die belgische Industrie von glücklichem Einflusse sein müssen. Aber diese Wirkungen seien nur ausnahmsweise eingetreten, und hätten von lauter zufälligen Umständen abgehangen. Dahin gehören, daß während des Krieges die englischen Waaren von fast allen europäischen Märkten ausgeschlossen wären, und Belgien nach England unter allen europäischen Ländern in industrieller Beziehung die erste Stellung behauptet habe. Die Tuchfabrication von Verviers habe leichtes Spiel gehabt, da ihr die deutsche Wolle frei ein¬ zufahren gestattet gewesen sei, ebenso die Baumwollenindustrie von Gent, die Eisenwerke von Lüttich, Namur und Gambloux, wegen der freien Zufuhr von Rohstoffen aus Deutschland, Amerika und Schweden. Allen diesen Artikeln, sowie besonders dem flandrischen Lumen, hätte das ungeheure Kaiserreich mit seinen Vasallenstaaten als Markt offen gestanden, Antwerpen sei der Hafen- und Speditionsplatz für die Rheinuferlande, und noch nie¬ mals seien die Rohstoffe in solchem Ueberflusse vorhanden gewesen. Das heutige Frankreich indeß hatte Belgien wenig zu verdienen gegeben. Verviers konnte in Frankreich nicht mit Sedan und Elboeuf concurriren, sondern setzte seine Tücher in Deutschland ab. Gent's Cattune gingen ins Ausland, denn für Frankreich sorgte Mühlhausen, Lille und Roubaix. Die Schmied- und Messerwaaren hatten damals in Frankreich einige Absatzwege, aber be dem hohen französischen Tarif für den Rohstoff würden sie bei einem Tausch des französischen Marktes mit denen, die ihnen jetzt offen stehen, nichts gewinnen. Der Antwerpener Hafen würde seine bisherigen Besucher aus Deutschland, dem Norden, Holland und Amerika verlieren, ohne daß er deswegen mehr als jetzt von französischen Schiffen besucht würde, deren natürliche Häfen im Canal und am atlantischen Meere seien. Wo wäre also im jetzigen Frankreich eine Entschädigung für die Droits reunis, das Salz-, das Tabaks-, das Schießpulver- und Waffenmonopol zu finden? Die damaligen egyptischen Fleischtöpfe seien verschwunden, nach Aufhebung des Continentalsystems, und Belgien würde doppelt und dreifach an außer- französischen Abnehmern verlieren, was es an französischen gewinne.
Bei Betrachtung der gegenwärtigen Verhältnisse fährt der Verfasser fort:
"Betrachten wir beide Länder in allen Beziehungen, die im Kreise der Erwägung liegen, so finden wir: in Belgien sind Production und Circu- lation aller Arten von Waaren und Bedürfnissen keine Monopolien zum Vortheile der Regierung oder von Privaten, die die Regierung repräsentieren; dagegen besteht in Frankreich das Monopol der Fabrikation und zum Theil auch des Verkaufs der Spielkarten, des Tabaks, des Schießpulvers, der Kriegswaffen und gewissermaßen des Bücherdrucks, da Niemand ohne ein Regierungspatent drucken darf.
die belgische Industrie von glücklichem Einflusse sein müssen. Aber diese Wirkungen seien nur ausnahmsweise eingetreten, und hätten von lauter zufälligen Umständen abgehangen. Dahin gehören, daß während des Krieges die englischen Waaren von fast allen europäischen Märkten ausgeschlossen wären, und Belgien nach England unter allen europäischen Ländern in industrieller Beziehung die erste Stellung behauptet habe. Die Tuchfabrication von Verviers habe leichtes Spiel gehabt, da ihr die deutsche Wolle frei ein¬ zufahren gestattet gewesen sei, ebenso die Baumwollenindustrie von Gent, die Eisenwerke von Lüttich, Namur und Gambloux, wegen der freien Zufuhr von Rohstoffen aus Deutschland, Amerika und Schweden. Allen diesen Artikeln, sowie besonders dem flandrischen Lumen, hätte das ungeheure Kaiserreich mit seinen Vasallenstaaten als Markt offen gestanden, Antwerpen sei der Hafen- und Speditionsplatz für die Rheinuferlande, und noch nie¬ mals seien die Rohstoffe in solchem Ueberflusse vorhanden gewesen. Das heutige Frankreich indeß hatte Belgien wenig zu verdienen gegeben. Verviers konnte in Frankreich nicht mit Sedan und Elboeuf concurriren, sondern setzte seine Tücher in Deutschland ab. Gent's Cattune gingen ins Ausland, denn für Frankreich sorgte Mühlhausen, Lille und Roubaix. Die Schmied- und Messerwaaren hatten damals in Frankreich einige Absatzwege, aber be dem hohen französischen Tarif für den Rohstoff würden sie bei einem Tausch des französischen Marktes mit denen, die ihnen jetzt offen stehen, nichts gewinnen. Der Antwerpener Hafen würde seine bisherigen Besucher aus Deutschland, dem Norden, Holland und Amerika verlieren, ohne daß er deswegen mehr als jetzt von französischen Schiffen besucht würde, deren natürliche Häfen im Canal und am atlantischen Meere seien. Wo wäre also im jetzigen Frankreich eine Entschädigung für die Droits reunis, das Salz-, das Tabaks-, das Schießpulver- und Waffenmonopol zu finden? Die damaligen egyptischen Fleischtöpfe seien verschwunden, nach Aufhebung des Continentalsystems, und Belgien würde doppelt und dreifach an außer- französischen Abnehmern verlieren, was es an französischen gewinne.
