Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Erster Jahrgang. Leipzig, 1841.

Bild:
<< vorherige Seite
Doch nun gehab' dich wohl! Begrabe mich
Unter den Purpur! Denk', ich sei nicht mehr;
Versuch' es, Freund, es lernt sich der Gedanke!
Heinrich.
Verlaßt nicht unsern Hof! Wenn ihr's verneint,
Dies Haus mit uns zu theilen, bleibt in Bingen,
In jener Veste, die euch angewiesen!
Sie ist euch Ruh' und Schutz. Nur wenig Monden,
Und die Erregung unsrer Lande schweigt,
Der Unmuth, der euch traf, ist dann bezähmt,
Ist ohne Gegenstand, sobald ich selbst
Den Schlüssel bringe, den die Kirche hegt,
Um eure Zuflucht aufzuthun, die Schranken,
Die kurze, letzte Trennung abzubrechen.
Kaiser.
Nicht so! Nicht eines Augenblickes Weile
In den Verschluß, in deines Schutzes Haft!
Umsonst, umsonst, du schüttest deine Worte
Wie Eisenringe einzeln aus dem Mund,
Ich nehme sie nicht auf, mich anzuketten.
Halt deinen Hof in Mainz, hier, wo du willst;
Ich zier' ihn nicht! Du siehst, ich bin entblößt,
Es fehlt mir jeder Titel, dir zu folgen!
Ich finde eine Hütte wohl, ein Dach,
Das halb den Himmel ausschließt, halb ihn zeigt,
Wohl eine Kluft, der Freude feindlich, offen.
Was kümmert's uns? Es braucht nicht der Gesellschaft,
Der Freiheit nur, des offnen Wegs und Lichts!
Heinrich.
Es ist unmöglich! Wenn ihr selber euch
Aufgebt und bloßstellt, muß ich für euch wachen.
Kaiser.
Für mich nicht, hab' ein Auge für dein Volk,
Auf jeden Schritt, auf jedes Schwerts Bewegung!
Sei drei- und vierfach und bewache so
An jedem Ende deiner Grenzen Raum,
Beachte alle Reden und Gespräch,
Dich selbst, den Blick, die Lippen, Farb' und Haar;
Doch nun gehab' dich wohl! Begrabe mich
Unter den Purpur! Denk', ich sei nicht mehr;
Versuch' es, Freund, es lernt sich der Gedanke!
Heinrich.
Verlaßt nicht unsern Hof! Wenn ihr's verneint,
Dies Haus mit uns zu theilen, bleibt in Bingen,
In jener Veste, die euch angewiesen!
Sie ist euch Ruh' und Schutz. Nur wenig Monden,
Und die Erregung unsrer Lande schweigt,
Der Unmuth, der euch traf, ist dann bezähmt,
Ist ohne Gegenstand, sobald ich selbst
Den Schlüssel bringe, den die Kirche hegt,
Um eure Zuflucht aufzuthun, die Schranken,
Die kurze, letzte Trennung abzubrechen.
Kaiser.
Nicht so! Nicht eines Augenblickes Weile
In den Verschluß, in deines Schutzes Haft!
Umsonst, umsonst, du schüttest deine Worte
Wie Eisenringe einzeln aus dem Mund,
Ich nehme sie nicht auf, mich anzuketten.
Halt deinen Hof in Mainz, hier, wo du willst;
Ich zier' ihn nicht! Du siehst, ich bin entblößt,
Es fehlt mir jeder Titel, dir zu folgen!
Ich finde eine Hütte wohl, ein Dach,
Das halb den Himmel ausschließt, halb ihn zeigt,
Wohl eine Kluft, der Freude feindlich, offen.
Was kümmert's uns? Es braucht nicht der Gesellschaft,
Der Freiheit nur, des offnen Wegs und Lichts!
Heinrich.
Es ist unmöglich! Wenn ihr selber euch
Aufgebt und bloßstellt, muß ich für euch wachen.
Kaiser.
Für mich nicht, hab' ein Auge für dein Volk,
Auf jeden Schritt, auf jedes Schwerts Bewegung!
Sei drei- und vierfach und bewache so
An jedem Ende deiner Grenzen Raum,
Beachte alle Reden und Gespräch,
Dich selbst, den Blick, die Lippen, Farb' und Haar;
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp>
            <p><pb corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/179573" facs="#f0190" n="182"/>
Doch nun gehab' dich wohl! Begrabe mich<lb/>
Unter den Purpur! Denk', ich sei nicht mehr;<lb/>
Versuch' es, Freund, es lernt sich der Gedanke!</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker> <hi rendition="#c #g">Heinrich.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Verlaßt nicht unsern Hof! Wenn ihr's verneint,<lb/>
Dies Haus mit uns zu theilen, bleibt in Bingen,<lb/>
In jener Veste, die euch angewiesen!<lb/>
Sie ist euch Ruh' und Schutz. Nur wenig Monden,<lb/>
Und die Erregung unsrer Lande schweigt,<lb/>
