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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester.

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Großstädtische Fragen von einem Lebemann.



I.
Darf man den Diebstahl ermuthigen'!



ÄRelche Zweifel mich so mancher Leser, wenn er die Ueberschrift
dieses Aufsatzes erblickt, an der Moralität des Verfassers hegen
wird, -- diesem Uebelstande sehe ich mich im Bewußtsein meines
ruhigen Gewissens und des Nutzens, den ich zu stiften beabsichtige,
mit unerschütterlichem Muthe aus. Bin ich doch fest überzeugt,
nicht der einzige ehrliche Mann zu sein, der durch die Fortschritte
der Civilisation in den großen Städten gezwungen worden ist, sich diese
Frage vorzulegen und das vielleicht mehr als einmal im Laufe
eines einzigen Tages. Wohlverstanden übrigens, ich rede nur von
großen Städten, denn die kleinstädtischen Sitten sind mir nicht so
durch eigene Erfahrung vertraut geworden, als die der großen. Ich
lebe nämlich theils von einer kleinen Leibrente, theils vom Ertrage
schriftstellerischer Arbeiten seit einer Reihe von Jahren in Berlin,
kenne aber durch früheren Aufenthalt und durch mehrfache Besuche
auch Leipzig, Stuttgart, Wien und Paris. Wollen mir nun die
geehrten Leser erlauben, ihnen einige meiner Erfahrungen von den
Schattenseiten des großstädtischen Lebens zu erzählen, so kann ich


II
Großstädtische Fragen von einem Lebemann.



I.
Darf man den Diebstahl ermuthigen'!



ÄRelche Zweifel mich so mancher Leser, wenn er die Ueberschrift
dieses Aufsatzes erblickt, an der Moralität des Verfassers hegen
wird, — diesem Uebelstande sehe ich mich im Bewußtsein meines
ruhigen Gewissens und des Nutzens, den ich zu stiften beabsichtige,
mit unerschütterlichem Muthe aus. Bin ich doch fest überzeugt,
nicht der einzige ehrliche Mann zu sein, der durch die Fortschritte
der Civilisation in den großen Städten gezwungen worden ist, sich diese
Frage vorzulegen und das vielleicht mehr als einmal im Laufe
eines einzigen Tages. Wohlverstanden übrigens, ich rede nur von
großen Städten, denn die kleinstädtischen Sitten sind mir nicht so
durch eigene Erfahrung vertraut geworden, als die der großen. Ich
lebe nämlich theils von einer kleinen Leibrente, theils vom Ertrage
schriftstellerischer Arbeiten seit einer Reihe von Jahren in Berlin,
kenne aber durch früheren Aufenthalt und durch mehrfache Besuche
auch Leipzig, Stuttgart, Wien und Paris. Wollen mir nun die
geehrten Leser erlauben, ihnen einige meiner Erfahrungen von den
Schattenseiten des großstädtischen Lebens zu erzählen, so kann ich


II
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[0161] Großstädtische Fragen von einem Lebemann. I. Darf man den Diebstahl ermuthigen'! ÄRelche Zweifel mich so mancher Leser, wenn er die Ueberschrift dieses Aufsatzes erblickt, an der Moralität des Verfassers hegen wird, — diesem Uebelstande sehe ich mich im Bewußtsein meines ruhigen Gewissens und des Nutzens, den ich zu stiften beabsichtige, mit unerschütterlichem Muthe aus. Bin ich doch fest überzeugt, nicht der einzige ehrliche Mann zu sein, der durch die Fortschritte der Civilisation in den großen Städten gezwungen worden ist, sich diese Frage vorzulegen und das vielleicht mehr als einmal im Laufe eines einzigen Tages. Wohlverstanden übrigens, ich rede nur von großen Städten, denn die kleinstädtischen Sitten sind mir nicht so durch eigene Erfahrung vertraut geworden, als die der großen. Ich lebe nämlich theils von einer kleinen Leibrente, theils vom Ertrage schriftstellerischer Arbeiten seit einer Reihe von Jahren in Berlin, kenne aber durch früheren Aufenthalt und durch mehrfache Besuche auch Leipzig, Stuttgart, Wien und Paris. Wollen mir nun die geehrten Leser erlauben, ihnen einige meiner Erfahrungen von den Schattenseiten des großstädtischen Lebens zu erzählen, so kann ich II

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_266616/161>, abgerufen am 29.06.2024.