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Graßmann, Hermann: Die Wissenschaft der extensiven Grösse oder die Ausdehnungslehre, eine neue mathematische Disciplin. Bd. 1. Leipzig, 1844.

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§ 43 Gesammtmoment. -- Gleichgewicht fester Körper.
gesetzt gleich; folglich sind auch beide Momente einander entge-
gengesetzt gleich, also ihre Summe null. Da nun das Gesammt-
moment jedes einzelnen Paares der inneren Kräfte null ist, so ist
auch das aller Paare, d. h. aller inneren Kräfte null. Auf ganz
entsprechende Weise, wie wir dies in Bezug auf eine Axe darge-
than haben, ergiebt es sich auch in Bezug auf einen Punkt, wenn
alles in derselben Ebene liegt, weshalb wir uns dieses Beweises
entschlagen dürfen.

§ 43. Da nun die einem Punkte mitgetheilte Bewegung stets
gleich ist der ihm mitgetheilten Kraft, so wird auch das Gesammt-
moment der einem Punktvereine innerhalb eines Zeitraums mitge-
theilten Bewegungen gleich dem Gesammtmoment der ihm während
dieser Zeit mitgetheilten Kräfte sein, und da das der inneren Kräfte
null ist, gleich dem Gesammtmomente der jenem Punktverein
von aussen mitgetheilten Kräfte, und zwar in Bezug auf jede belie-
bige Axe, und, wenn die Kräfte in derselben Ebene liegen, auch
in Bezug auf jeden Punkt derselben. Dies Gesetz, was hier in
einer so einfachen Form erscheint, ist von der grössten Allgemein-
heit und überall aufs leichteste anwendbar. Soll z. B. Gleichge-
wicht statt finden; so müssen die mitgetheilten Bewegungen alle
null sein, also auch deren Gesammtmoment, und man hat also
für's Gleichgewicht die Bedingung, dass das Gesammtmoment der
von aussen mitgetheilten Kräfte in Bezug auf jede Axe null sein
muss; so auch namentlich bei festen Körpern, bei welchen die
Kräfte, die den festen Zustand erhalten, als innere erscheinen. Ist
aber der feste Körper in einem Punkte oder in einer Linie be-
festigt, um welche er sich frei schwenkt, so ist die Kraft, durch
welche jener Punkt oder jene Linie desselben in ihrer festen Lage
erhalten wird, eine äussere, die aber nur als Widerstand leistende
aufgefasst und daher zunächst als unbekannte gesetzt wird. Man
hat daher, um die Bedingungsgleichung des Gleichgewichts zu
finden, jene unbekannte Kraft herauszuschaffen. Dies geschieht
vermittelst unserer Analyse auf's leichteste. Ist nämlich a der
feste Punkt, x die Widerstand leistende Kraft, welche diesen Punkt
fest erhält, so muss man die Axe (rs), in Bezug auf welche man
die Momentgleichung nimmt, so wählen, dass das Moment der
Kraft x verschwindet, d. h. [rs]. [sa]. x = 0 wird, für jeden be-

§ 43 Gesammtmoment. — Gleichgewicht fester Körper.
gesetzt gleich; folglich sind auch beide Momente einander entge-
gengesetzt gleich, also ihre Summe null. Da nun das Gesammt-
moment jedes einzelnen Paares der inneren Kräfte null ist, so ist
auch das aller Paare, d. h. aller inneren Kräfte null. Auf ganz
entsprechende Weise, wie wir dies in Bezug auf eine Axe darge-
than haben, ergiebt es sich auch in Bezug auf einen Punkt, wenn
alles in derselben Ebene liegt, weshalb wir uns dieses Beweises
entschlagen dürfen.

