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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester.

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berg/ der Umstand, daß derselbe von der Hauptstadt fern bleibt,
unter dem Norwande, daß er bei seiner Brigade bleiben solle,
und andrerseits die Art, wie sich der Kaiser in einem Ukas
ausdrückt, den er in Betreff der Eisenbahn zwischen Moskau
und Petersburg an den Senat gerichtet. "Wir haben," heißt
es darin, "ein Comitv unter unserer unmittelbaren Oberauf¬
sicht und unter dem Präsidium unseres lieben Sohnes, des Gro߬
fürsten Cesarewicz, ernannt. Zu Mitgliedern dieses Cvmitv ernen¬
nen wirbelt Generalvirector der Brücken, Chaussven und öffent¬
lichen Bauten, die Minister der Finanzen und Domainen, unsere
Adjutanten, die Generallieutenants Benkendorf, Orlow, Lewachen;
den Generallieutenant Detrvönes, den Herzog von Leuchtenberg, den
Generalmajor Tschcwkin und den Stallmeister unserer vielgeliebten
Tochter, Olga Nicolajewna, Grafen Bobrvnski."

Wir haben dieses offizielle Aktenstück ganz mitgetheilt, weil die
Verschiedenheit der Ausdrücke auffällt, mit denen der darin erwähn¬
ten Familienglieder gedacht wird. Der Großfürst Thronfolger ist nur
"ins? Jul>le7.i,^ s^u, einfach unser lieber Sohn; die Großfürstin, die blos
beiläufig bei Gelegenheit ihres Stallmeisters erwähnt und --was wohl
bemerkenswerth ist--nicht Herzogin von Leuchtenberg genannt wird, die
Großfürstin ist u.lsxit lulüexrnm"?.-!, unsere meistgeliebte Tochter;
was den Herzog von Leuchtenberg betrifft, so ist er weder vielge-
liebt noch geliebt, ja er wird nicht einmal "unser Eidam" genannt;
der Kaiser stellt ihn den andern gewöhnlichen Mitgliedern des Co¬
mite's gleich. Seine Stellung in Petersburg gegenüber der kaiser¬
lichen Familie hat viele Aehnlichkeit mit der des Gemahls einer Kö¬
nigin, jedoch mit dem sehr bedeutenden Unterschiede, daß der Gemahl
einer Königin der Erste nach seiner Gattin ist, während der Herzog
der Letzte in der kaiserlichen Familie ist; ja fast weniger noch als
der Letzte, denn er wird eigentlich gar nicht als zur Familie
gehörig betrachtet. Nun berücksichtige man einerseits den Charak¬
ter der Großfürstin Olga, die ihrem Vater in allen Beziehun¬
gen gleicht, wie ein Tropfen Wasser dem andern; und denke
sich ihn, dem Kaiser und allen Gliedern der kaiserlichen Familie ge¬
genüber, diesen jungen Mann, erzogen in München, in dem zwar
auf seine Abstammung von den Wittelsbachern sehr stolzen, aber
sonst guten, einfachen und in seinem Benehmen sehr eingezogenen


berg/ der Umstand, daß derselbe von der Hauptstadt fern bleibt,
unter dem Norwande, daß er bei seiner Brigade bleiben solle,
und andrerseits die Art, wie sich der Kaiser in einem Ukas
ausdrückt, den er in Betreff der Eisenbahn zwischen Moskau
und Petersburg an den Senat gerichtet. „Wir haben," heißt
es darin, „ein Comitv unter unserer unmittelbaren Oberauf¬
sicht und unter dem Präsidium unseres lieben Sohnes, des Gro߬
fürsten Cesarewicz, ernannt. Zu Mitgliedern dieses Cvmitv ernen¬
nen wirbelt Generalvirector der Brücken, Chaussven und öffent¬
lichen Bauten, die Minister der Finanzen und Domainen, unsere
Adjutanten, die Generallieutenants Benkendorf, Orlow, Lewachen;
den Generallieutenant Detrvönes, den Herzog von Leuchtenberg, den
Generalmajor Tschcwkin und den Stallmeister unserer vielgeliebten
Tochter, Olga Nicolajewna, Grafen Bobrvnski."

