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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester.

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hatte sogar den Entwurf zu einem Grabmal gezeichnet, das er ihm
errichten wollte; aber der Tod, der auch ihn kurz darauf hinraffte,
hinderte ihn an der Ausführung dieses Vorhabens, das seines Ge¬
rdes und seines Herzens gleich würdig war.

Brauer's Rathschläge und Lehren entwickelten und bildeten
David Teniers' des jüngeren Talent, der auch etwas von seiner
Manier annahm. -- Die Eintönigkeit in Brauer's Gemälden ist
sehr leicht erklärt durch die geringe Mannigfaltigkeit der Gegenstände
und Personen, die er am Häufigsten vor Augen hatte. Es sind
gewöhnlich trunkene Bauern, die einander schlagen; Wundärzte,
welche andre Bauerlümmel verbinden; Trinker oder Spieler, die ein¬
ander Tische, Stühle und Bierkruge an den Kopf werfen; Libertins
in Orten der Liederlichkeit; Wachtstuben und dergleichen mehr.

Brauer's Pinselstrich war lebhast, glühend und geistreich; seine
Farbengebung ausgezeichnet und wahr, ohne alle Manier. Seine
Werke sind heutzutage sehr gesucht und werden sehr theuer bezahlt.

Schließlich noch einige Worte über Craesbeck, den Schüler und
Genossen Brauer's. Er ist sein bester Nachahmer, hat jedoch nie
des Meisters Feinheit im Ausdruck und Schönheit im Colorit erreicht.
Die gewöhnlichen Gegenstände der Gemälde Cracsbcck's sind ekeler¬
regend; eS sind Trinker, die sich übergeben; Zänkereien von Trun¬
kenbolden; und was vergleichen zurückstoßende Scenen mehr sind,
mit deren Rohheit uns selbst das schönste Talent nicht versöhnen
kann. Craesbeck hat oft sich selbst pvrtraitirt, hat sich aber immer
unter einem grotesken oder abschreckenden Anblick dargestellt, bald
mit einem Pflaster auf dem Auge, bald abscheuliche Gesichter Schrei,
derb, bald unerhört gähnend. Craesbeck war Brauer's gemeine
Copie.S)





*) Vergleiche: I^of vt-ij>t-s illustres, viuxelles. 6,

hatte sogar den Entwurf zu einem Grabmal gezeichnet, das er ihm
errichten wollte; aber der Tod, der auch ihn kurz darauf hinraffte,
hinderte ihn an der Ausführung dieses Vorhabens, das seines Ge¬
rdes und seines Herzens gleich würdig war.

Brauer's Rathschläge und Lehren entwickelten und bildeten
David Teniers' des jüngeren Talent, der auch etwas von seiner
Manier annahm. — Die Eintönigkeit in Brauer's Gemälden ist
sehr leicht erklärt durch die geringe Mannigfaltigkeit der Gegenstände
und Personen, die er am Häufigsten vor Augen hatte. Es sind
gewöhnlich trunkene Bauern, die einander schlagen; Wundärzte,
welche andre Bauerlümmel verbinden; Trinker oder Spieler, die ein¬
ander Tische, Stühle und Bierkruge an den Kopf werfen; Libertins
in Orten der Liederlichkeit; Wachtstuben und dergleichen mehr.

Brauer's Pinselstrich war lebhast, glühend und geistreich; seine
Farbengebung ausgezeichnet und wahr, ohne alle Manier. Seine
Werke sind heutzutage sehr gesucht und werden sehr theuer bezahlt.

Schließlich noch einige Worte über Craesbeck, den Schüler und
Genossen Brauer's. Er ist sein bester Nachahmer, hat jedoch nie
des Meisters Feinheit im Ausdruck und Schönheit im Colorit erreicht.
Die gewöhnlichen Gegenstände der Gemälde Cracsbcck's sind ekeler¬
regend; eS sind Trinker, die sich übergeben; Zänkereien von Trun¬
kenbolden; und was vergleichen zurückstoßende Scenen mehr sind,
mit deren Rohheit uns selbst das schönste Talent nicht versöhnen
kann. Craesbeck hat oft sich selbst pvrtraitirt, hat sich aber immer
unter einem grotesken oder abschreckenden Anblick dargestellt, bald
mit einem Pflaster auf dem Auge, bald abscheuliche Gesichter Schrei,
derb, bald unerhört gähnend. Craesbeck war Brauer's gemeine
Copie.S)





*) Vergleiche: I^of vt-ij>t-s illustres, viuxelles. 6,
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_266616/125>, abgerufen am 23.07.2024.