Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Graßmann, Hermann: Die Wissenschaft der extensiven Grösse oder die Ausdehnungslehre, eine neue mathematische Disciplin. Bd. 1. Leipzig, 1844.

Bild:
<< vorherige Seite

§ 74 Gesetz für die Verknüpfung der Zahlengrössen.
a (b + g) = ab + ag
ist. Es ist nach der Definition des Produktes (§ 70)
P . a (b + g) = P a . (b + g),
wo der Punkt zugleich die Stelle der Klammern vertreten soll, der
Ausdruck der rechten Seite ist aber nach dem vorigen §
= P a . b + P a . g
= P . a b + P . a g.

Also ist wiederum nach dem vorigen §, da
P . a (b + g) = P . a b + P . a g
ist, auch a (b + g) = ab + ag. Durch Verknüpfung dieses Resul-
tates mit den früher gewonnenen gelangen wir nun zu dem allge-
meinen Lehrsatze:

"Alle Gesetze der arithmetischen Verknüpfungen gelten auch
für die Verknüpfungen der Zahlengrössen unter sich und mit
den Ausdehnungen; und alle Gesetze der äusseren Multiplika-
tion und ihrer Beziehung zur Addition und Subtraktion bleiben
bestehen, auch wenn man die Zahlengrösse als Ausdehnungs-
grösse null-ter Stufe nimmt, nur dass das Resultat der Divi-
sion mit ihr ein bestimmtes wird."

Wenden wir den Begriff der Abhängigkeit, wie wir ihn in § 55
für Ausdehnungen aufstellten, auch auf die Zahlengrössen an, als
Ausdehnungsgrössen null-ter Stufe, so zeigt sich, dass diese immer
unter sich und von allen Ausdehnungsgrössen unabhängig gedacht
werden müssen, wenn nicht etwa eine dieser Grössen null wird.
Die Null hingegen erscheint nach § 32 immer als abhängig. Auf der
andern Seite erscheinen die Zahlengrössen stets als einander gleich-
artig.

§ 74. Da wir schon in den Anwendungen zu den vorigen Ka-
piteln der leichteren Uebersicht wegen die Zahlengrösse mit aufge-
nommen hatten: so bleibt uns hier nur noch übrig, die hier ge-
wählte Methode auf die Geometrie anzuwenden. Es ist als ein we-
sentlicher Uebelstand bei den bisherigen Darstellungen der Geome-
trie zu betrachten, dass man bei der Behandlung der Aehnlichkeits-
lehre auf diskrete Zahlenverhältnisse zurückzugehen pflegt. Dies
Verfahren, was sich zuerst leicht darbietet, verwickelt, wie wir schon
oben andeuteten, bald genug in die schwierigen Untersuchungen
über inkommensurable Grössen; und es rächt sich das Aufgeben

§ 74 Gesetz für die Verknüpfung der Zahlengrössen.
α (β + γ) = αβ + αγ
ist. Es ist nach der Definition des Produktes (§ 70)
P . α (β + γ) = P α . (β + γ),
wo der Punkt zugleich die Stelle der Klammern vertreten soll, der
Ausdruck der rechten Seite ist aber nach dem vorigen §
= P α . β + P α . γ
= P . α β + P . α γ.

Also ist wiederum nach dem vorigen §, da
P . α (β + γ) = P . α β + P . α γ
ist, auch α (β + γ) = αβ + αγ. Durch Verknüpfung dieses Resul-
tates mit den früher gewonnenen gelangen wir nun zu dem allge-
meinen Lehrsatze:

„Alle Gesetze der arithmetischen Verknüpfungen gelten auch
für die Verknüpfungen der Zahlengrössen unter sich und mit
den Ausdehnungen; und alle Gesetze der äusseren Multiplika-
tion und ihrer Beziehung zur Addition und Subtraktion bleiben
bestehen, auch wenn man die Zahlengrösse als Ausdehnungs-
grösse null-ter Stufe nimmt, nur dass das Resultat der Divi-
sion mit ihr ein bestimmtes wird.“

Wenden wir den Begriff der Abhängigkeit, wie wir ihn in § 55
für Ausdehnungen aufstellten, auch auf die Zahlengrössen an, als
Ausdehnungsgrössen null-ter Stufe, so zeigt sich, dass diese immer
unter sich und von allen Ausdehnungsgrössen unabhängig gedacht
werden müssen, wenn nicht etwa eine dieser Grössen null wird.
Die Null hingegen erscheint nach § 32 immer als abhängig. Auf der
andern Seite erscheinen die Zahlengrössen stets als einander gleich-
artig.

