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Grabbe, Christian Dietrich: Napoleon oder Die hundert Tage. Frankfurt (Main), 1831.

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der da ist einer -- und zwar von den Ingrim-
migen, nicht still und traurig wie du --
Der alte Officier.
Freund, ich habe Familie --
Chassecoeur.
Ja so -- Doch der da hat keine. -- Am ab-
getragenen, faserigen Ueberrock, den er so zornig
schüttelt, an den alten Militärcamaschen, mit denen
er auftritt, als ging' es über Leichen, und dem
blutdunkelnden Auge erkennt man ihn mitten in
dem Hefen des vornehmen und niedrigen Gesindels,
eines so schlecht als das andere. Tod und Hölle,
der ist von anderem Stahl als die neuen königli-
chen Haustruppen, vor denen jetzt Sieger von Ma-
rengo das Gewehr präsentiren müssen. Der lief
nicht den Bourbons nach, als sie wegliefen -- Ge-
schmiedet ist er in den Batteriefeuern von Auster-
litz oder Borodino!
Vitry.
Bruder, welch ein Tag, als unsere Lanzenreiter
durch die östlichen Thore von Moskau auf den We-
gen nach Asien hinsprengten!
Chassecoeur.
Ja, da konnte man noch denken in den Schatz-
der da iſt einer — und zwar von den Ingrim-
migen, nicht ſtill und traurig wie du —
Der alte Officier.
Freund, ich habe Familie —
Chaſſecoeur.
Ja ſo — Doch der da hat keine. — Am ab-
getragenen, faſerigen Ueberrock, den er ſo zornig
ſchüttelt, an den alten Militärcamaſchen, mit denen
er auftritt, als ging’ es über Leichen, und dem
blutdunkelnden Auge erkennt man ihn mitten in
dem Hefen des vornehmen und niedrigen Geſindels,
eines ſo ſchlecht als das andere. Tod und Hölle,
der iſt von anderem Stahl als die neuen königli-
chen Haustruppen, vor denen jetzt Sieger von Ma-
rengo das Gewehr präſentiren müſſen. Der lief
nicht den Bourbons nach, als ſie wegliefen — Ge-
ſchmiedet iſt er in den Batteriefeuern von Auſter-
litz oder Borodino!
Vitry.
Bruder, welch ein Tag, als unſere Lanzenreiter
durch die öſtlichen Thore von Moskau auf den We-
gen nach Aſien hinſprengten!
Chaſſecoeur.
Ja, da konnte man noch denken in den Schatz-
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[18/0026] der da iſt einer — und zwar von den Ingrim- migen, nicht ſtill und traurig wie du — Der alte Officier. Freund, ich habe Familie — Chaſſecoeur. Ja ſo — Doch der da hat keine. — Am ab- getragenen, faſerigen Ueberrock, den er ſo zornig ſchüttelt, an den alten Militärcamaſchen, mit denen er auftritt, als ging’ es über Leichen, und dem blutdunkelnden Auge erkennt man ihn mitten in dem Hefen des vornehmen und niedrigen Geſindels, eines ſo ſchlecht als das andere. Tod und Hölle, der iſt von anderem Stahl als die neuen königli- chen Haustruppen, vor denen jetzt Sieger von Ma- rengo das Gewehr präſentiren müſſen. Der lief nicht den Bourbons nach, als ſie wegliefen — Ge- ſchmiedet iſt er in den Batteriefeuern von Auſter- litz oder Borodino! Vitry. Bruder, welch ein Tag, als unſere Lanzenreiter durch die öſtlichen Thore von Moskau auf den We- gen nach Aſien hinſprengten! Chaſſecoeur. Ja, da konnte man noch denken in den Schatz-

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Zitationshilfe: Grabbe, Christian Dietrich: Napoleon oder Die hundert Tage. Frankfurt (Main), 1831, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grabbe_napoleon_1831/26>, abgerufen am 29.03.2024.