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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester.

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Auszeichnungen zu belohnen und zu ermuthigen. Denn die Arbeit
ist die einzige rechtmäßige Quelle der Achtung, der Ehren und des
Reichthums, wie sie auch die Quelle aller gesellschaftlichen Tugen¬
den ist.

Daß man diese Grundwahrheiten vergessen hatte, dadurch ist
der Sturz aller der Staaten vorbereitet und herbeigeführt worden,
in denen sich die Arbeit bei den höheren Klassen von einer Art
Bann und Verachtung getroffen fand, weil man sie den Heloten,
den Sclaven, den niedrigsten Klassen der Gesellschaft überlassen
hatte.

Glücklicherweise fängt dies abgeschmackte Vorurtheil in dein
civilisirten Europa immer mehr zu schwinden an. Das erste Bei¬
spiel hat hierin die englische Aristokratie gegeben und der französische
Adel ist demselben bald nachgefolgt. Ja selbst der deutsche Adel
glaubt nicht mehr, seiner Würde etwas zu vergeben, wenn er sich
Sem Handel und der Industrie ergiebt.

Diese Revolution oder vielmehr diese Rückkehr zur Vernunft ist
das schönste Resultat der Abschaffung der Sclaverei, des Leibetgen-
thums, der Frohnen u. s. w.; denn diese völlige Unterdrückung eines
Theils der menschlichen Gesellschaft hat zu allen Zeiten den Umsturz
der Reiche herbeigeführt. Erst von unserer Epoche an kann man
die Hoffnung hegen, daß in Europa ein dauerhaft blühender Zustand
der Gesellschaft sich entwickeln werde, seitdem man sich nämlich fest
entschlossen hat, als Grundlage der letzteren eine gute Organisation
der in ihre Ehren und Rechte wieder eingesetzten Arbeit, des Han
dets und der Industrie anzunehmen.

Die Arbeit hat offenbar am meisten dazu beigetragen, den
Menschen moralisch zu machen; sie hat Wunderwerke erzeugt, um
Vertrauen in die Wunder einzuflößen, die sie noch zu thun verspricht,
von nun an bis an's Ende der Jahrhunderte, so lange man sie
gegen die Angriffe der Wilden der Civilisation beschützt und vor
jenem Geschlecht von t)-a">>to8"",c; ^avsls, die selbst nichts thun und
auch Andere an ihrer Thätigkeit verhindern wollen. Wenn man ei¬
nen Blick auf die lange Kindheit der Industrie wirft, die, so zu
sagen, in einem zusammengeschrumpften, verkrüppelten Zustande blieb,
seit dem Töpfer Dädalus bis zu dem Schmelzarbeiter Bernhard
von Palissy, und wenn man ihr langsames Vorwärtsschreiten seit


Auszeichnungen zu belohnen und zu ermuthigen. Denn die Arbeit
ist die einzige rechtmäßige Quelle der Achtung, der Ehren und des
Reichthums, wie sie auch die Quelle aller gesellschaftlichen Tugen¬
den ist.

Daß man diese Grundwahrheiten vergessen hatte, dadurch ist
der Sturz aller der Staaten vorbereitet und herbeigeführt worden,
in denen sich die Arbeit bei den höheren Klassen von einer Art
Bann und Verachtung getroffen fand, weil man sie den Heloten,
den Sclaven, den niedrigsten Klassen der Gesellschaft überlassen
hatte.

Glücklicherweise fängt dies abgeschmackte Vorurtheil in dein
civilisirten Europa immer mehr zu schwinden an. Das erste Bei¬
spiel hat hierin die englische Aristokratie gegeben und der französische
Adel ist demselben bald nachgefolgt. Ja selbst der deutsche Adel
glaubt nicht mehr, seiner Würde etwas zu vergeben, wenn er sich
Sem Handel und der Industrie ergiebt.

