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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester.

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jüngere für zu wenig halten: da ich nun diese beiden Ertreme nicht
zu vermitteln weiß, so beharre ich auf meinem, wie ich glaube, ge-
mäßigten Ansätze. Den einen Winter läßt man sich einen Paletot
machen, den nächsten einen wattirter Oberrock; den einen Sommer
braucht man einen neuen Frack; dafür giebt eS den nächsten einen
Sommerrock. Nun sieht natürlich Jedermann ein, daß hiermit nicht
gesagt sein soll, keins dieser Kleider solle länger als ein ^ Jahr
aushalten: im Gegentheil wird darauf gerechnet, daß, wenn man
jährlich zwei neue Kleidungsstücke anschafft, durchschnittlich eine Gar¬
derobe von sechs, mehr oder minder stattlichen Oberkleidern neben
einander im Dienste sein kann. Das ist im Ganzen, wie ich glaube,
eine vernunftgemäße Annahme. Ich berechne nun diese zwei Ober-
Neider auf 8V Thaler jährlich. Ferner nehme ich eS auf
mich, die Anzahl der Beinkleider auf vier festzustellen, zwei von Tuch,
zwei von irgend einem andern Stoffe für den Sommer; auch hier
wird vorausgesetzt, daß die Beinkleider vom vergangenen Jahr noch
brauchbar sind; denn man macht ja, wenn ^man sie ein oder zwei
Dutzend Male getragen, noch nicht Zunder daraus. ' Diese vier
Beinkleider also, worunter zwei tuchene, will ich mit 40 Thalern
berechnen. Meine und manches Andern Erfahrung verlangt viel¬
leicht etwas mehr; doch ich will hierin nichts ändern, weil viele
Leser die Summe ohnedieß zu hoch angesetzt finden werden.

Unter derselben Voraussetzung, wie bei den andern Kleidungs¬
stücken (nämlich des Gebrauchs der vorjährigen) sind vier Westen
auch eine bescheidene Annahme. Da sind also 30 Thaler den
obigen 80 und 40 Thalern hinzuzufügen; oder zusammen 150 Tha¬
ler. Nun habe ich zwar Winterwesten und Ballwesten gekannt, von
denen man noch nicht die eine Hälfte für 25, Thaler hätte chaben
können; das sind aber außerordentliche Fälle, die im Laufe der gewöhn¬
lichen und vernünftigen Dinge keine Berücksichtigung finden können.

Nun wollen wir noch für Ausbesserungen, neue Sammtkragen,
neue Knöpfe, neues Futter, Aufbügeln, neue Taschen einsetzen, Flek-
kcnauSmachen und all dergleichen Dinge etwa 30 Thaler jährlich
rechnen, und wir erhalten dann als Totalsumme für alles die Klei¬
dung Betreffende einen Jahresbetrag von 180 Thalern, gerade so
viel, als uns die Hausmiethe kostet, also stündlich kostet unsere
Kleidung.........7z Pfennig.


jüngere für zu wenig halten: da ich nun diese beiden Ertreme nicht
zu vermitteln weiß, so beharre ich auf meinem, wie ich glaube, ge-
mäßigten Ansätze. Den einen Winter läßt man sich einen Paletot
machen, den nächsten einen wattirter Oberrock; den einen Sommer
braucht man einen neuen Frack; dafür giebt eS den nächsten einen
Sommerrock. Nun sieht natürlich Jedermann ein, daß hiermit nicht
gesagt sein soll, keins dieser Kleider solle länger als ein ^ Jahr
aushalten: im Gegentheil wird darauf gerechnet, daß, wenn man
jährlich zwei neue Kleidungsstücke anschafft, durchschnittlich eine Gar¬
derobe von sechs, mehr oder minder stattlichen Oberkleidern neben
einander im Dienste sein kann. Das ist im Ganzen, wie ich glaube,
eine vernunftgemäße Annahme. Ich berechne nun diese zwei Ober-
Neider auf 8V Thaler jährlich. Ferner nehme ich eS auf
mich, die Anzahl der Beinkleider auf vier festzustellen, zwei von Tuch,
zwei von irgend einem andern Stoffe für den Sommer; auch hier
wird vorausgesetzt, daß die Beinkleider vom vergangenen Jahr noch
brauchbar sind; denn man macht ja, wenn ^man sie ein oder zwei
Dutzend Male getragen, noch nicht Zunder daraus. ' Diese vier
Beinkleider also, worunter zwei tuchene, will ich mit 40 Thalern
berechnen. Meine und manches Andern Erfahrung verlangt viel¬
leicht etwas mehr; doch ich will hierin nichts ändern, weil viele
Leser die Summe ohnedieß zu hoch angesetzt finden werden.

