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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester.

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Wieder dahin zurückzuführen, wenn man die Gesetze, welche tels Recht
des Schriftstellers und Dichters auf sein Werk, das Recht des Ma¬
lers gegenüber dem Kupferstecher, das Recht deS Bildhauers gegen¬
über dem Gypsabdruck, und die Rechte für den Erfinder und sein
Patent feststellen, entweder zu geben unterläßt, oder gar die gegebenen
aufheben will. Alsdann wird eS wieder werden, wie es schon ein¬
mal war; wenn zufällig irgend eine bedeutende Entdeckung gemacht
wird, so wird man sie geheim halten und da sie nicht in den Archiven
des Staats einregistrirt sein werden, so werden sie gar oft mit dem
Erfinder aussterben und der Nachwelt verloren gehen. So haben wir
das Geheimniß des Purpurs, des Neapolitanischen Gelb, des häm¬
merbaren Glases, des griechischen Feuers, der Glasmalerei und tau¬
send andere verloren, von denen nicht einmal der Name bis auf
unsere Zeiten gelangt ist.

Viele Personen haben sich dahin geäußert, es sei wünschens¬
wert!), daß die Regierungen die Erfindungen an sich kaufen und den
Erfinder des gemeinen Nutzens halber für das ihnen genommene Ei¬
genthum entschädigen sollten. Das hieße aber Mißbräuchen und Klagen
Thür und Thor öffnen; denn keine Regierung, keine Commission
vermag den Werth oder die Wichtigkeit einer Erfindung zu beurthei¬
len, ehe sie mit Allem, was schon eristirt, oder erst später vielleicht
eristiren wird, combinirt worden ist. Welche Belohnung hätte man
z. B. demjenigen gegeben, der auf den Einfall geriet!), Tischlerleim
mit Svrup zu mischen und daraus Walzen für die Druckerei zu ma¬
chen? Gewiß eine höchst unbedeutende. Nun, und doch hat diese
Erfindung zu der Entdeckung der ununterbrochen arbeitenden cylin-
drischen Pressen geführt, welche der Civilisation durch die ungeheure
Anzahl Abdrücke, die man auf ihnen in kurzer Zeit erhalten kann,
vielleicht mehr Dienste leisten, als die Erfindung der Buchdruckerkunst
selbst, oder doch jedenfalls dieser erst den höchsten Grad ihrer Brauch¬
barkeit verliehen haben.

Was die Einbringung neuer Erfindungen aus fremden Landen
betrifft, so ist die nicht einmal überall gültige, günstigste Stellung,
die man ihr anweist, diejenige, wodurch sie mit der Erfindung selbst
auf gleichen Fuß gesetzt wird. Wir aber sind der Meinung, daß
die Einbringungspatente von den Regierungen noch mehr begünstigt
werden müssen, als die Erfindungen, und daß man dieselben vor-


Wieder dahin zurückzuführen, wenn man die Gesetze, welche tels Recht
des Schriftstellers und Dichters auf sein Werk, das Recht des Ma¬
lers gegenüber dem Kupferstecher, das Recht deS Bildhauers gegen¬
über dem Gypsabdruck, und die Rechte für den Erfinder und sein
Patent feststellen, entweder zu geben unterläßt, oder gar die gegebenen
aufheben will. Alsdann wird eS wieder werden, wie es schon ein¬
mal war; wenn zufällig irgend eine bedeutende Entdeckung gemacht
wird, so wird man sie geheim halten und da sie nicht in den Archiven
des Staats einregistrirt sein werden, so werden sie gar oft mit dem
Erfinder aussterben und der Nachwelt verloren gehen. So haben wir
das Geheimniß des Purpurs, des Neapolitanischen Gelb, des häm¬
merbaren Glases, des griechischen Feuers, der Glasmalerei und tau¬
send andere verloren, von denen nicht einmal der Name bis auf
unsere Zeiten gelangt ist.

