Grabbe, Christian Dietrich: Napoleon oder Die hundert Tage. Frankfurt (Main), 1831. Gräfin von Choisy. Ich lese, Hoheit. (Sie lies't:) "Es steht der Sultaninnen Erste Am Fenster ihres Marmorschlosses. O welche wohlgefügte Marmorquadern, Wie schimmern sie selbst durch die Nacht! O welche Rosen blühen in dem Zimmer, O welche Ambradüfte hauchen da! Doch was sind Marmorquadern, Rosen, Ambra, Wenn die Gestalt der Sultanin, mit Den prächt'gen Schultern, blendend weiß, Als wäre frischer Schnee darauf gefallen, Mit ihren Lippen, dunkelroth, Als wehten Flammen dir entgegen, Mit ihrem Liebesflüstern, wundersüß, Als hauchte Duft aus Edens Pforten, Darunter steht in ihrer Schöne! Die Diener und die Dienerinnen Erwarten knieend ihre Worte, Der Sultan selbst vergißt das Reichsschwert, Harrt in dem Hintergrunde liebeseufzend, Und schwelgt in ihres Nackens Anschau'n. Sie blickt hinaus: vor ihren Augen steigt Das Heer der Sterne freudetrunken auf, Graͤfin von Choiſy. Ich leſe, Hoheit. (Sie lieſ’t:) »Es ſteht der Sultaninnen Erſte Am Fenſter ihres Marmorſchloſſes. O welche wohlgefügte Marmorquadern, Wie ſchimmern ſie ſelbſt durch die Nacht! O welche Roſen blühen in dem Zimmer, O welche Ambradüfte hauchen da! Doch was ſind Marmorquadern, Roſen, Ambra, Wenn die Geſtalt der Sultanin, mit Den prächt’gen Schultern, blendend weiß, Als wäre friſcher Schnee darauf gefallen, Mit ihren Lippen, dunkelroth, Als wehten Flammen dir entgegen, Mit ihrem Liebesflüſtern, wunderſüß, Als hauchte Duft aus Edens Pforten, Darunter ſteht in ihrer Schöne! Die Diener und die Dienerinnen Erwarten knieend ihre Worte, Der Sultan ſelbſt vergißt das Reichsſchwert, Harrt in dem Hintergrunde liebeſeufzend, Und ſchwelgt in ihres Nackens Anſchau’n. Sie blickt hinaus: vor ihren Augen ſteigt Das Heer der Sterne freudetrunken auf, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0101" n="93"/> <sp who="#GRACHOI"> <speaker> <hi rendition="#g">Graͤfin von Choiſy.</hi> </speaker><lb/> <p>Ich leſe, Hoheit.</p><lb/> <stage>(Sie lieſ’t:)</stage><lb/> <lg type="poem"> <l>»Es ſteht der Sultaninnen Erſte</l><lb/> <l>Am Fenſter ihres Marmorſchloſſes.</l><lb/> <l>O welche wohlgefügte Marmorquadern,</l><lb/> <l>Wie ſchimmern ſie ſelbſt durch die Nacht!</l><lb/> <l>O welche Roſen blühen in dem Zimmer,</l><lb/> <l>O welche Ambradüfte hauchen da!</l><lb/> <l>Doch was ſind Marmorquadern, Roſen, Ambra,</l><lb/> <l>Wenn die Geſtalt der Sultanin, mit</l><lb/> <l>Den prächt’gen Schultern, blendend weiß,</l><lb/> <l>Als wäre friſcher Schnee darauf gefallen,</l><lb/> <l>Mit ihren Lippen, dunkelroth,</l><lb/> <l>Als wehten Flammen dir entgegen,</l><lb/> <l>Mit ihrem Liebesflüſtern, wunderſüß,</l><lb/> <l>Als hauchte Duft aus Edens Pforten,</l><lb/> <l>Darunter ſteht in ihrer Schöne!</l><lb/> <l>Die Diener und die Dienerinnen</l><lb/> <l>Erwarten knieend ihre Worte,</l><lb/> <l>Der Sultan ſelbſt vergißt das Reichsſchwert,</l><lb/> <l>Harrt in dem Hintergrunde liebeſeufzend,</l><lb/> <l>Und ſchwelgt in ihres Nackens Anſchau’n.</l><lb/> <l>Sie blickt hinaus: vor ihren Augen ſteigt</l><lb/> <l>Das Heer der Sterne freudetrunken auf,</l><lb/> </lg> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [93/0101]
Graͤfin von Choiſy.
Ich leſe, Hoheit.
(Sie lieſ’t:)
»Es ſteht der Sultaninnen Erſte
Am Fenſter ihres Marmorſchloſſes.
O welche wohlgefügte Marmorquadern,
Wie ſchimmern ſie ſelbſt durch die Nacht!
O welche Roſen blühen in dem Zimmer,
O welche Ambradüfte hauchen da!
Doch was ſind Marmorquadern, Roſen, Ambra,
Wenn die Geſtalt der Sultanin, mit
Den prächt’gen Schultern, blendend weiß,
Als wäre friſcher Schnee darauf gefallen,
Mit ihren Lippen, dunkelroth,
Als wehten Flammen dir entgegen,
Mit ihrem Liebesflüſtern, wunderſüß,
Als hauchte Duft aus Edens Pforten,
Darunter ſteht in ihrer Schöne!
Die Diener und die Dienerinnen
Erwarten knieend ihre Worte,
Der Sultan ſelbſt vergißt das Reichsſchwert,
Harrt in dem Hintergrunde liebeſeufzend,
Und ſchwelgt in ihres Nackens Anſchau’n.
Sie blickt hinaus: vor ihren Augen ſteigt
Das Heer der Sterne freudetrunken auf,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |