sowie die Jeremiaden derer, die es bemitleiden auf ihren wahren Werth zurückzuführen.
"Wo waren wir 1830? Verleumden wir nicht die Vergangenheit. Belgien hat in den fünfzehn Jahren der holländischen Herrschaft eine gute Schule durchgemacht. Nur dürfen unsre Lehrmeister nicht wie pedantische Schulfüchse sich allein das Verdienst ihrer besten Schüler zuschreiben...... die dem Lande einigermaßen zugestandene Erlaubniß sich selbst zu regieren, Die halbe Wiederherstellung unserer alten Provincial- und Communalfreihei- ten, ein Zolltarif, welcher den Ueberfluß und die Wohlfeilheit der kostbarsten Rohstoffe sicherte und welcher, indem er fremde Concurrenz zuließ, unsere Schaffungskraft und unsere in den letzten Jahren der französischen Herrschaft vielleicht eingeschläferte produktive Thätigkeit durch die Leichtigkeit und Aus¬ dehnung der Absatzmärkte anspornte, endlich die Unterstützung der Staatsge¬ walt, welche eine große Anzahl von finanziellen Instituten und Manufac- turen, wenn auch nur, um sie zu ihrem Vortheil auszubeuten und um ihre Creaturen zu bereichern, gegründet hat, alle diese Umstände vereinigten sich dazu den belgischen Gewerbfleiß anzutreiben und zu heben und selbst die leidenschaftlichsten Feinde der holländischen Regierung haben kein Inte¬ resse mehr daran, dieß zu verkennen. Auch vermögen sie es nicht, die vie¬ len neuen Canäle und Heerstraßen, die Verschönerung so vieler Städte, die Wiederherstellung so vieler Denkmäler, der Zuwachs der Bevölkerung, die Wiederauflebung der Künste sprechen lauter als ihr Leugnen. Auch der Zustand des damaligen Budgets widerspricht unserer Darstellung nicht. Denn wenn auch schmähliche allerhöchste Räubereien und die uns aufgelegte Pflicht den alten holländischen Nationalbankerott auszugleichen, fünfzehn Jahre lang das Beste der Landeseinkünfte verschlungen haben, so ist es doch nicht min¬ der wahr, daß die Elemente dieser Einkünfte, die Beschäftigung des Arbei¬ ters und die Ersparungen des Capitalien außerordentlich zugenommen ha¬ ben, um so vielen ungerechten Anforderungen genügen zu können, ohne der Verbesserung des öffentlichen Zustandes zu schaden. Wir standen also 1830 hinter keiner Nation des Continents zurück. Aber eine Insurrection, ein schwieriger Kampf eines Volkes mit seinem Nachbar mußte nothwendig einen großen Aufwand an Kräften, an Verlust von Zeit und lange Hemmung des Zuflusses seiner Einkünfte zur Folge haben. Rechnen wir nicht die mate¬ rielle Zerstörung von Werken aller Art durch den Brand von Antwerpen und Brüssel, durch die Überschwemmung der Polders, Plünderung und Verwüstung, was Alles leider in den vier ersten Jahren der Revolution häufiger und zerstörender bei uns eintrat, als es in andern Ländern unter ähnlichen Verhältnissen gewöhnlich der Fall ist. Berechnen wir nicht die von Belgien und Holland gemeinschaftlich erworbenen Nationalforderungen
sowie die Jeremiaden derer, die es bemitleiden auf ihren wahren Werth zurückzuführen.
„Wo waren wir 1830? Verleumden wir nicht die Vergangenheit. Belgien hat in den fünfzehn Jahren der holländischen Herrschaft eine gute Schule durchgemacht. Nur dürfen unsre Lehrmeister nicht wie pedantische Schulfüchse sich allein das Verdienst ihrer besten Schüler zuschreiben...... die dem Lande einigermaßen zugestandene Erlaubniß sich selbst zu regieren, Die halbe Wiederherstellung unserer alten Provincial- und Communalfreihei- ten, ein Zolltarif, welcher den Ueberfluß und die Wohlfeilheit der kostbarsten Rohstoffe sicherte und welcher, indem er fremde Concurrenz zuließ, unsere Schaffungskraft und unsere in den letzten Jahren der französischen Herrschaft vielleicht eingeschläferte produktive Thätigkeit durch die Leichtigkeit und Aus¬ dehnung der Absatzmärkte anspornte, endlich die Unterstützung der Staatsge¬ walt, welche eine große Anzahl von finanziellen Instituten und Manufac- turen, wenn auch nur, um sie zu ihrem Vortheil auszubeuten und um ihre Creaturen zu bereichern, gegründet hat, alle diese Umstände vereinigten sich dazu den belgischen Gewerbfleiß anzutreiben und zu heben und selbst die leidenschaftlichsten Feinde der holländischen Regierung haben kein Inte¬ resse mehr daran, dieß zu verkennen. Auch vermögen sie es nicht, die vie¬ len neuen Canäle und Heerstraßen, die Verschönerung so vieler Städte, die Wiederherstellung so vieler Denkmäler, der Zuwachs der Bevölkerung, die Wiederauflebung der Künste sprechen lauter als ihr Leugnen. Auch der Zustand des damaligen Budgets widerspricht unserer Darstellung nicht. Denn wenn auch schmähliche allerhöchste Räubereien und die uns aufgelegte Pflicht den alten holländischen Nationalbankerott auszugleichen, fünfzehn Jahre lang das Beste der Landeseinkünfte verschlungen haben, so ist es doch nicht min¬ der wahr, daß die Elemente dieser Einkünfte, die Beschäftigung des Arbei¬ ters und die Ersparungen des Capitalien außerordentlich zugenommen ha¬ ben, um so vielen ungerechten Anforderungen genügen zu können, ohne der Verbesserung des öffentlichen Zustandes zu schaden. Wir standen also 1830 hinter keiner Nation des Continents zurück. Aber eine Insurrection, ein schwieriger Kampf eines Volkes mit seinem Nachbar mußte nothwendig einen großen Aufwand an Kräften, an Verlust von Zeit und lange Hemmung des Zuflusses seiner Einkünfte zur Folge haben. Rechnen wir nicht die mate¬ rielle Zerstörung von Werken aller Art durch den Brand von Antwerpen und Brüssel, durch die Überschwemmung der Polders, Plünderung und Verwüstung, was Alles leider in den vier ersten Jahren der Revolution häufiger und zerstörender bei uns eintrat, als es in andern Ländern unter ähnlichen Verhältnissen gewöhnlich der Fall ist. Berechnen wir nicht die von Belgien und Holland gemeinschaftlich erworbenen Nationalforderungen
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sowie die Jeremiaden derer, die es bemitleiden auf ihren wahren Werth
zurückzuführen.
„Wo waren wir 1830? Verleumden wir nicht die Vergangenheit.
Belgien hat in den fünfzehn Jahren der holländischen Herrschaft eine gute
Schule durchgemacht. Nur dürfen unsre Lehrmeister nicht wie pedantische
Schulfüchse sich allein das Verdienst ihrer besten Schüler zuschreiben......
die dem Lande einigermaßen zugestandene Erlaubniß sich selbst zu regieren,
Die halbe Wiederherstellung unserer alten Provincial- und Communalfreihei-
ten, ein Zolltarif, welcher den Ueberfluß und die Wohlfeilheit der kostbarsten
Rohstoffe sicherte und welcher, indem er fremde Concurrenz zuließ, unsere
Schaffungskraft und unsere in den letzten Jahren der französischen Herrschaft
vielleicht eingeschläferte produktive Thätigkeit durch die Leichtigkeit und Aus¬
dehnung der Absatzmärkte anspornte, endlich die Unterstützung der Staatsge¬
walt, welche eine große Anzahl von finanziellen Instituten und Manufac-
turen, wenn auch nur, um sie zu ihrem Vortheil auszubeuten und um ihre
Creaturen zu bereichern, gegründet hat, alle diese Umstände vereinigten sich
dazu den belgischen Gewerbfleiß anzutreiben und zu heben und selbst die
leidenschaftlichsten Feinde der holländischen Regierung haben kein Inte¬
resse mehr daran, dieß zu verkennen. Auch vermögen sie es nicht, die vie¬
len neuen Canäle und Heerstraßen, die Verschönerung so vieler Städte, die
Wiederherstellung so vieler Denkmäler, der Zuwachs der Bevölkerung, die
Wiederauflebung der Künste sprechen lauter als ihr Leugnen. Auch der
Zustand des damaligen Budgets widerspricht unserer Darstellung nicht. Denn
wenn auch schmähliche allerhöchste Räubereien und die uns aufgelegte Pflicht
den alten holländischen Nationalbankerott auszugleichen, fünfzehn Jahre lang
das Beste der Landeseinkünfte verschlungen haben, so ist es doch nicht min¬
der wahr, daß die Elemente dieser Einkünfte, die Beschäftigung des Arbei¬
ters und die Ersparungen des Capitalien außerordentlich zugenommen ha¬
ben, um so vielen ungerechten Anforderungen genügen zu können, ohne der
Verbesserung des öffentlichen Zustandes zu schaden. Wir standen also 1830
hinter keiner Nation des Continents zurück. Aber eine Insurrection, ein
schwieriger Kampf eines Volkes mit seinem Nachbar mußte nothwendig einen
großen Aufwand an Kräften, an Verlust von Zeit und lange Hemmung des
Zuflusses seiner Einkünfte zur Folge haben. Rechnen wir nicht die mate¬
rielle Zerstörung von Werken aller Art durch den Brand von Antwerpen
und Brüssel, durch die Überschwemmung der Polders, Plünderung und
Verwüstung, was Alles leider in den vier ersten Jahren der Revolution
häufiger und zerstörender bei uns eintrat, als es in andern Ländern unter
ähnlichen Verhältnissen gewöhnlich der Fall ist. Berechnen wir nicht die
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Die Grenzboten. Erster Jahrgang. Leipzig, 1841, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_179382_282158/268>, abgerufen am 22.11.2024.
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