pgo_480.001 lebensvolle Darstellungen, die alle Empfindungen für sich in Anspruch nehmen, die der Dichter zu erwecken im pgo_480.002 Stande ist, die bei uns Sympathie oder Antipathie, Liebe oder Haß, Bewunderung oder Verachtung, Begeisterung pgo_480.003 oder endlich auch Erheiterung hervorrufen müssen."
pgo_480.004 Nicht minder anerkennend spricht sich die Jllustrirte Zeitung (XXV. Bd. Nr. 645) aus: "Bei allem pgo_480.005 fast erstickenden Ueberfluß an Literaturgeschichten in Deutschland halten wir die Gottschall'sche doch deshalb pgo_480.006 nicht für überflüssig, weil sich ihr Verfasser vorgenommen hat, die Literatur vom Standpunkte des modernen pgo_480.007 Bewußtseins zu beleuchten und in ihrer gegenwärtigen Entwickelung die elementarischen Keime hervorzuheben, pgo_480.008 welche Blüthe und Frucht für die Zukunft versprechen. Fast alle übrigen Literaturgeschichtschreiber sind ungerecht pgo_480.009 gegen die modernen Tendenzen gewesen; der Eine hat sie vom conservativ-orthodoxen Standpunkte verworfen; pgo_480.010 ein Zweiter hat sie ignorirt, weil sie eben noch mit uns leben, noch nicht einer Vergangenheit angehören, pgo_480.011 die sich in gelehrt-pragmatischer Weise behandeln läßt; ein Dritter endlich zeigt ihnen seine Mißachtung, pgo_480.012 weil ihm ihre Repräsentanten nicht gefallen oder weil es überhaupt in seiner süffisanten Natur liegt, über Alles pgo_480.013 von oben herab abzusprechen. Nichtsdestoweniger bilden diese modernen Tendenzen eine Macht, die sich wohl pgo_480.014 bekämpfen, aber nicht von vornherein verwerfen oder ignoriren läßt. Zudem werden sie jedenfalls von zum pgo_480.015 Theil bedeutenden Talenten vertreten, deren Leistungen, ohne gerade Meisterwerke zu sein, doch auch manche pgo_480.016 glänzenden Seiten bieten, in denen sich ein erfreulicher Fortschritt bald in formeller, bald in individueller Hinsicht pgo_480.017 nicht verkennen läßt. Jndem nun Gottschall's Literaturgeschichte vorzugsweise diese Seiten hervorhebt, pgo_480.018 ohne deshalb das Verfehlte zu übersehen und zu verschweigen, ist sie recht eigentlich als ein theils berichtigendes, pgo_480.019 theils ergänzendes Werk zu den vorhandenen Literaturgeschichten anzusehen. Die kritische Methode waltet pgo_480.020 vor, Gottschall geht dabei sehr gründlich zu Werke und charakterisirt und kritisirt jedes einzelne Produkt der pgo_480.021 Autoren, die in den Kreis seiner Betrachtung fallen, so daß der Leser eine vollständige Uebersicht ihrer Leistungen pgo_480.022 und wenigstens eine annähernde Schätzung des Werthes dieser Leistungen gewinnt. Das Publikum darf pgo_480.023 ihm für diese mühsame Arbeit ohne Zweifel Dank wissen, da es bei dem großen und immer mehr anwachsenden pgo_480.024 Reichthum der deutschen Literatur gewiß nur noch Wenige giebt, welche Zeit genug übrig haben, alle Schriften pgo_480.025 auch nur der namhafteren deutschen Dichter und Autoren zu lesen. Die Darstellung ist geschmackvoll und pgo_480.026 klar, wenn auch hier und da vielleicht etwas zu gekünstelt und bilderreich."
