Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester.so gefügige Natur besessen, daß er mit einem spanischen Fürsten sich "Granvella in seiner Zurückgezogenheit, wie, da er noch die so gefügige Natur besessen, daß er mit einem spanischen Fürsten sich „Granvella in seiner Zurückgezogenheit, wie, da er noch die <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0150" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/266767"/> <p xml:id="ID_371" prev="#ID_370"> so gefügige Natur besessen, daß er mit einem spanischen Fürsten sich<lb/> ganz zum Spanier machte, und er sei von so durchdringendem Geist<lb/> gewesen, daß er alle Gedanken Philipp'S in Voraus errieth: er<lb/> habe sich aber um diesem auf seine Macht sehr eifersüchtigen Fürsten<lb/> seine Kraft zu verheimlichen, damit begnügt, ihm die Angelegenhei¬<lb/> ten darzustellen und von allen Seiten zu beleuchten, ohne daß er<lb/> daraus Schlüsse zu ziehen schien, so daß er sich scheinbar stets be¬<lb/> schränkte, die Entscheidungen des Herrn wie göttliche Inspirationen<lb/> anzunehmen und blindlings zu ergreifen, während sie in Wahrheit<lb/> von ihm herbeigeführt worden warm. Dasselbe Verfahren habe er<lb/> mit der Regentin Margaretha von Parma befolgt und so sei es ihm<lb/> gelungen, sich stets, selbst in den mehrfach schwierigen Lagen, in de¬<lb/> nen er sich befand, sich in der Gunst seiner Herrn zu erhalten. So<lb/> viel ist sicher, Granvella war ein Mann von außerordentlicher Ge-<lb/> schicklichkeit; sehr unterrichtet in allen Staatsangelegenheiten, beson¬<lb/> ders in den die Niederlande betreffenden: daher er auch nie in<lb/> Verlegenheit geriet!), sondern für Alles Aushilfe fand. Er besaß,<lb/> was man , damals Staatsgeheimnisse nannte. Was heut¬<lb/> zutage, unter der Herrschaft der Oeffentlichkeit, eine Art Unsinn<lb/> scheinen würde, war unter einer unbeschränkten Herrschaft, die so<lb/> viele verschiedene Nationen umfaßte und so complkirte Details ent¬<lb/> hielt, in der That ein großes Geheimniß. Seine Feinde sagten, er<lb/> sei ehrgeizig und habsüchtig und liebe den Lurus und die Vergnü¬<lb/> gungen mehr, als einem Priester zukomme. Sie warfen ihm ferner<lb/> vor, daß er sich zu anmaßend und zu stolz auf seine Macht zeige,<lb/> er, der Sohn eines Emporkömmlings, gegenüber dem hohen Adel<lb/> der Niederlande, der damals um so weniger geduldig war, je schlech¬<lb/> ter er behandelt wurde. Aber ohne behaupten zu wollen, daß Gran¬<lb/> vella ganz fehlerfrei war, kann man versichern, daß sein Hauptver¬<lb/> brechen darin bestand, daß er sich zu allen Zeilen und an allen Or¬<lb/> ten den Comploten der Feinde des Staats entgegenstemmte und<lb/> dieselben durch seine Wachsamkeit, seine Einsicht und seine Festigkeit<lb/> hinderte und schreckte."</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p xml:id="ID_372" next="#ID_373"> „Granvella in seiner Zurückgezogenheit, wie, da er noch die<lb/> Macht in Händen hatte, machte von seinen ungeheuren Einkünften</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0150]
so gefügige Natur besessen, daß er mit einem spanischen Fürsten sich
ganz zum Spanier machte, und er sei von so durchdringendem Geist
gewesen, daß er alle Gedanken Philipp'S in Voraus errieth: er
habe sich aber um diesem auf seine Macht sehr eifersüchtigen Fürsten
seine Kraft zu verheimlichen, damit begnügt, ihm die Angelegenhei¬
ten darzustellen und von allen Seiten zu beleuchten, ohne daß er
daraus Schlüsse zu ziehen schien, so daß er sich scheinbar stets be¬
schränkte, die Entscheidungen des Herrn wie göttliche Inspirationen
anzunehmen und blindlings zu ergreifen, während sie in Wahrheit
von ihm herbeigeführt worden warm. Dasselbe Verfahren habe er
mit der Regentin Margaretha von Parma befolgt und so sei es ihm
gelungen, sich stets, selbst in den mehrfach schwierigen Lagen, in de¬
nen er sich befand, sich in der Gunst seiner Herrn zu erhalten. So
viel ist sicher, Granvella war ein Mann von außerordentlicher Ge-
schicklichkeit; sehr unterrichtet in allen Staatsangelegenheiten, beson¬
ders in den die Niederlande betreffenden: daher er auch nie in
Verlegenheit geriet!), sondern für Alles Aushilfe fand. Er besaß,
was man , damals Staatsgeheimnisse nannte. Was heut¬
zutage, unter der Herrschaft der Oeffentlichkeit, eine Art Unsinn
scheinen würde, war unter einer unbeschränkten Herrschaft, die so
viele verschiedene Nationen umfaßte und so complkirte Details ent¬
hielt, in der That ein großes Geheimniß. Seine Feinde sagten, er
sei ehrgeizig und habsüchtig und liebe den Lurus und die Vergnü¬
gungen mehr, als einem Priester zukomme. Sie warfen ihm ferner
vor, daß er sich zu anmaßend und zu stolz auf seine Macht zeige,
er, der Sohn eines Emporkömmlings, gegenüber dem hohen Adel
der Niederlande, der damals um so weniger geduldig war, je schlech¬
ter er behandelt wurde. Aber ohne behaupten zu wollen, daß Gran¬
vella ganz fehlerfrei war, kann man versichern, daß sein Hauptver¬
brechen darin bestand, daß er sich zu allen Zeilen und an allen Or¬
ten den Comploten der Feinde des Staats entgegenstemmte und
dieselben durch seine Wachsamkeit, seine Einsicht und seine Festigkeit
hinderte und schreckte."
„Granvella in seiner Zurückgezogenheit, wie, da er noch die
Macht in Händen hatte, machte von seinen ungeheuren Einkünften
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