Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester.tern Welt zu opfern -- nun, Feuerbach läßt die großen, mit Ro¬ Uebrigens ist der Betrieb dieser Fabrik geräuschlos genug, um, Wir sind die kleine Anhöhe hinangegangen, durchschreiten den Wie sieht wohl Ludwig Feuerbach aus? Ziemlich beleibt, groß, tern Welt zu opfern — nun, Feuerbach läßt die großen, mit Ro¬ Uebrigens ist der Betrieb dieser Fabrik geräuschlos genug, um, Wir sind die kleine Anhöhe hinangegangen, durchschreiten den Wie sieht wohl Ludwig Feuerbach aus? Ziemlich beleibt, groß, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0032" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/266649"/> <p xml:id="ID_58" prev="#ID_57"> tern Welt zu opfern — nun, Feuerbach läßt die großen, mit Ro¬<lb/> sen und Vergißmeinnicht bemalten Schalen dem nichtsnutzigen, schlaff<lb/> gewordenen europäischen Leben, überläßt eS dem armen Volke,, das<lb/> Wein und Brod nicht kaufen, jedenfalls mit seinen schlappen Mä¬<lb/> gen nicht vertragen kann, daraus sein Gemisch von Kaffee, Runkel¬<lb/> rübe, Ctchorie und — Kuhmilch zu trinken, er aber setzt sich auf<lb/> den Dtvan und schenkt seinen reinen, schwarzen, klaren, natur- und<lb/> gottvollen Mokka ohne Interpolation von Milch und Zucker in die<lb/> kleinen, zollhohen Kaffeetassen, von denen eben aus dieser Fabrik<lb/> jährlich so viele Tausende gegen Morgen in die Gemächer der seli¬<lb/> gen OSmanl.is wandern.</p><lb/> <p xml:id="ID_59"> Uebrigens ist der Betrieb dieser Fabrik geräuschlos genug, um,<lb/> während unten für die Freuden der Gegenwart gemodelt, geformt,<lb/> gebrannt und gemalt wird, oben den Demosthenes im Entwurf sei¬<lb/> ner Philippika gegen diese gott- und geistlose Gegenwart nicht zu<lb/> stören. Die Stille des Thales bleibt auch am Werktage, Garten<lb/> aber und Wald, Wiesen und Feld und hochgeschlungene, vicldol-<lb/> dige Hopfen sind nahe genug auf jedem Schritt, den man zum<lb/> Hause hinaus macht, schauen freundlich genug in jedes Fenster deS<lb/> schön gelegenen Schlosses herein, daß der Eindruck von ländlicher<lb/> Ruhe und Einfalt auch durch ein lauteres Handthieren nicht wohl<lb/> gestört würde.</p><lb/> <p xml:id="ID_60"> Wir sind die kleine Anhöhe hinangegangen, durchschreiten den<lb/> blühenden, sichtlich unter einem herzlichen, befreundeten Gärtner ste¬<lb/> henden Garten voll Blumen und Büschen, der von dem Hufeisen<lb/> deS Schlosses umfangen, an die Stelle deS frühern Schloßhofes ge¬<lb/> treten zu sein scheint, und gehen durch die Gänge und Corridore<lb/> des ersten und zweiten Stockwerkes, bis' ein paar muntere Kinder<lb/> uns die Thüre, zu der wir wollen, bezeichnen.</p><lb/> <p xml:id="ID_61" next="#ID_62"> Wie sieht wohl Ludwig Feuerbach aus? Ziemlich beleibt, groß,<lb/> frisch und roth, wie die Natur ihre Lieblinge und Liebhaber zu<lb/> schaffen und zu erhalten Pflegt? Müßte doch Justinus Kerner, der<lb/> Geisterseher, dürr und eingefallen, mit tiefen Augenhöhlen, blassen<lb/> Wangen, vorgebeugter Haltung, ein Bild seiner gespenstigen Kame¬<lb/> radschaft sein! Kerner aber freilich ist rund, dick und bedeutet, was<lb/> man nur sonst unter Saft und Blut, von Kraft und Leben, vor<lb/> dem die Geister fliehen, verstehen mag. Feuerbach nun ist zwar</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0032]
tern Welt zu opfern — nun, Feuerbach läßt die großen, mit Ro¬
sen und Vergißmeinnicht bemalten Schalen dem nichtsnutzigen, schlaff
gewordenen europäischen Leben, überläßt eS dem armen Volke,, das
Wein und Brod nicht kaufen, jedenfalls mit seinen schlappen Mä¬
gen nicht vertragen kann, daraus sein Gemisch von Kaffee, Runkel¬
rübe, Ctchorie und — Kuhmilch zu trinken, er aber setzt sich auf
den Dtvan und schenkt seinen reinen, schwarzen, klaren, natur- und
gottvollen Mokka ohne Interpolation von Milch und Zucker in die
kleinen, zollhohen Kaffeetassen, von denen eben aus dieser Fabrik
jährlich so viele Tausende gegen Morgen in die Gemächer der seli¬
gen OSmanl.is wandern.
Uebrigens ist der Betrieb dieser Fabrik geräuschlos genug, um,
während unten für die Freuden der Gegenwart gemodelt, geformt,
gebrannt und gemalt wird, oben den Demosthenes im Entwurf sei¬
ner Philippika gegen diese gott- und geistlose Gegenwart nicht zu
stören. Die Stille des Thales bleibt auch am Werktage, Garten
aber und Wald, Wiesen und Feld und hochgeschlungene, vicldol-
dige Hopfen sind nahe genug auf jedem Schritt, den man zum
Hause hinaus macht, schauen freundlich genug in jedes Fenster deS
schön gelegenen Schlosses herein, daß der Eindruck von ländlicher
Ruhe und Einfalt auch durch ein lauteres Handthieren nicht wohl
gestört würde.
Wir sind die kleine Anhöhe hinangegangen, durchschreiten den
blühenden, sichtlich unter einem herzlichen, befreundeten Gärtner ste¬
henden Garten voll Blumen und Büschen, der von dem Hufeisen
deS Schlosses umfangen, an die Stelle deS frühern Schloßhofes ge¬
treten zu sein scheint, und gehen durch die Gänge und Corridore
des ersten und zweiten Stockwerkes, bis' ein paar muntere Kinder
uns die Thüre, zu der wir wollen, bezeichnen.
Wie sieht wohl Ludwig Feuerbach aus? Ziemlich beleibt, groß,
frisch und roth, wie die Natur ihre Lieblinge und Liebhaber zu
schaffen und zu erhalten Pflegt? Müßte doch Justinus Kerner, der
Geisterseher, dürr und eingefallen, mit tiefen Augenhöhlen, blassen
Wangen, vorgebeugter Haltung, ein Bild seiner gespenstigen Kame¬
radschaft sein! Kerner aber freilich ist rund, dick und bedeutet, was
man nur sonst unter Saft und Blut, von Kraft und Leben, vor
dem die Geister fliehen, verstehen mag. Feuerbach nun ist zwar
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