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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester.

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aus nicht zum Haupt, oder vielleicht auch nur einer Uebermacht im Kampf
gegen niederschlagende Gesetze machen, sondern nur sein etwanigcs Resultat
als ein unbedeutendes Scherflein zu dem von größeren Korporationen erstrebten
Ganzen hinzutragen wollte, schritt die Schweriner Justizkanzlei zu ernstlichen,
in der Wirklichkeit aber lächerlichen Untersuchungen dieses ihrer Meinung
nach so gefährlichen revolutionairen Complotts und behandelte diese Sache,
an und für sich von so geringer Bedeutung --da ihr überhaupt nicht die Kräfte
werden konnten, als Widerstreberin des regierenden, gut sein sollenden Prin¬
cips dastehen zu können --als Criminalverbrechen. Sie verdammte nach gehal¬
tener hinlänglicher Untersuchung die meisten Mitglieder dieses Vereins und so¬
gar dessen Defensoren zu beträchtlicher Geldbuße und gesanglicher Haft. Der
Justizkanzlei zu Güstrow hingegen gelang es, dies rigorose Verfahren der
Schweriner mit sammt ihrem Urtheil zu cassiren; und sie trieb es dahin, daß die
Justizkanzlei zu Schwerin neben der Ungiltigkeit ihres Urtheils sogar die Kosten
des Verfahrens zu tragen hatte. -- 183S. Der Druck der Schriften unter
zwanzig Bogen erfordert vorherige Genehmigung. Dies ist eine Einschärfung
des Bundesgesetzes und gilt auch von Journalen und heftweise erscheinenden
Schriften. -- In demselben Jahre hieß es.- Die Bundesversammlung habe den
Beschluß gefaßt, über Verhandlungen deutscher Ständeversammlungen dürft
nur aus den öffentlichen Blättern des betreffenden Staats geschöpft werden,
und Jedermann solle die Quelle angeben, aus. welcher er seine Nachricht ge¬
nommen. Wonach man sich in Meklenburg auf's Genaueste verhält. --. In
eben dem Jahre erfolgte ein Rescript, nach welchem sämmtliche Schriften des
jungen Deutschlands, Mundt's, Gutzkow's, Laube's, Heine's, Wienbarg's bei
Contravcntionsstrafc von 10 Thlr. preuß. Cour, aus dem Lande verjagt wa¬
ren. So wollte es der deutsche Bund. -- Und, prot i>u<Jor! im Jahre 1837
schon erschienen mitten in Meklenburg Theodor Mundt's Charaktere und Si¬
tuationen bei dem Verleger Schmidt und von Bossel. Das war doch wider
das Gesetz und jedenfalls sehr riskant für die Verleger; denn die Regierung
hatte Mundt's Schriften ja kurz vorher zum Lande hinausgejagt. Wenn ich
die Wismarsche Verlagshandlung dcnuncire, wird sie doch ohne Gnade IVTHlr.
preuß. Cour. Strafe zahlen müssen. Ja, eben dieselben Verleger sollen sogar
Mundt dieRcdaction der jetzt schlafen gegangenen Baltischen Blüthen angeboten
Habens der sie jedoch dem Dr. Klein übertrug, weil gerade zu der Zeit sein
Freihafen entstand. >

Eben so gestattete 1836 die Großherzogliche Regierung den Mecklenburgern
das Lesen der französischen Zeitungen, Moniteur, Journal av" vükats, Quoti-


aus nicht zum Haupt, oder vielleicht auch nur einer Uebermacht im Kampf
gegen niederschlagende Gesetze machen, sondern nur sein etwanigcs Resultat
als ein unbedeutendes Scherflein zu dem von größeren Korporationen erstrebten
Ganzen hinzutragen wollte, schritt die Schweriner Justizkanzlei zu ernstlichen,
in der Wirklichkeit aber lächerlichen Untersuchungen dieses ihrer Meinung
nach so gefährlichen revolutionairen Complotts und behandelte diese Sache,
an und für sich von so geringer Bedeutung —da ihr überhaupt nicht die Kräfte
werden konnten, als Widerstreberin des regierenden, gut sein sollenden Prin¬
cips dastehen zu können —als Criminalverbrechen. Sie verdammte nach gehal¬
tener hinlänglicher Untersuchung die meisten Mitglieder dieses Vereins und so¬
gar dessen Defensoren zu beträchtlicher Geldbuße und gesanglicher Haft. Der
Justizkanzlei zu Güstrow hingegen gelang es, dies rigorose Verfahren der
Schweriner mit sammt ihrem Urtheil zu cassiren; und sie trieb es dahin, daß die
Justizkanzlei zu Schwerin neben der Ungiltigkeit ihres Urtheils sogar die Kosten
des Verfahrens zu tragen hatte. — 183S. Der Druck der Schriften unter
zwanzig Bogen erfordert vorherige Genehmigung. Dies ist eine Einschärfung
des Bundesgesetzes und gilt auch von Journalen und heftweise erscheinenden
Schriften. — In demselben Jahre hieß es.- Die Bundesversammlung habe den
Beschluß gefaßt, über Verhandlungen deutscher Ständeversammlungen dürft
nur aus den öffentlichen Blättern des betreffenden Staats geschöpft werden,
und Jedermann solle die Quelle angeben, aus. welcher er seine Nachricht ge¬
nommen. Wonach man sich in Meklenburg auf's Genaueste verhält. —. In
eben dem Jahre erfolgte ein Rescript, nach welchem sämmtliche Schriften des
jungen Deutschlands, Mundt's, Gutzkow's, Laube's, Heine's, Wienbarg's bei
Contravcntionsstrafc von 10 Thlr. preuß. Cour, aus dem Lande verjagt wa¬
ren. So wollte es der deutsche Bund. — Und, prot i>u<Jor! im Jahre 1837
schon erschienen mitten in Meklenburg Theodor Mundt's Charaktere und Si¬
tuationen bei dem Verleger Schmidt und von Bossel. Das war doch wider
das Gesetz und jedenfalls sehr riskant für die Verleger; denn die Regierung
hatte Mundt's Schriften ja kurz vorher zum Lande hinausgejagt. Wenn ich
die Wismarsche Verlagshandlung dcnuncire, wird sie doch ohne Gnade IVTHlr.
preuß. Cour. Strafe zahlen müssen. Ja, eben dieselben Verleger sollen sogar
Mundt dieRcdaction der jetzt schlafen gegangenen Baltischen Blüthen angeboten
Habens der sie jedoch dem Dr. Klein übertrug, weil gerade zu der Zeit sein
Freihafen entstand. >

Eben so gestattete 1836 die Großherzogliche Regierung den Mecklenburgern
das Lesen der französischen Zeitungen, Moniteur, Journal av» vükats, Quoti-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_266616/359>, abgerufen am 23.07.2024.