Gottsched, Johann Christoph: Versuch einer Critischen Dichtkunst vor die Deutschen. Leipzig, 1730.Von Sinn- und Schertzgedichten. Auf Hn. M. Joh. Fr. Mayens Geburts-Tag. Ein Biedermann, der werthe May, Begehet seinen Jahrs-Tag frey, Drauf singt ein Freund und Diener sein Jn Knittel-Versen hübsch und fein. Persius Sat. V. GEliebter Mäy, vertrauter Freund, Mit dem mein Hertz es ehrlich meynt, Vor dessen Treu ich ebenfalls, Mein Haab und Gut, ja Kopf und Hals, Von Hertzen gern verwetten wollt, Dafern es jemand fordern sollt; Hier kommt ein schlechtes Wunsch-Gedicht, Doch nicht zu deinem Nahmens-Licht, Wie du mir neulich in Johann, Die Ehrbezeugung angethan; Vielmehr zu deinem Wiegenfest, So heute dir aufs allerbest, Des Himmels Huld erscheinen läßt. Nicht zwar als ob der Schlendrian, Und bloß der Abgott Herkomman, Mich itzt zum gratuliren trieb', Nein, weil ich dich von Hertzen lieb'. So komm denn, dreygedritte Zahl! Kommt, lieben Musen, allzumahl, Und gebt mir solche Lieder ein, Die so beliebt als redlich seyn: Da jedes Wort so deutsch und frey, So fern von aller Heucheley, So rein von aller Phantasey, So frey von aller Sclaverey, So munter und geschickt dabey, So aufgeweckt und sinnreich sey, Als euer Freund, mein werther Mäy. So fängt sich denn mein Carmen an So gut ich immer weiß und kan. Von J i
Von Sinn- und Schertzgedichten. Auf Hn. M. Joh. Fr. Mayens Geburts-Tag. Ein Biedermann, der werthe May, Begehet ſeinen Jahrs-Tag frey, Drauf ſingt ein Freund und Diener ſein Jn Knittel-Verſen huͤbſch und fein. Perſius Sat. V. GEliebter Maͤy, vertrauter Freund, Mit dem mein Hertz es ehrlich meynt, Vor deſſen Treu ich ebenfalls, Mein Haab und Gut, ja Kopf und Hals, Von Hertzen gern verwetten wollt, Dafern es jemand fordern ſollt; Hier kommt ein ſchlechtes Wunſch-Gedicht, Doch nicht zu deinem Nahmens-Licht, Wie du mir neulich in Johann, Die Ehrbezeugung angethan; Vielmehr zu deinem Wiegenfeſt, So heute dir aufs allerbeſt, Des Himmels Huld erſcheinen laͤßt. Nicht zwar als ob der Schlendrian, Und bloß der Abgott Herkomman, Mich itzt zum gratuliren trieb’, Nein, weil ich dich von Hertzen lieb’. So komm denn, dreygedritte Zahl! Kommt, lieben Muſen, allzumahl, Und gebt mir ſolche Lieder ein, Die ſo beliebt als redlich ſeyn: Da jedes Wort ſo deutſch und frey, So fern von aller Heucheley, So rein von aller Phantaſey, So frey von aller Sclaverey, So munter und geſchickt dabey, So aufgeweckt und ſinnreich ſey, Als euer Freund, mein werther Maͤy. So faͤngt ſich denn mein Carmen an So gut ich immer weiß und kan. Von J i
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Von Sinn- und Schertzgedichten.
Auf Hn. M. Joh. Fr. Mayens Geburts-Tag.
Ein Biedermann, der werthe May,
Begehet ſeinen Jahrs-Tag frey,
Drauf ſingt ein Freund und Diener ſein
Jn Knittel-Verſen huͤbſch und fein.
Perſius Sat. V.
Secreti loquimur, Tibi nunc, hortante Camoena,
Excutienda damus praecordia, quantaque noſtrae
Pars Tua ſit, Dilecte, animae, Tibi dulcis Amice
Oſtendiſſe iuuat. ‒ ‒ ‒ ‒ ‒
GEliebter Maͤy, vertrauter Freund,
Mit dem mein Hertz es ehrlich meynt,
Vor deſſen Treu ich ebenfalls,
Mein Haab und Gut, ja Kopf und Hals,
Von Hertzen gern verwetten wollt,
Dafern es jemand fordern ſollt;
Hier kommt ein ſchlechtes Wunſch-Gedicht,
Doch nicht zu deinem Nahmens-Licht,
Wie du mir neulich in Johann,
Die Ehrbezeugung angethan;
Vielmehr zu deinem Wiegenfeſt,
So heute dir aufs allerbeſt,
Des Himmels Huld erſcheinen laͤßt.
Nicht zwar als ob der Schlendrian,
Und bloß der Abgott Herkomman,
Mich itzt zum gratuliren trieb’,
Nein, weil ich dich von Hertzen lieb’.
So komm denn, dreygedritte Zahl!
Kommt, lieben Muſen, allzumahl,
Und gebt mir ſolche Lieder ein,
Die ſo beliebt als redlich ſeyn:
Da jedes Wort ſo deutſch und frey,
So fern von aller Heucheley,
So rein von aller Phantaſey,
So frey von aller Sclaverey,
So munter und geſchickt dabey,
So aufgeweckt und ſinnreich ſey,
Als euer Freund, mein werther Maͤy.
So faͤngt ſich denn mein Carmen an
So gut ich immer weiß und kan.
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