Unter derselben Voraussetzung, wie bei den andern Kleidungs¬
stücken (nämlich des Gebrauchs der vorjährigen) sind vier Westen
auch eine bescheidene Annahme. Da sind also 30 Thaler den
obigen 80 und 40 Thalern hinzuzufügen; oder zusammen 150 Tha¬
ler. Nun habe ich zwar Winterwesten und Ballwesten gekannt, von
denen man noch nicht die eine Hälfte für 25, Thaler hätte chaben
können; das sind aber außerordentliche Fälle, die im Laufe der gewöhn¬
lichen und vernünftigen Dinge keine Berücksichtigung finden können.

Nun wollen wir noch für Ausbesserungen, neue Sammtkragen,
neue Knöpfe, neues Futter, Aufbügeln, neue Taschen einsetzen, Flek-
kcnauSmachen und all dergleichen Dinge etwa 30 Thaler jährlich
rechnen, und wir erhalten dann als Totalsumme für alles die Klei¬
dung Betreffende einen Jahresbetrag von 180 Thalern, gerade so
viel, als uns die Hausmiethe kostet, also stündlich kostet unsere
Kleidung.........7z Pfennig.


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[0180] jüngere für zu wenig halten: da ich nun diese beiden Ertreme nicht zu vermitteln weiß, so beharre ich auf meinem, wie ich glaube, ge- mäßigten Ansätze. Den einen Winter läßt man sich einen Paletot machen, den nächsten einen wattirter Oberrock; den einen Sommer braucht man einen neuen Frack; dafür giebt eS den nächsten einen Sommerrock. Nun sieht natürlich Jedermann ein, daß hiermit nicht gesagt sein soll, keins dieser Kleider solle länger als ein ^ Jahr aushalten: im Gegentheil wird darauf gerechnet, daß, wenn man jährlich zwei neue Kleidungsstücke anschafft, durchschnittlich eine Gar¬ derobe von sechs, mehr oder minder stattlichen Oberkleidern neben einander im Dienste sein kann. Das ist im Ganzen, wie ich glaube, eine vernunftgemäße Annahme. Ich berechne nun diese zwei Ober- Neider auf 8V Thaler jährlich. Ferner nehme ich eS auf mich, die Anzahl der Beinkleider auf vier festzustellen, zwei von Tuch, zwei von irgend einem andern Stoffe für den Sommer; auch hier wird vorausgesetzt, daß die Beinkleider vom vergangenen Jahr noch brauchbar sind; denn man macht ja, wenn ^man sie ein oder zwei Dutzend Male getragen, noch nicht Zunder daraus. ' Diese vier Beinkleider also, worunter zwei tuchene, will ich mit 40 Thalern berechnen. Meine und manches Andern Erfahrung verlangt viel¬ leicht etwas mehr; doch ich will hierin nichts ändern, weil viele Leser die Summe ohnedieß zu hoch angesetzt finden werden. Unter derselben Voraussetzung, wie bei den andern Kleidungs¬ stücken (nämlich des Gebrauchs der vorjährigen) sind vier Westen auch eine bescheidene Annahme. Da sind also 30 Thaler den obigen 80 und 40 Thalern hinzuzufügen; oder zusammen 150 Tha¬ ler. Nun habe ich zwar Winterwesten und Ballwesten gekannt, von denen man noch nicht die eine Hälfte für 25, Thaler hätte chaben können; das sind aber außerordentliche Fälle, die im Laufe der gewöhn¬ lichen und vernünftigen Dinge keine Berücksichtigung finden können. Nun wollen wir noch für Ausbesserungen, neue Sammtkragen, neue Knöpfe, neues Futter, Aufbügeln, neue Taschen einsetzen, Flek- kcnauSmachen und all dergleichen Dinge etwa 30 Thaler jährlich rechnen, und wir erhalten dann als Totalsumme für alles die Klei¬ dung Betreffende einen Jahresbetrag von 180 Thalern, gerade so viel, als uns die Hausmiethe kostet, also stündlich kostet unsere Kleidung.........7z Pfennig.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_266616/180>, abgerufen am 23.07.2024.