern und Kunst-
schriflstellem ist, beweist seine kühne Orthographie ihrer Namen. C>
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