§ 43. Da nun die einem Punkte mitgetheilte Bewegung stets
gleich ist der ihm mitgetheilten Kraft, so wird auch das Gesammt-
moment der einem Punktvereine innerhalb eines Zeitraums mitge-
theilten Bewegungen gleich dem Gesammtmoment der ihm während
dieser Zeit mitgetheilten Kräfte sein, und da das der inneren Kräfte
null ist, gleich dem Gesammtmomente der jenem Punktverein
von aussen mitgetheilten Kräfte, und zwar in Bezug auf jede belie-
bige Axe, und, wenn die Kräfte in derselben Ebene liegen, auch
in Bezug auf jeden Punkt derselben. Dies Gesetz, was hier in
einer so einfachen Form erscheint, ist von der grössten Allgemein-
heit und überall aufs leichteste anwendbar. Soll z. B. Gleichge-
wicht statt finden; so müssen die mitgetheilten Bewegungen alle
null sein, also auch deren Gesammtmoment, und man hat also
für’s Gleichgewicht die Bedingung, dass das Gesammtmoment der
von aussen mitgetheilten Kräfte in Bezug auf jede Axe null sein
muss; so auch namentlich bei festen Körpern, bei welchen die
Kräfte, die den festen Zustand erhalten, als innere erscheinen. Ist
aber der feste Körper in einem Punkte oder in einer Linie be-
festigt, um welche er sich frei schwenkt, so ist die Kraft, durch
welche jener Punkt oder jene Linie desselben in ihrer festen Lage
erhalten wird, eine äussere, die aber nur als Widerstand leistende
aufgefasst und daher zunächst als unbekannte gesetzt wird. Man
hat daher, um die Bedingungsgleichung des Gleichgewichts zu
finden, jene unbekannte Kraft herauszuschaffen. Dies geschieht
vermittelst unserer Analyse auf’s leichteste. Ist nämlich α der
feste Punkt, x die Widerstand leistende Kraft, welche diesen Punkt
fest erhält, so muss man die Axe (ρσ), in Bezug auf welche man
die Momentgleichung nimmt, so wählen, dass das Moment der
Kraft x verschwindet, d. h. [ρσ]. [σα]. x = 0 wird, für jeden be-

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[69/0105] § 43 Gesammtmoment. — Gleichgewicht fester Körper. gesetzt gleich; folglich sind auch beide Momente einander entge- gengesetzt gleich, also ihre Summe null. Da nun das Gesammt- moment jedes einzelnen Paares der inneren Kräfte null ist, so ist auch das aller Paare, d. h. aller inneren Kräfte null. Auf ganz entsprechende Weise, wie wir dies in Bezug auf eine Axe darge- than haben, ergiebt es sich auch in Bezug auf einen Punkt, wenn alles in derselben Ebene liegt, weshalb wir uns dieses Beweises entschlagen dürfen. § 43. Da nun die einem Punkte mitgetheilte Bewegung stets gleich ist der ihm mitgetheilten Kraft, so wird auch das Gesammt- moment der einem Punktvereine innerhalb eines Zeitraums mitge- theilten Bewegungen gleich dem Gesammtmoment der ihm während dieser Zeit mitgetheilten Kräfte sein, und da das der inneren Kräfte null ist, gleich dem Gesammtmomente der jenem Punktverein von aussen mitgetheilten Kräfte, und zwar in Bezug auf jede belie- bige Axe, und, wenn die Kräfte in derselben Ebene liegen, auch in Bezug auf jeden Punkt derselben. Dies Gesetz, was hier in einer so einfachen Form erscheint, ist von der grössten Allgemein- heit und überall aufs leichteste anwendbar. Soll z. B. Gleichge- wicht statt finden; so müssen die mitgetheilten Bewegungen alle null sein, also auch deren Gesammtmoment, und man hat also für’s Gleichgewicht die Bedingung, dass das Gesammtmoment der von aussen mitgetheilten Kräfte in Bezug auf jede Axe null sein muss; so auch namentlich bei festen Körpern, bei welchen die Kräfte, die den festen Zustand erhalten, als innere erscheinen. Ist aber der feste Körper in einem Punkte oder in einer Linie be- festigt, um welche er sich frei schwenkt, so ist die Kraft, durch welche jener Punkt oder jene Linie desselben in ihrer festen Lage erhalten wird, eine äussere, die aber nur als Widerstand leistende aufgefasst und daher zunächst als unbekannte gesetzt wird. Man hat daher, um die Bedingungsgleichung des Gleichgewichts zu finden, jene unbekannte Kraft herauszuschaffen. Dies geschieht vermittelst unserer Analyse auf’s leichteste. Ist nämlich α der feste Punkt, x die Widerstand leistende Kraft, welche diesen Punkt fest erhält, so muss man die Axe (ρσ), in Bezug auf welche man die Momentgleichung nimmt, so wählen, dass das Moment der Kraft x verschwindet, d. h. [ρσ]. [σα]. x = 0 wird, für jeden be-

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Zitationshilfe: Graßmann, Hermann: Die Wissenschaft der extensiven Grösse oder die Ausdehnungslehre, eine neue mathematische Disciplin. Bd. 1. Leipzig, 1844, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grassmann_ausdehnungslehre_1844/105>, abgerufen am 28.04.2024.