Die gestirnten Himmels-Scheiben Wollen gleichsam stehen bleiben Uber Euch und eurer Zier. Derselbe.
Recht, denn soll der Himmelgurt, Der den Schnee hat zur Geburt, So viel thun bey Liebes-Sachen. M. Opitz.
Du hättest mit gelehrter Hand Das schnelle Ziel gezwungen, Und sie durch künstlichen Verstand Vom Grabe weggesungen. M. Opitz.
Hier wäre mein Palast, hier wollt ich lesen können Das süsse Himmel-Naß etc. Derselbe.
Jch bin müde, dergleichen neue Wörter zu suchen, sonst woll- te ich sie auch in andern Büchern gar häufig finden. Jch will nur noch dieses erwehnen, daß wenn gute Poeten in ihren Gedichten den Schall gewisser natürlichen Dinge haben nachahmen wollen, sie gleichwohl lieber bekannte und ver- ständliche Worte, als seltsame und neuausgedachte Thöne dazu gebraucht. Z. E. Wenn Nic. Peucker, seinem Nah- men zu Ehren, den Pauckenschall liebt, so macht er folgenden Verß:
Mein Pauckenschlag, das Bomdibidibom Rufft: Friedrich Wilhelm komm. Mach uns uns ein Freudenlied, das Bomdibidibum, Und Taratantara macht schon die Ohren stumm.
Hingegen finde ich, daß Opitz in seinem Gedichte von der Ruhe des Gemüths den Lerchengesang so ausgedrücket:
Die Lerche schreyet: dir, dir lieber GOtt allein, Singt alle Welt, dir, dir, dir will ich danckbar seyn.
Und Flemming ahmt den Gesang einer Nachtigal auf eben so eine vernünftige Art nach, wenn er in der 3ten Ode des IIIten Buchs schreibt:
Die gelehrten Nachtigallen Schreyn euch zu mit lautem Schallen,
Glück,
N 5
Von Poetiſchen Worten.
Die geſtirnten Himmels-Scheiben Wollen gleichſam ſtehen bleiben Uber Euch und eurer Zier. Derſelbe.
Recht, denn ſoll der Himmelgurt, Der den Schnee hat zur Geburt, So viel thun bey Liebes-Sachen. M. Opitz.
Du haͤtteſt mit gelehrter Hand Das ſchnelle Ziel gezwungen, Und ſie durch kuͤnſtlichen Verſtand Vom Grabe weggeſungen. M. Opitz.
Hier waͤre mein Palaſt, hier wollt ich leſen koͤnnen Das ſuͤſſe Himmel-Naß ꝛc. Derſelbe.
Jch bin muͤde, dergleichen neue Woͤrter zu ſuchen, ſonſt woll- te ich ſie auch in andern Buͤchern gar haͤufig finden. Jch will nur noch dieſes erwehnen, daß wenn gute Poeten in ihren Gedichten den Schall gewiſſer natuͤrlichen Dinge haben nachahmen wollen, ſie gleichwohl lieber bekannte und ver- ſtaͤndliche Worte, als ſeltſame und neuausgedachte Thoͤne dazu gebraucht. Z. E. Wenn Nic. Peucker, ſeinem Nah- men zu Ehren, den Pauckenſchall liebt, ſo macht er folgenden Verß:
Mein Pauckenſchlag, das Bomdibidibom Rufft: Friedrich Wilhelm komm. Mach uns uns ein Freudenlied, das Bomdibidibum, Und Taratantara macht ſchon die Ohren ſtumm.
Hingegen finde ich, daß Opitz in ſeinem Gedichte von der Ruhe des Gemuͤths den Lerchengeſang ſo ausgedruͤcket:
Die Lerche ſchreyet: dir, dir lieber GOtt allein, Singt alle Welt, dir, dir, dir will ich danckbar ſeyn.
Und Flemming ahmt den Geſang einer Nachtigal auf eben ſo eine vernuͤnftige Art nach, wenn er in der 3ten Ode des IIIten Buchs ſchreibt:
Die gelehrten Nachtigallen Schreyn euch zu mit lautem Schallen,
Gluͤck,
N 5
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Von Poetiſchen Worten.
Die geſtirnten Himmels-Scheiben
Wollen gleichſam ſtehen bleiben
Uber Euch und eurer Zier.
Derſelbe.
Recht, denn ſoll der Himmelgurt,
Der den Schnee hat zur Geburt,
So viel thun bey Liebes-Sachen.
M. Opitz.
Du haͤtteſt mit gelehrter Hand
Das ſchnelle Ziel gezwungen,
Und ſie durch kuͤnſtlichen Verſtand
Vom Grabe weggeſungen.
M. Opitz.
Hier waͤre mein Palaſt, hier wollt ich leſen koͤnnen
Das ſuͤſſe Himmel-Naß ꝛc.
Derſelbe.
Jch bin muͤde, dergleichen neue Woͤrter zu ſuchen, ſonſt woll-
te ich ſie auch in andern Buͤchern gar haͤufig finden. Jch
will nur noch dieſes erwehnen, daß wenn gute Poeten in ihren
Gedichten den Schall gewiſſer natuͤrlichen Dinge haben
nachahmen wollen, ſie gleichwohl lieber bekannte und ver-
ſtaͤndliche Worte, als ſeltſame und neuausgedachte Thoͤne
dazu gebraucht. Z. E. Wenn Nic. Peucker, ſeinem Nah-
men zu Ehren, den Pauckenſchall liebt, ſo macht er folgenden
Verß:
Mein Pauckenſchlag, das Bomdibidibom
Rufft: Friedrich Wilhelm komm.
Mach uns uns ein Freudenlied, das Bomdibidibum,
Und Taratantara macht ſchon die Ohren ſtumm.
Hingegen finde ich, daß Opitz in ſeinem Gedichte von der
Ruhe des Gemuͤths den Lerchengeſang ſo ausgedruͤcket:
Die Lerche ſchreyet: dir, dir lieber GOtt allein,
Singt alle Welt, dir, dir, dir will ich danckbar ſeyn.
Und Flemming ahmt den Geſang einer Nachtigal auf eben
ſo eine vernuͤnftige Art nach, wenn er in der 3ten Ode des
IIIten Buchs ſchreibt:
Die gelehrten Nachtigallen
Schreyn euch zu mit lautem Schallen,
Gluͤck,
N 5
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Gottsched, Johann Christoph: Versuch einer Critischen Dichtkunst vor die Deutschen. Leipzig, 1730, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gottsched_versuch_1730/229>, abgerufen am 21.11.2024.
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