Wir haben dieses offizielle Aktenstück ganz mitgetheilt, weil die
Verschiedenheit der Ausdrücke auffällt, mit denen der darin erwähn¬
ten Familienglieder gedacht wird. Der Großfürst Thronfolger ist nur
«ins? Jul>le7.i,^ s^u, einfach unser lieber Sohn; die Großfürstin, die blos
beiläufig bei Gelegenheit ihres Stallmeisters erwähnt und —was wohl
bemerkenswerth ist—nicht Herzogin von Leuchtenberg genannt wird, die
Großfürstin ist u.lsxit lulüexrnm«?.-!, unsere meistgeliebte Tochter;
was den Herzog von Leuchtenberg betrifft, so ist er weder vielge-
liebt noch geliebt, ja er wird nicht einmal „unser Eidam" genannt;
der Kaiser stellt ihn den andern gewöhnlichen Mitgliedern des Co¬
mite's gleich. Seine Stellung in Petersburg gegenüber der kaiser¬
lichen Familie hat viele Aehnlichkeit mit der des Gemahls einer Kö¬
nigin, jedoch mit dem sehr bedeutenden Unterschiede, daß der Gemahl
einer Königin der Erste nach seiner Gattin ist, während der Herzog
der Letzte in der kaiserlichen Familie ist; ja fast weniger noch als
der Letzte, denn er wird eigentlich gar nicht als zur Familie
gehörig betrachtet. Nun berücksichtige man einerseits den Charak¬
ter der Großfürstin Olga, die ihrem Vater in allen Beziehun¬
gen gleicht, wie ein Tropfen Wasser dem andern; und denke
sich ihn, dem Kaiser und allen Gliedern der kaiserlichen Familie ge¬
genüber, diesen jungen Mann, erzogen in München, in dem zwar
auf seine Abstammung von den Wittelsbachern sehr stolzen, aber
sonst guten, einfachen und in seinem Benehmen sehr eingezogenen


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[0132] berg/ der Umstand, daß derselbe von der Hauptstadt fern bleibt, unter dem Norwande, daß er bei seiner Brigade bleiben solle, und andrerseits die Art, wie sich der Kaiser in einem Ukas ausdrückt, den er in Betreff der Eisenbahn zwischen Moskau und Petersburg an den Senat gerichtet. „Wir haben," heißt es darin, „ein Comitv unter unserer unmittelbaren Oberauf¬ sicht und unter dem Präsidium unseres lieben Sohnes, des Gro߬ fürsten Cesarewicz, ernannt. Zu Mitgliedern dieses Cvmitv ernen¬ nen wirbelt Generalvirector der Brücken, Chaussven und öffent¬ lichen Bauten, die Minister der Finanzen und Domainen, unsere Adjutanten, die Generallieutenants Benkendorf, Orlow, Lewachen; den Generallieutenant Detrvönes, den Herzog von Leuchtenberg, den Generalmajor Tschcwkin und den Stallmeister unserer vielgeliebten Tochter, Olga Nicolajewna, Grafen Bobrvnski." Wir haben dieses offizielle Aktenstück ganz mitgetheilt, weil die Verschiedenheit der Ausdrücke auffällt, mit denen der darin erwähn¬ ten Familienglieder gedacht wird. Der Großfürst Thronfolger ist nur «ins? Jul>le7.i,^ s^u, einfach unser lieber Sohn; die Großfürstin, die blos beiläufig bei Gelegenheit ihres Stallmeisters erwähnt und —was wohl bemerkenswerth ist—nicht Herzogin von Leuchtenberg genannt wird, die Großfürstin ist u.lsxit lulüexrnm«?.-!, unsere meistgeliebte Tochter; was den Herzog von Leuchtenberg betrifft, so ist er weder vielge- liebt noch geliebt, ja er wird nicht einmal „unser Eidam" genannt; der Kaiser stellt ihn den andern gewöhnlichen Mitgliedern des Co¬ mite's gleich. Seine Stellung in Petersburg gegenüber der kaiser¬ lichen Familie hat viele Aehnlichkeit mit der des Gemahls einer Kö¬ nigin, jedoch mit dem sehr bedeutenden Unterschiede, daß der Gemahl einer Königin der Erste nach seiner Gattin ist, während der Herzog der Letzte in der kaiserlichen Familie ist; ja fast weniger noch als der Letzte, denn er wird eigentlich gar nicht als zur Familie gehörig betrachtet. Nun berücksichtige man einerseits den Charak¬ ter der Großfürstin Olga, die ihrem Vater in allen Beziehun¬ gen gleicht, wie ein Tropfen Wasser dem andern; und denke sich ihn, dem Kaiser und allen Gliedern der kaiserlichen Familie ge¬ genüber, diesen jungen Mann, erzogen in München, in dem zwar auf seine Abstammung von den Wittelsbachern sehr stolzen, aber sonst guten, einfachen und in seinem Benehmen sehr eingezogenen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_266616/132>, abgerufen am 23.07.2024.