pgo_480.027 Die Vossische Zeitung (1856. Nr. 29) schließt ihre ausführliche Besprechung mit folgenden Worten: pgo_480.028 "-- -- Wir unsererseits aber können nicht unterlassen, ihm (Gottschall) das Zeugniß zu geben, daß er mit pgo_480.029 Fleiß, Ausdauer und liebevoller Hingebung seine schwierige Aufgabe zu lösen versucht und mit Unparteilichkeit, pgo_480.030 frei von jedem Vorurtheil sein kritisches Amt verwaltet hat. Weichen unsere Ansichten auch in vielen Einzelheiten pgo_480.031 von den seinigen ab, finden wir auch manches Urtheil nicht genügend motivirt, hier und da eine Erscheinung pgo_480.032 mehr hervorgehoben, als sie es verdient, andere Persönlichkeiten dagegen nur flüchtig und ihre Bedeutung pgo_480.033 nicht entsprechend abgethan, so ist doch der Gesammteindruck dieses Werkes ein überwiegend günstiger: er legt pgo_480.034 ein glänzendes Zeugniß für die Befähigung Gottschall's als Literaturhistoriker ab. Anch der Styl zeichnet sich pgo_480.035 durch Wärme und Fülle aus, gegenüber dem trockenen Tone, welchen die deutschen Gelehrten häufig als ein pgo_480.036 Attribut der Wissenschaftlichkeit zu betrachten pflegen. Wir schließen uns von ganzem Herzen den letzten Worten pgo_480.037 des Verfassers an. "Wer unsere Nationalliteratur verurtheilt, verurtheilt die Nation selbst, -- wir aber pgo_480.038 glauben an ihre freudige Entwickelung und haben die Aktenstücke zu derselben auf literarischem Gebiete so treu pgo_480.039 und erschöpfend wie möglich gesammelt."
pgo_480.040 K. Gutzkow nennt in seinen Unterhaltungen am häuslichen Herde (Neue Folge 1. Bd. Nr. 11.) pgo_480.041 den Verfasser "einen denkenden und selbstständig urtheilenden Geschichtsschreiber der deutschen Nationalliteratur" pgo_480.042 und das obige Werk "ein geist- und gedankenreiches."
pgo_480.043 Die Kölnische Zeitung sagt in ihrem Feuilleton vom 30. Dezember 1855; "-- -- Während Julian pgo_480.044 Schmidt's Literatur-Geschichte so eben in zweiter Auflage erschien, ward gleichzeitig die Literatur-Geschichte pgo_480.045 von Rudolph Gottschall vollendet. Beide Werke bestehen sehr wohl neben einander, da sie zwar denselben pgo_480.046 Gegenstand, aber auf eine sehr verschiedene Weise behandeln. Julian Schmidt ist es hauptsächlich um die geistigen pgo_480.047 Richtungen zu thun, die sich im Leben und also auch in der Literatur der deutschen Nation offenbaren. Er pgo_480.048 hat also eine Reihe Studien und Kritiken ausgearbeitet, in welchen diese Richtungen an ihren Haupt-Repräsentanten pgo_480.049 entwickelt werden, und man kann sagen, daß Schmidt in seinem Werke so ziemlich Alles geleistet hat, pgo_480.050 was ein scharfer historisch und philosophisch geschulter Verstand, verbunden mit einem gründlichen Studium pgo_480.051 und einem großen sittlichen Ernste zu leisten vermag. Auf eine vollständig in's Einzelne gehende eigentliche pgo_480.052 Geschichte unserer heutigen Schriftsteller und ihrer Werke hatte er es nicht abgesehen. Eine solche liefert uns pgo_480.053 Gottschall, der Hunderte von Schriftstellern eingehend bespricht, die in jenem Werke gar nicht oder nur obenhin pgo_480.054 erwähnt werden. Er ist bei diesem Unternehmen unterstützt durch ein feines, ästhetisches Gefühl, welches die pgo_480.055 Eigenthümlichkeiten jeder literarischen Erscheinung lebendig empfindet und wiedergiebt. Jst er doch selbst ausübender pgo_480.056 Künstler, und das kommt dem Kunstrichter immer zu Gute."
pgo_480.057 Die Berliner Feuerspritze (III. Jahrg. Nr. 50) empfiehlt Gottschall's Literaturgeschichte mit folgenden pgo_480.058 Worten: "Von den Classikern unseres Jahrhunderts beginnend, entwirft Gottschall die General- und Specialkarte pgo_480.059 des literarischen Gebietes klar, geordnet und übersichtlich, scharf in der Zeichnung, berechnet in der pgo_480.060 Eintheilung und jede, auch die kleinste Quelle der Poesie, auch die untergeordneten, einseitigen Ansiedelungen pgo_480.061 poetischer Ackerbürger genau verzeichnend. -- Er tritt in seiner Literaturgeschichte mehr als geistreicher Sammler, pgo_480.062 denn als Forscher auf, seine Urtheile verrathen mehr den Dichter als den Kritiker: sie sind bilderreich, pgo_480.063 schwunghaft und brillant, aber selten hart und scharf. Er steht vielen der besprochenen Personen zu nahe, um pgo_480.064 sich rücksichtslos äußern zu dürfen; seine Kritik verletzt Niemand, sie ist wohlwollend, und ihr letzter Zweck pgo_480.065 -- Förderung geweckter und erwachter Kraft und Edles anstrebenden Talentes. Beide Bände des Gottschall'schen pgo_480.066 Werkes lesen sich leicht, da sich die Darstellung eben so fern hält von gelehrter Phraseologie, als von pgo_480.067 dürrer Zusammenstellung, an welchen Fehlern leider so viele Literatur-Historiker laboriren. Ein kampfbereiter pgo_480.068 Gegner der Ansicht vom Verfalle der deutschen Literatur, weist Gottschall Schritt für Schritt an der historischen pgo_480.069 und ideellen Entfaltung des Zeitgeistes den Aufschwung und den Reichthum der geistigen Gegenwart und in pgo_480.070 den Keimen die Blüthen einer herrlichen, fruchtreichen Zukunft nach. Möge denn Gottschall's Werk dem pgo_480.071 Laien zu belehrender Anleitung, den Schülern der Musen aber zur geistigen Erhebung gereichen."