Viele Personen haben sich dahin geäußert, es sei wünschens¬
wert!), daß die Regierungen die Erfindungen an sich kaufen und den
Erfinder des gemeinen Nutzens halber für das ihnen genommene Ei¬
genthum entschädigen sollten. Das hieße aber Mißbräuchen und Klagen
Thür und Thor öffnen; denn keine Regierung, keine Commission
vermag den Werth oder die Wichtigkeit einer Erfindung zu beurthei¬
len, ehe sie mit Allem, was schon eristirt, oder erst später vielleicht
eristiren wird, combinirt worden ist. Welche Belohnung hätte man
z. B. demjenigen gegeben, der auf den Einfall geriet!), Tischlerleim
mit Svrup zu mischen und daraus Walzen für die Druckerei zu ma¬
chen? Gewiß eine höchst unbedeutende. Nun, und doch hat diese
Erfindung zu der Entdeckung der ununterbrochen arbeitenden cylin-
drischen Pressen geführt, welche der Civilisation durch die ungeheure
Anzahl Abdrücke, die man auf ihnen in kurzer Zeit erhalten kann,
vielleicht mehr Dienste leisten, als die Erfindung der Buchdruckerkunst
selbst, oder doch jedenfalls dieser erst den höchsten Grad ihrer Brauch¬
barkeit verliehen haben.

Was die Einbringung neuer Erfindungen aus fremden Landen
betrifft, so ist die nicht einmal überall gültige, günstigste Stellung,
die man ihr anweist, diejenige, wodurch sie mit der Erfindung selbst
auf gleichen Fuß gesetzt wird. Wir aber sind der Meinung, daß
die Einbringungspatente von den Regierungen noch mehr begünstigt
werden müssen, als die Erfindungen, und daß man dieselben vor-


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[0329] Wieder dahin zurückzuführen, wenn man die Gesetze, welche tels Recht des Schriftstellers und Dichters auf sein Werk, das Recht des Ma¬ lers gegenüber dem Kupferstecher, das Recht deS Bildhauers gegen¬ über dem Gypsabdruck, und die Rechte für den Erfinder und sein Patent feststellen, entweder zu geben unterläßt, oder gar die gegebenen aufheben will. Alsdann wird eS wieder werden, wie es schon ein¬ mal war; wenn zufällig irgend eine bedeutende Entdeckung gemacht wird, so wird man sie geheim halten und da sie nicht in den Archiven des Staats einregistrirt sein werden, so werden sie gar oft mit dem Erfinder aussterben und der Nachwelt verloren gehen. So haben wir das Geheimniß des Purpurs, des Neapolitanischen Gelb, des häm¬ merbaren Glases, des griechischen Feuers, der Glasmalerei und tau¬ send andere verloren, von denen nicht einmal der Name bis auf unsere Zeiten gelangt ist. Viele Personen haben sich dahin geäußert, es sei wünschens¬ wert!), daß die Regierungen die Erfindungen an sich kaufen und den Erfinder des gemeinen Nutzens halber für das ihnen genommene Ei¬ genthum entschädigen sollten. Das hieße aber Mißbräuchen und Klagen Thür und Thor öffnen; denn keine Regierung, keine Commission vermag den Werth oder die Wichtigkeit einer Erfindung zu beurthei¬ len, ehe sie mit Allem, was schon eristirt, oder erst später vielleicht eristiren wird, combinirt worden ist. Welche Belohnung hätte man z. B. demjenigen gegeben, der auf den Einfall geriet!), Tischlerleim mit Svrup zu mischen und daraus Walzen für die Druckerei zu ma¬ chen? Gewiß eine höchst unbedeutende. Nun, und doch hat diese Erfindung zu der Entdeckung der ununterbrochen arbeitenden cylin- drischen Pressen geführt, welche der Civilisation durch die ungeheure Anzahl Abdrücke, die man auf ihnen in kurzer Zeit erhalten kann, vielleicht mehr Dienste leisten, als die Erfindung der Buchdruckerkunst selbst, oder doch jedenfalls dieser erst den höchsten Grad ihrer Brauch¬ barkeit verliehen haben. Was die Einbringung neuer Erfindungen aus fremden Landen betrifft, so ist die nicht einmal überall gültige, günstigste Stellung, die man ihr anweist, diejenige, wodurch sie mit der Erfindung selbst auf gleichen Fuß gesetzt wird. Wir aber sind der Meinung, daß die Einbringungspatente von den Regierungen noch mehr begünstigt werden müssen, als die Erfindungen, und daß man dieselben vor-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_266616/329>, abgerufen am 23.07.2024.