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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester.

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Handschuhe zu ^ Thaler und sechs Paar von hellgelber oder sonst
leicht schmutzender Farbe zu G Thaler das Paar, was eine monatliche
Ausgabe von 6 Thalern constituirt, somit eine tägliche von 6 Silber-
groschen und zu einem stündlichen Ansatz von ... 3 Pfennigen
hinlänglich berechtigt.

-- Aha! hier habe ich Sie nun ertappt! -- höre ich diejenigen
meiner Leser ausrufen, welche die Geduld gehabt haben, mir soweit
in meinen logischen und mathematischen Deduktionen zu folgen, --
schläft man er Handschuhen? Weshalb also eine Ausgabe für
die sämmtlichen 24 Tagesstunden vertheilen, welche höchstens auf 16
derselben Anwendung findet? Und auch das kaum; denn ißt, trinkt,
schreibt u. s. w. man mit Handschuhen? Trägt man sie, wenn man
zu Haus ist?

-- Ja, mein gestrenger Leser, in Wahrheit, Du hast nicht Un¬
recht. Man schläft freilich nicht in strohfarbenen Handschuhen (aus¬
genommen in gewissen Concerten, oder zuweilen im Theater, oder
während einer Akademicfeierlichkeit); eben so wenig treibt man seine
täglichen Verrichtungen behandschuht, und in so fern ist meine Ein-
theilung nicht ganz streng richtig. Aber, während man keine
Handschuhe trägt, beschmuzt man sich die Hände und Nägel, muß
also erstere waschen, letztere abschneiden, feilen, bürsten in. Berechnet
man nun den Verbrauch von Seife, Handtüchern, Scheeren, Nagel¬
bürsten :c., so könnten wir . . . Nun, nicht wahr, lieber Leser, Sie
bewilligen meinen obigen Ansatz, damit ich nur nicht noch mehr
fordere?

Um nun die kostspieligen Ausgaben des Artikels Anzug zu
beenden, bleibt uns nur noch übrig, unser Individuum auf einen
respektablen Fuß zu stellen, d. h. für seine Fußbekleidung zu sorgen.

Die Einen gehen gerade, die Anderen einwärts oder auswärts,
oder treten ihre Stiefeln krumm: natürlich also brauchen die Einen
weniger, die Andern mehr. Die Einen machen sich gern viel Be¬
wegung, Andere sind durch ihren Stand zum Tage- oder stunden¬
langen Sitzen verdammt, und solcher Verschiedenheiten, die auf diesen
Artikel Einfluß haben, giebt es noch unzählige. Seit einigen Jah¬
ren hat man das lacktrte Leder erfunden; es kostet mehr und hält
weniger aus, als das gewöhnliche. Um dieses Leder zu verbrauchen,
hat man allerhand niedliche Sttefelchen, Brodequinö :c. von Seide,


Handschuhe zu ^ Thaler und sechs Paar von hellgelber oder sonst
leicht schmutzender Farbe zu G Thaler das Paar, was eine monatliche
Ausgabe von 6 Thalern constituirt, somit eine tägliche von 6 Silber-
groschen und zu einem stündlichen Ansatz von ... 3 Pfennigen
hinlänglich berechtigt.

— Aha! hier habe ich Sie nun ertappt! — höre ich diejenigen
meiner Leser ausrufen, welche die Geduld gehabt haben, mir soweit
in meinen logischen und mathematischen Deduktionen zu folgen, —
schläft man er Handschuhen? Weshalb also eine Ausgabe für
die sämmtlichen 24 Tagesstunden vertheilen, welche höchstens auf 16
derselben Anwendung findet? Und auch das kaum; denn ißt, trinkt,
schreibt u. s. w. man mit Handschuhen? Trägt man sie, wenn man
zu Haus ist?

— Ja, mein gestrenger Leser, in Wahrheit, Du hast nicht Un¬
recht. Man schläft freilich nicht in strohfarbenen Handschuhen (aus¬
genommen in gewissen Concerten, oder zuweilen im Theater, oder
während einer Akademicfeierlichkeit); eben so wenig treibt man seine
täglichen Verrichtungen behandschuht, und in so fern ist meine Ein-
theilung nicht ganz streng richtig. Aber, während man keine
Handschuhe trägt, beschmuzt man sich die Hände und Nägel, muß
also erstere waschen, letztere abschneiden, feilen, bürsten in. Berechnet
man nun den Verbrauch von Seife, Handtüchern, Scheeren, Nagel¬
bürsten :c., so könnten wir . . . Nun, nicht wahr, lieber Leser, Sie
bewilligen meinen obigen Ansatz, damit ich nur nicht noch mehr
fordere?

Um nun die kostspieligen Ausgaben des Artikels Anzug zu
beenden, bleibt uns nur noch übrig, unser Individuum auf einen
respektablen Fuß zu stellen, d. h. für seine Fußbekleidung zu sorgen.

Die Einen gehen gerade, die Anderen einwärts oder auswärts,
oder treten ihre Stiefeln krumm: natürlich also brauchen die Einen
weniger, die Andern mehr. Die Einen machen sich gern viel Be¬
wegung, Andere sind durch ihren Stand zum Tage- oder stunden¬
langen Sitzen verdammt, und solcher Verschiedenheiten, die auf diesen
Artikel Einfluß haben, giebt es noch unzählige. Seit einigen Jah¬
ren hat man das lacktrte Leder erfunden; es kostet mehr und hält
weniger aus, als das gewöhnliche. Um dieses Leder zu verbrauchen,
hat man allerhand niedliche Sttefelchen, Brodequinö :c. von Seide,


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[0182] Handschuhe zu ^ Thaler und sechs Paar von hellgelber oder sonst leicht schmutzender Farbe zu G Thaler das Paar, was eine monatliche Ausgabe von 6 Thalern constituirt, somit eine tägliche von 6 Silber- groschen und zu einem stündlichen Ansatz von ... 3 Pfennigen hinlänglich berechtigt. — Aha! hier habe ich Sie nun ertappt! — höre ich diejenigen meiner Leser ausrufen, welche die Geduld gehabt haben, mir soweit in meinen logischen und mathematischen Deduktionen zu folgen, — schläft man er Handschuhen? Weshalb also eine Ausgabe für die sämmtlichen 24 Tagesstunden vertheilen, welche höchstens auf 16 derselben Anwendung findet? Und auch das kaum; denn ißt, trinkt, schreibt u. s. w. man mit Handschuhen? Trägt man sie, wenn man zu Haus ist? — Ja, mein gestrenger Leser, in Wahrheit, Du hast nicht Un¬ recht. Man schläft freilich nicht in strohfarbenen Handschuhen (aus¬ genommen in gewissen Concerten, oder zuweilen im Theater, oder während einer Akademicfeierlichkeit); eben so wenig treibt man seine täglichen Verrichtungen behandschuht, und in so fern ist meine Ein- theilung nicht ganz streng richtig. Aber, während man keine Handschuhe trägt, beschmuzt man sich die Hände und Nägel, muß also erstere waschen, letztere abschneiden, feilen, bürsten in. Berechnet man nun den Verbrauch von Seife, Handtüchern, Scheeren, Nagel¬ bürsten :c., so könnten wir . . . Nun, nicht wahr, lieber Leser, Sie bewilligen meinen obigen Ansatz, damit ich nur nicht noch mehr fordere? Um nun die kostspieligen Ausgaben des Artikels Anzug zu beenden, bleibt uns nur noch übrig, unser Individuum auf einen respektablen Fuß zu stellen, d. h. für seine Fußbekleidung zu sorgen. Die Einen gehen gerade, die Anderen einwärts oder auswärts, oder treten ihre Stiefeln krumm: natürlich also brauchen die Einen weniger, die Andern mehr. Die Einen machen sich gern viel Be¬ wegung, Andere sind durch ihren Stand zum Tage- oder stunden¬ langen Sitzen verdammt, und solcher Verschiedenheiten, die auf diesen Artikel Einfluß haben, giebt es noch unzählige. Seit einigen Jah¬ ren hat man das lacktrte Leder erfunden; es kostet mehr und hält weniger aus, als das gewöhnliche. Um dieses Leder zu verbrauchen, hat man allerhand niedliche Sttefelchen, Brodequinö :c. von Seide,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_266616/182>, abgerufen am 23.07.2024.