pgo_480.072 Das ganze Werk, vollständig in 2 Bänden mit angefügtem alphabetischen Register pgo_480.073 kostet 5 Rthlr. und ist für diesen Preis durch alle Buchhandlungen des Jn- und pgo_480.074 Auslandes zu beziehen.
pgo_480.001 lebensvolle Darstellungen, die alle Empfindungen für sich in Anspruch nehmen, die der Dichter zu erwecken im pgo_480.002 Stande ist, die bei uns Sympathie oder Antipathie, Liebe oder Haß, Bewunderung oder Verachtung, Begeisterung pgo_480.003 oder endlich auch Erheiterung hervorrufen müssen.«
pgo_480.004 Nicht minder anerkennend spricht sich die Jllustrirte Zeitung (XXV. Bd. Nr. 645) aus: »Bei allem pgo_480.005 fast erstickenden Ueberfluß an Literaturgeschichten in Deutschland halten wir die Gottschall'sche doch deshalb pgo_480.006 nicht für überflüssig, weil sich ihr Verfasser vorgenommen hat, die Literatur vom Standpunkte des modernen pgo_480.007 Bewußtseins zu beleuchten und in ihrer gegenwärtigen Entwickelung die elementarischen Keime hervorzuheben, pgo_480.008 welche Blüthe und Frucht für die Zukunft versprechen. Fast alle übrigen Literaturgeschichtschreiber sind ungerecht pgo_480.009 gegen die modernen Tendenzen gewesen; der Eine hat sie vom conservativ-orthodoxen Standpunkte verworfen; pgo_480.010 ein Zweiter hat sie ignorirt, weil sie eben noch mit uns leben, noch nicht einer Vergangenheit angehören, pgo_480.011 die sich in gelehrt-pragmatischer Weise behandeln läßt; ein Dritter endlich zeigt ihnen seine Mißachtung, pgo_480.012 weil ihm ihre Repräsentanten nicht gefallen oder weil es überhaupt in seiner süffisanten Natur liegt, über Alles pgo_480.013 von oben herab abzusprechen. Nichtsdestoweniger bilden diese modernen Tendenzen eine Macht, die sich wohl pgo_480.014 bekämpfen, aber nicht von vornherein verwerfen oder ignoriren läßt. Zudem werden sie jedenfalls von zum pgo_480.015 Theil bedeutenden Talenten vertreten, deren Leistungen, ohne gerade Meisterwerke zu sein, doch auch manche pgo_480.016 glänzenden Seiten bieten, in denen sich ein erfreulicher Fortschritt bald in formeller, bald in individueller Hinsicht pgo_480.017 nicht verkennen läßt. Jndem nun Gottschall's Literaturgeschichte vorzugsweise diese Seiten hervorhebt, pgo_480.018 ohne deshalb das Verfehlte zu übersehen und zu verschweigen, ist sie recht eigentlich als ein theils berichtigendes, pgo_480.019 theils ergänzendes Werk zu den vorhandenen Literaturgeschichten anzusehen. Die kritische Methode waltet pgo_480.020 vor, Gottschall geht dabei sehr gründlich zu Werke und charakterisirt und kritisirt jedes einzelne Produkt der pgo_480.021 Autoren, die in den Kreis seiner Betrachtung fallen, so daß der Leser eine vollständige Uebersicht ihrer Leistungen pgo_480.022 und wenigstens eine annähernde Schätzung des Werthes dieser Leistungen gewinnt. Das Publikum darf pgo_480.023 ihm für diese mühsame Arbeit ohne Zweifel Dank wissen, da es bei dem großen und immer mehr anwachsenden pgo_480.024 Reichthum der deutschen Literatur gewiß nur noch Wenige giebt, welche Zeit genug übrig haben, alle Schriften pgo_480.025 auch nur der namhafteren deutschen Dichter und Autoren zu lesen. Die Darstellung ist geschmackvoll und pgo_480.026 klar, wenn auch hier und da vielleicht etwas zu gekünstelt und bilderreich.«