Der Unmuth, der euch traf, ist dann bezähmt,<lb/>
Ist ohne Gegenstand, sobald ich selbst<lb/>
Den Schlüssel bringe, den die Kirche hegt,<lb/>
Um eure Zuflucht aufzuthun, die Schranken,<lb/>
Die kurze, letzte Trennung abzubrechen.</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker> <hi rendition="#c #g">Kaiser.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Nicht so! Nicht eines Augenblickes Weile<lb/>
In den Verschluß, in deines Schutzes Haft!<lb/>
Umsonst, umsonst, du schüttest deine Worte<lb/>
Wie Eisenringe einzeln aus dem Mund,<lb/>
Ich nehme sie nicht auf, mich anzuketten.<lb/>
Halt deinen Hof in Mainz, hier, wo du willst;<lb/>
Ich zier' ihn nicht! Du siehst, ich bin entblößt,<lb/>
Es fehlt mir jeder Titel, dir zu folgen!<lb/>
Ich finde eine Hütte wohl, ein Dach,<lb/>
Das halb den Himmel ausschließt, halb ihn zeigt,<lb/>
Wohl eine Kluft, der Freude feindlich, offen.<lb/>
Was kümmert's uns? Es braucht nicht der Gesellschaft,<lb/>
Der Freiheit nur, des offnen Wegs und Lichts!</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker> <hi rendition="#c #g">Heinrich.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Es ist unmöglich! Wenn ihr selber euch<lb/>
Aufgebt und bloßstellt, muß ich für euch wachen.</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker> <hi rendition="#c #g">Kaiser.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Für mich nicht, hab' ein Auge für dein Volk,<lb/>
Auf jeden Schritt, auf jedes Schwerts Bewegung!<lb/>
Sei drei- und vierfach und bewache so<lb/>
An jedem Ende deiner Grenzen Raum,<lb/>
Beachte alle Reden und Gespräch,<lb/>
Dich selbst, den Blick, die Lippen, Farb' und Haar;<lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[182/0190] Doch nun gehab' dich wohl! Begrabe mich Unter den Purpur! Denk', ich sei nicht mehr; Versuch' es, Freund, es lernt sich der Gedanke! Heinrich. Verlaßt nicht unsern Hof! Wenn ihr's verneint, Dies Haus mit uns zu theilen, bleibt in Bingen, In jener Veste, die euch angewiesen! Sie ist euch Ruh' und Schutz. Nur wenig Monden, Und die Erregung unsrer Lande schweigt, Der Unmuth, der euch traf, ist dann bezähmt, Ist ohne Gegenstand, sobald ich selbst Den Schlüssel bringe, den die Kirche hegt, Um eure Zuflucht aufzuthun, die Schranken, Die kurze, letzte Trennung abzubrechen. Kaiser. Nicht so! Nicht eines Augenblickes Weile In den Verschluß, in deines Schutzes Haft! Umsonst, umsonst, du schüttest deine Worte Wie Eisenringe einzeln aus dem Mund, Ich nehme sie nicht auf, mich anzuketten. Halt deinen Hof in Mainz, hier, wo du willst; Ich zier' ihn nicht! Du siehst, ich bin entblößt, Es fehlt mir jeder Titel, dir zu folgen! Ich finde eine Hütte wohl, ein Dach, Das halb den Himmel ausschließt, halb ihn zeigt, Wohl eine Kluft, der Freude feindlich, offen. Was kümmert's uns? Es braucht nicht der Gesellschaft, Der Freiheit nur, des offnen Wegs und Lichts! Heinrich. Es ist unmöglich! Wenn ihr selber euch Aufgebt und bloßstellt, muß ich für euch wachen. Kaiser. Für mich nicht, hab' ein Auge für dein Volk, Auf jeden Schritt, auf jedes Schwerts Bewegung! Sei drei- und vierfach und bewache so An jedem Ende deiner Grenzen Raum, Beachte alle Reden und Gespräch, Dich selbst, den Blick, die Lippen, Farb' und Haar;

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-11-19T17:23:38Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Bayerische Staatbibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Signatur Per 61 k-1). (2013-11-19T17:23:38Z)

Weitere Informationen:

Art der Texterfassung: OCR.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_179382_282158
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_179382_282158/190
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Erster Jahrgang. Leipzig, 1841, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_179382_282158/190>, abgerufen am 24.11.2024.