§ 74. Da wir schon in den Anwendungen zu den vorigen Ka-
piteln der leichteren Uebersicht wegen die Zahlengrösse mit aufge-
nommen hatten: so bleibt uns hier nur noch übrig, die hier ge-
wählte Methode auf die Geometrie anzuwenden. Es ist als ein we-
sentlicher Uebelstand bei den bisherigen Darstellungen der Geome-
trie zu betrachten, dass man bei der Behandlung der Aehnlichkeits-
lehre auf diskrete Zahlenverhältnisse zurückzugehen pflegt. Dies
Verfahren, was sich zuerst leicht darbietet, verwickelt, wie wir schon
oben andeuteten, bald genug in die schwierigen Untersuchungen
über inkommensurable Grössen; und es rächt sich das Aufgeben

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0145" n="109"/><fw place="top" type="header">§ 74 Gesetz für die Verknüpfung der Zahlengrössen.</fw><lb/><hi rendition="#c">&#x03B1; (&#x03B2; + &#x03B3;) = &#x03B1;&#x03B2; + &#x03B1;&#x03B3;</hi><lb/>
ist. Es ist nach der Definition des Produktes (§ 70)<lb/><hi rendition="#c">P . &#x03B1; (&#x03B2; + &#x03B3;) = P &#x03B1; . (&#x03B2; + &#x03B3;),</hi><lb/>
wo der Punkt zugleich die Stelle der Klammern vertreten soll, der<lb/>
Ausdruck der rechten Seite ist aber nach dem vorigen §<lb/><hi rendition="#c">= P &#x03B1; . &#x03B2; + P &#x03B1; . &#x03B3;<lb/>
= P . &#x03B1; &#x03B2; + P . &#x03B1; &#x03B3;.</hi><lb/>
Also ist wiederum nach dem vorigen §, da<lb/><hi rendition="#c">P . &#x03B1; (&#x03B2; + &#x03B3;) = P . &#x03B1; &#x03B2; + P . &#x03B1; &#x03B3;</hi><lb/>
ist, auch &#x03B1; (&#x03B2; + &#x03B3;) = &#x03B1;&#x03B2; + &#x03B1;&#x03B3;. Durch Verknüpfung dieses Resul-<lb/>
tates mit den früher gewonnenen gelangen wir nun zu dem allge-<lb/>
meinen Lehrsatze:</p><lb/>
          <cit>
            <quote>&#x201E;Alle Gesetze der arithmetischen Verknüpfungen gelten auch<lb/>
für die Verknüpfungen der Zahlengrössen unter sich und mit<lb/>
den Ausdehnungen; und alle Gesetze der äusseren Multiplika-<lb/>
tion und ihrer Beziehung zur Addition und Subtraktion bleiben<lb/>
bestehen, auch wenn man die Zahlengrösse als Ausdehnungs-<lb/>
grösse null-ter Stufe nimmt, nur dass das Resultat der Divi-<lb/>
sion mit ihr ein bestimmtes wird.&#x201C;</quote>
          </cit><lb/>
          <p>Wenden wir den Begriff der Abhängigkeit, wie wir ihn in § 55<lb/>
für Ausdehnungen aufstellten, auch auf die Zahlengrössen an, als<lb/>
Ausdehnungsgrössen null-ter Stufe, so zeigt sich, dass diese immer<lb/>
unter sich und von allen Ausdehnungsgrössen unabhängig gedacht<lb/>
werden müssen, wenn nicht etwa eine dieser Grössen null wird.<lb/>
Die Null hingegen erscheint nach § 32 immer als abhängig. Auf der<lb/>
andern Seite erscheinen die Zahlengrössen stets als einander gleich-<lb/>
artig.</p><lb/>
          <p>§ 74. Da wir schon in den Anwendungen zu den vorigen Ka-<lb/>
piteln der leichteren Uebersicht wegen die Zahlengrösse mit aufge-<lb/>
nommen hatten: so bleibt uns hier nur noch übrig, die hier ge-<lb/>
wählte Methode auf die Geometrie anzuwenden. Es ist als ein we-<lb/>
sentlicher Uebelstand bei den bisherigen Darstellungen der Geome-<lb/>
trie zu betrachten, dass man bei der Behandlung der Aehnlichkeits-<lb/>
lehre auf diskrete Zahlenverhältnisse zurückzugehen pflegt. Dies<lb/>
Verfahren, was sich zuerst leicht darbietet, verwickelt, wie wir schon<lb/>
oben andeuteten, bald genug in die schwierigen Untersuchungen<lb/>
über inkommensurable Grössen; und es rächt sich das Aufgeben<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[109/0145] § 74 Gesetz für die Verknüpfung der Zahlengrössen. α (β + γ) = αβ + αγ ist. Es ist nach der Definition des Produktes (§ 70) P . α (β + γ) = P α . (β + γ), wo der Punkt zugleich die Stelle der Klammern vertreten soll, der Ausdruck der rechten Seite ist aber nach dem vorigen § = P α . β + P α . γ = P . α β + P . α γ. Also ist wiederum nach dem vorigen §, da P . α (β + γ) = P . α β + P . α γ ist, auch α (β + γ) = αβ + αγ. Durch Verknüpfung dieses Resul- tates mit den früher gewonnenen gelangen wir nun zu dem allge- meinen Lehrsatze: „Alle Gesetze der arithmetischen Verknüpfungen gelten auch für die Verknüpfungen der Zahlengrössen unter sich und mit den Ausdehnungen; und alle Gesetze der äusseren Multiplika- tion und ihrer Beziehung zur Addition und Subtraktion bleiben bestehen, auch wenn man die Zahlengrösse als Ausdehnungs- grösse null-ter Stufe nimmt, nur dass das Resultat der Divi- sion mit ihr ein bestimmtes wird.“ Wenden wir den Begriff der Abhängigkeit, wie wir ihn in § 55 für Ausdehnungen aufstellten, auch auf die Zahlengrössen an, als Ausdehnungsgrössen null-ter Stufe, so zeigt sich, dass diese immer unter sich und von allen Ausdehnungsgrössen unabhängig gedacht werden müssen, wenn nicht etwa eine dieser Grössen null wird. Die Null hingegen erscheint nach § 32 immer als abhängig. Auf der andern Seite erscheinen die Zahlengrössen stets als einander gleich- artig. § 74. Da wir schon in den Anwendungen zu den vorigen Ka- piteln der leichteren Uebersicht wegen die Zahlengrösse mit aufge- nommen hatten: so bleibt uns hier nur noch übrig, die hier ge- wählte Methode auf die Geometrie anzuwenden. Es ist als ein we- sentlicher Uebelstand bei den bisherigen Darstellungen der Geome- trie zu betrachten, dass man bei der Behandlung der Aehnlichkeits- lehre auf diskrete Zahlenverhältnisse zurückzugehen pflegt. Dies Verfahren, was sich zuerst leicht darbietet, verwickelt, wie wir schon oben andeuteten, bald genug in die schwierigen Untersuchungen über inkommensurable Grössen; und es rächt sich das Aufgeben

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grassmann_ausdehnungslehre_1844
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grassmann_ausdehnungslehre_1844/145
Zitationshilfe: Graßmann, Hermann: Die Wissenschaft der extensiven Grösse oder die Ausdehnungslehre, eine neue mathematische Disciplin. Bd. 1. Leipzig, 1844, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grassmann_ausdehnungslehre_1844/145>, abgerufen am 28.04.2024.