pgo_480.027 Die Vossische Zeitung (1856. Nr. 29) schließt ihre ausführliche Besprechung mit folgenden Worten: pgo_480.028 »— — Wir unsererseits aber können nicht unterlassen, ihm (Gottschall) das Zeugniß zu geben, daß er mit pgo_480.029 Fleiß, Ausdauer und liebevoller Hingebung seine schwierige Aufgabe zu lösen versucht und mit Unparteilichkeit, pgo_480.030 frei von jedem Vorurtheil sein kritisches Amt verwaltet hat. Weichen unsere Ansichten auch in vielen Einzelheiten pgo_480.031 von den seinigen ab, finden wir auch manches Urtheil nicht genügend motivirt, hier und da eine Erscheinung pgo_480.032 mehr hervorgehoben, als sie es verdient, andere Persönlichkeiten dagegen nur flüchtig und ihre Bedeutung pgo_480.033 nicht entsprechend abgethan, so ist doch der Gesammteindruck dieses Werkes ein überwiegend günstiger: er legt pgo_480.034 ein glänzendes Zeugniß für die Befähigung Gottschall's als Literaturhistoriker ab. Anch der Styl zeichnet sich pgo_480.035 durch Wärme und Fülle aus, gegenüber dem trockenen Tone, welchen die deutschen Gelehrten häufig als ein pgo_480.036 Attribut der Wissenschaftlichkeit zu betrachten pflegen. Wir schließen uns von ganzem Herzen den letzten Worten pgo_480.037 des Verfassers an. »Wer unsere Nationalliteratur verurtheilt, verurtheilt die Nation selbst, — wir aber pgo_480.038 glauben an ihre freudige Entwickelung und haben die Aktenstücke zu derselben auf literarischem Gebiete so treu pgo_480.039 und erschöpfend wie möglich gesammelt.«
pgo_480.040 K. Gutzkow nennt in seinen Unterhaltungen am häuslichen Herde (Neue Folge 1. Bd. Nr. 11.) pgo_480.041 den Verfasser »einen denkenden und selbstständig urtheilenden Geschichtsschreiber der deutschen Nationalliteratur« pgo_480.042 und das obige Werk »ein geist- und gedankenreiches.«
pgo_480.043 Die Kölnische Zeitung sagt in ihrem Feuilleton vom 30. Dezember 1855; »— — Während Julian pgo_480.044 Schmidt's Literatur-Geschichte so eben in zweiter Auflage erschien, ward gleichzeitig die Literatur-Geschichte pgo_480.045 von Rudolph Gottschall vollendet. Beide Werke bestehen sehr wohl neben einander, da sie zwar denselben pgo_480.046 Gegenstand, aber auf eine sehr verschiedene Weise behandeln. Julian Schmidt ist es hauptsächlich um die geistigen pgo_480.047 Richtungen zu thun, die sich im Leben und also auch in der Literatur der deutschen Nation offenbaren. Er pgo_480.048 hat also eine Reihe Studien und Kritiken ausgearbeitet, in welchen diese Richtungen an ihren Haupt-Repräsentanten pgo_480.049 entwickelt werden, und man kann sagen, daß Schmidt in seinem Werke so ziemlich Alles geleistet hat, pgo_480.050 was ein scharfer historisch und philosophisch geschulter Verstand, verbunden mit einem gründlichen Studium pgo_480.051 und einem großen sittlichen Ernste zu leisten vermag. Auf eine vollständig in's Einzelne gehende eigentliche pgo_480.052 Geschichte unserer heutigen Schriftsteller und ihrer Werke hatte er es nicht abgesehen. Eine solche liefert uns pgo_480.053 Gottschall, der Hunderte von Schriftstellern eingehend bespricht, die in jenem Werke gar nicht oder nur obenhin pgo_480.054 erwähnt werden. Er ist bei diesem Unternehmen unterstützt durch ein feines, ästhetisches Gefühl, welches die pgo_480.055 Eigenthümlichkeiten jeder literarischen Erscheinung lebendig empfindet und wiedergiebt. Jst er doch selbst ausübender pgo_480.056 Künstler, und das kommt dem Kunstrichter immer zu Gute.«
