Grabbe, Christian Dietrich: Napoleon oder Die hundert Tage. Frankfurt (Main), 1831. Viele aus dem Volk. Still! still! -- Der große Monarch! Schneidermeister. Erhöbe sich der König nur nicht, bliebe er nur ruhig sitzen, und verdeckte seine Frackschöße, denn von allen im Universum sind sie die abscheulichsten. Weit auseinander klaffend! Ist das französisch? Es ist nicht einmal englisch -- es ist barbarisch! An dem Kleide den Mann -- wer sich albern kleidet, ist albern -- Aus mit unserm schönen Lande! -- So gewiß die Revolution nicht entste- hen konnte, wenn man Reifrock, Perücke und Pu- der beibehalten und sich daher wohl gehütet hätte, einander auf den Leib oder in die Haare zu kom- men, so sicher kann die königliche Würde nicht be- stehen, wenn der König durch seine Frackschöße eine Sache zeigt, die zwar auch groß und gewal- tig, aber nichts minder als majestätisch ist. (Man hört den König reden.) Eine Dame der Halle. Ach -- das ist zum Herzbrechen -- Volk. Lang lebe der König! (Die Kutsche des Königs fährt weiter.) Schneidermeister. Was sprach er? Viele aus dem Volk. Still! ſtill! — Der große Monarch! Schneidermeiſter. Erhöbe ſich der König nur nicht, bliebe er nur ruhig ſitzen, und verdeckte ſeine Frackſchöße, denn von allen im Univerſum ſind ſie die abſcheulichſten. Weit auseinander klaffend! Iſt das franzöſiſch? Es iſt nicht einmal engliſch — es iſt barbariſch! An dem Kleide den Mann — wer ſich albern kleidet, iſt albern — Aus mit unſerm ſchönen Lande! — So gewiß die Revolution nicht entſte- hen konnte, wenn man Reifrock, Perücke und Pu- der beibehalten und ſich daher wohl gehütet hätte, einander auf den Leib oder in die Haare zu kom- men, ſo ſicher kann die königliche Würde nicht be- ſtehen, wenn der König durch ſeine Frackſchöße eine Sache zeigt, die zwar auch groß und gewal- tig, aber nichts minder als majeſtätiſch iſt. (Man hoͤrt den Koͤnig reden.) Eine Dame der Halle. Ach — das iſt zum Herzbrechen — Volk. Lang lebe der König! (Die Kutſche des Koͤnigs faͤhrt weiter.) Schneidermeiſter. Was ſprach er? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0138" n="130"/> <sp who="#VIEVOL"> <speaker><hi rendition="#g">Viele aus dem Volk</hi>.</speaker><lb/> <p>Still! ſtill! — Der große Monarch!</p> </sp><lb/> <sp who="#SCHNEID"> <speaker><hi rendition="#g">Schneidermeiſter</hi>.</speaker><lb/> <p>Erhöbe ſich der König nur nicht, bliebe er nur<lb/> ruhig ſitzen, und verdeckte ſeine Frackſchöße, denn<lb/> von allen im Univerſum ſind ſie die abſcheulichſten.<lb/> Weit auseinander klaffend! Iſt das franzöſiſch?<lb/> Es iſt nicht einmal engliſch — es iſt barbariſch!<lb/> An dem Kleide den Mann — wer ſich albern<lb/> kleidet, iſt albern — Aus mit unſerm ſchönen<lb/> Lande! — So gewiß die Revolution nicht entſte-<lb/> hen konnte, wenn man Reifrock, Perücke und Pu-<lb/> der beibehalten und ſich daher wohl gehütet hätte,<lb/> einander auf den Leib oder in die Haare zu kom-<lb/> men, ſo ſicher kann die königliche Würde nicht be-<lb/> ſtehen, wenn der König durch ſeine Frackſchöße<lb/> eine Sache zeigt, die zwar auch groß und gewal-<lb/> tig, aber nichts minder als majeſtätiſch iſt.</p><lb/> <stage>(Man hoͤrt den Koͤnig reden.)</stage> </sp><lb/> <sp who="#DAMEH"> <speaker><hi rendition="#g">Eine Dame der Halle</hi>.</speaker><lb/> <p>Ach — das iſt zum Herzbrechen —</p> </sp><lb/> <sp who="#VOL"> <speaker><hi rendition="#g">Volk</hi>.</speaker><lb/> <p>Lang lebe der König!</p><lb/> <stage>(Die Kutſche des Koͤnigs faͤhrt weiter.)</stage> </sp><lb/> <sp who="#SCHNEID"> <speaker><hi rendition="#g">Schneidermeiſter</hi>.</speaker><lb/> <p>Was ſprach er?</p> </sp><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [130/0138]
Viele aus dem Volk.
Still! ſtill! — Der große Monarch!
Schneidermeiſter.
Erhöbe ſich der König nur nicht, bliebe er nur
ruhig ſitzen, und verdeckte ſeine Frackſchöße, denn
von allen im Univerſum ſind ſie die abſcheulichſten.
Weit auseinander klaffend! Iſt das franzöſiſch?
Es iſt nicht einmal engliſch — es iſt barbariſch!
An dem Kleide den Mann — wer ſich albern
kleidet, iſt albern — Aus mit unſerm ſchönen
Lande! — So gewiß die Revolution nicht entſte-
hen konnte, wenn man Reifrock, Perücke und Pu-
der beibehalten und ſich daher wohl gehütet hätte,
einander auf den Leib oder in die Haare zu kom-
men, ſo ſicher kann die königliche Würde nicht be-
ſtehen, wenn der König durch ſeine Frackſchöße
eine Sache zeigt, die zwar auch groß und gewal-
tig, aber nichts minder als majeſtätiſch iſt.
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Zitationshilfe: | Grabbe, Christian Dietrich: Napoleon oder Die hundert Tage. Frankfurt (Main), 1831, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grabbe_napoleon_1831/138>, abgerufen am 08.07.2024. |