Diese Revolution oder vielmehr diese Rückkehr zur Vernunft ist
das schönste Resultat der Abschaffung der Sclaverei, des Leibetgen-
thums, der Frohnen u. s. w.; denn diese völlige Unterdrückung eines
Theils der menschlichen Gesellschaft hat zu allen Zeiten den Umsturz
der Reiche herbeigeführt. Erst von unserer Epoche an kann man
die Hoffnung hegen, daß in Europa ein dauerhaft blühender Zustand
der Gesellschaft sich entwickeln werde, seitdem man sich nämlich fest
entschlossen hat, als Grundlage der letzteren eine gute Organisation
der in ihre Ehren und Rechte wieder eingesetzten Arbeit, des Han
dets und der Industrie anzunehmen.

Die Arbeit hat offenbar am meisten dazu beigetragen, den
Menschen moralisch zu machen; sie hat Wunderwerke erzeugt, um
Vertrauen in die Wunder einzuflößen, die sie noch zu thun verspricht,
von nun an bis an's Ende der Jahrhunderte, so lange man sie
gegen die Angriffe der Wilden der Civilisation beschützt und vor
jenem Geschlecht von t)-a»>>to8«»,c; ^avsls, die selbst nichts thun und
auch Andere an ihrer Thätigkeit verhindern wollen. Wenn man ei¬
nen Blick auf die lange Kindheit der Industrie wirft, die, so zu
sagen, in einem zusammengeschrumpften, verkrüppelten Zustande blieb,
seit dem Töpfer Dädalus bis zu dem Schmelzarbeiter Bernhard
von Palissy, und wenn man ihr langsames Vorwärtsschreiten seit


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[0306] Auszeichnungen zu belohnen und zu ermuthigen. Denn die Arbeit ist die einzige rechtmäßige Quelle der Achtung, der Ehren und des Reichthums, wie sie auch die Quelle aller gesellschaftlichen Tugen¬ den ist. Daß man diese Grundwahrheiten vergessen hatte, dadurch ist der Sturz aller der Staaten vorbereitet und herbeigeführt worden, in denen sich die Arbeit bei den höheren Klassen von einer Art Bann und Verachtung getroffen fand, weil man sie den Heloten, den Sclaven, den niedrigsten Klassen der Gesellschaft überlassen hatte. Glücklicherweise fängt dies abgeschmackte Vorurtheil in dein civilisirten Europa immer mehr zu schwinden an. Das erste Bei¬ spiel hat hierin die englische Aristokratie gegeben und der französische Adel ist demselben bald nachgefolgt. Ja selbst der deutsche Adel glaubt nicht mehr, seiner Würde etwas zu vergeben, wenn er sich Sem Handel und der Industrie ergiebt. Diese Revolution oder vielmehr diese Rückkehr zur Vernunft ist das schönste Resultat der Abschaffung der Sclaverei, des Leibetgen- thums, der Frohnen u. s. w.; denn diese völlige Unterdrückung eines Theils der menschlichen Gesellschaft hat zu allen Zeiten den Umsturz der Reiche herbeigeführt. Erst von unserer Epoche an kann man die Hoffnung hegen, daß in Europa ein dauerhaft blühender Zustand der Gesellschaft sich entwickeln werde, seitdem man sich nämlich fest entschlossen hat, als Grundlage der letzteren eine gute Organisation der in ihre Ehren und Rechte wieder eingesetzten Arbeit, des Han dets und der Industrie anzunehmen. Die Arbeit hat offenbar am meisten dazu beigetragen, den Menschen moralisch zu machen; sie hat Wunderwerke erzeugt, um Vertrauen in die Wunder einzuflößen, die sie noch zu thun verspricht, von nun an bis an's Ende der Jahrhunderte, so lange man sie gegen die Angriffe der Wilden der Civilisation beschützt und vor jenem Geschlecht von t)-a»>>to8«»,c; ^avsls, die selbst nichts thun und auch Andere an ihrer Thätigkeit verhindern wollen. Wenn man ei¬ nen Blick auf die lange Kindheit der Industrie wirft, die, so zu sagen, in einem zusammengeschrumpften, verkrüppelten Zustande blieb, seit dem Töpfer Dädalus bis zu dem Schmelzarbeiter Bernhard von Palissy, und wenn man ihr langsames Vorwärtsschreiten seit

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_266616/306>, abgerufen am 23.07.2024.