Bei Betrachtung der gegenwärtigen Verhältnisse fährt der Verfasser fort:
„Betrachten wir beide Länder in allen Beziehungen, die im Kreise der Erwägung liegen, so finden wir: in Belgien sind Production und Circu- lation aller Arten von Waaren und Bedürfnissen keine Monopolien zum Vortheile der Regierung oder von Privaten, die die Regierung repräsentieren; dagegen besteht in Frankreich das Monopol der Fabrikation und zum Theil auch des Verkaufs der Spielkarten, des Tabaks, des Schießpulvers, der Kriegswaffen und gewissermaßen des Bücherdrucks, da Niemand ohne ein Regierungspatent drucken darf.
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die belgische Industrie von glücklichem Einflusse sein müssen. Aber diese
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zufälligen Umständen abgehangen. Dahin gehören, daß während des Krieges
die englischen Waaren von fast allen europäischen Märkten ausgeschlossen
wären, und Belgien nach England unter allen europäischen Ländern in
industrieller Beziehung die erste Stellung behauptet habe. Die Tuchfabrication
von Verviers habe leichtes Spiel gehabt, da ihr die deutsche Wolle frei ein¬
zufahren gestattet gewesen sei, ebenso die Baumwollenindustrie von Gent,
die Eisenwerke von Lüttich, Namur und Gambloux, wegen der freien Zufuhr
von Rohstoffen aus Deutschland, Amerika und Schweden. Allen diesen
Artikeln, sowie besonders dem flandrischen Lumen, hätte das ungeheure
Kaiserreich mit seinen Vasallenstaaten als Markt offen gestanden, Antwerpen
sei der Hafen- und Speditionsplatz für die Rheinuferlande, und noch nie¬
mals seien die Rohstoffe in solchem Ueberflusse vorhanden gewesen. Das
heutige Frankreich indeß hatte Belgien wenig zu verdienen gegeben. Verviers
konnte in Frankreich nicht mit Sedan und Elboeuf concurriren, sondern
setzte seine Tücher in Deutschland ab. Gent's Cattune gingen ins Ausland,
denn für Frankreich sorgte Mühlhausen, Lille und Roubaix. Die Schmied-
und Messerwaaren hatten damals in Frankreich einige Absatzwege, aber be
dem hohen französischen Tarif für den Rohstoff würden sie bei einem Tausch
des französischen Marktes mit denen, die ihnen jetzt offen stehen, nichts
gewinnen. Der Antwerpener Hafen würde seine bisherigen Besucher aus
Deutschland, dem Norden, Holland und Amerika verlieren, ohne daß er
deswegen mehr als jetzt von französischen Schiffen besucht würde, deren
natürliche Häfen im Canal und am atlantischen Meere seien. Wo wäre
also im jetzigen Frankreich eine Entschädigung für die Droits reunis, das
Salz-, das Tabaks-, das Schießpulver- und Waffenmonopol zu finden?
Die damaligen egyptischen Fleischtöpfe seien verschwunden, nach Aufhebung
des Continentalsystems, und Belgien würde doppelt und dreifach an außer-
französischen Abnehmern verlieren, was es an französischen gewinne.
Bei Betrachtung der gegenwärtigen Verhältnisse fährt der Verfasser fort:
„Betrachten wir beide Länder in allen Beziehungen, die im Kreise der
Erwägung liegen, so finden wir: in Belgien sind Production und Circu-
lation aller Arten von Waaren und Bedürfnissen keine Monopolien zum
Vortheile der Regierung oder von Privaten, die die Regierung repräsentieren;
dagegen besteht in Frankreich das Monopol der Fabrikation und zum Theil
auch des Verkaufs der Spielkarten, des Tabaks, des Schießpulvers, der
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Die Grenzboten. Erster Jahrgang. Leipzig, 1841, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_179382_282158/265>, abgerufen am 16.02.2025.
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