pgo_480.057 Die Berliner Feuerspritze (III. Jahrg. Nr. 50) empfiehlt Gottschall's Literaturgeschichte mit folgenden pgo_480.058 Worten: »Von den Classikern unseres Jahrhunderts beginnend, entwirft Gottschall die General- und Specialkarte pgo_480.059 des literarischen Gebietes klar, geordnet und übersichtlich, scharf in der Zeichnung, berechnet in der pgo_480.060 Eintheilung und jede, auch die kleinste Quelle der Poesie, auch die untergeordneten, einseitigen Ansiedelungen pgo_480.061 poetischer Ackerbürger genau verzeichnend. — Er tritt in seiner Literaturgeschichte mehr als geistreicher Sammler, pgo_480.062 denn als Forscher auf, seine Urtheile verrathen mehr den Dichter als den Kritiker: sie sind bilderreich, pgo_480.063 schwunghaft und brillant, aber selten hart und scharf. Er steht vielen der besprochenen Personen zu nahe, um pgo_480.064 sich rücksichtslos äußern zu dürfen; seine Kritik verletzt Niemand, sie ist wohlwollend, und ihr letzter Zweck pgo_480.065 — Förderung geweckter und erwachter Kraft und Edles anstrebenden Talentes. Beide Bände des Gottschall'schen pgo_480.066 Werkes lesen sich leicht, da sich die Darstellung eben so fern hält von gelehrter Phraseologie, als von pgo_480.067 dürrer Zusammenstellung, an welchen Fehlern leider so viele Literatur-Historiker laboriren. Ein kampfbereiter pgo_480.068 Gegner der Ansicht vom Verfalle der deutschen Literatur, weist Gottschall Schritt für Schritt an der historischen pgo_480.069 und ideellen Entfaltung des Zeitgeistes den Aufschwung und den Reichthum der geistigen Gegenwart und in pgo_480.070 den Keimen die Blüthen einer herrlichen, fruchtreichen Zukunft nach. Möge denn Gottschall's Werk dem pgo_480.071 Laien zu belehrender Anleitung, den Schülern der Musen aber zur geistigen Erhebung gereichen.«
pgo_480.072 Das ganze Werk, vollständig in 2 Bänden mit angefügtem alphabetischen Register pgo_480.073 kostet 5 Rthlr. und ist für diesen Preis durch alle Buchhandlungen des Jn- und pgo_480.074 Auslandes zu beziehen.
<TEI><text><back><divn="1"><p><pbfacs="#f0502"n="E480"/><lbn="pgo_480.001"/>
lebensvolle Darstellungen, die alle Empfindungen für sich in Anspruch nehmen, die der Dichter zu erwecken im <lbn="pgo_480.002"/>
Stande ist, die bei uns Sympathie oder Antipathie, Liebe oder Haß, Bewunderung oder Verachtung, Begeisterung <lbn="pgo_480.003"/>
oder endlich auch Erheiterung hervorrufen müssen.«</p><p><lbn="pgo_480.004"/>
Nicht minder anerkennend spricht sich die Jllustrirte Zeitung (<hirendition="#aq">XXV</hi>. Bd. Nr. 645) aus: »Bei allem <lbn="pgo_480.005"/>
fast erstickenden Ueberfluß an Literaturgeschichten in Deutschland halten wir die Gottschall'sche doch deshalb <lbn="pgo_480.006"/>
nicht für überflüssig, weil sich ihr Verfasser vorgenommen hat, die Literatur vom Standpunkte des modernen <lbn="pgo_480.007"/>
Bewußtseins zu beleuchten und in ihrer gegenwärtigen Entwickelung die elementarischen Keime hervorzuheben, <lbn="pgo_480.008"/>
welche Blüthe und Frucht für die Zukunft versprechen. Fast alle übrigen Literaturgeschichtschreiber sind ungerecht <lbn="pgo_480.009"/>
gegen die modernen Tendenzen gewesen; der Eine hat sie vom conservativ-orthodoxen Standpunkte verworfen; <lbn="pgo_480.010"/>
ein Zweiter hat sie ignorirt, weil sie eben noch mit uns leben, noch nicht einer Vergangenheit angehören, <lbn="pgo_480.011"/>
die sich in gelehrt-pragmatischer Weise behandeln läßt; ein Dritter endlich zeigt ihnen seine Mißachtung, <lbn="pgo_480.012"/>
weil ihm ihre Repräsentanten nicht gefallen oder weil es überhaupt in seiner süffisanten Natur liegt, über Alles <lbn="pgo_480.013"/>
von oben herab abzusprechen. Nichtsdestoweniger bilden diese modernen Tendenzen eine Macht, die sich wohl <lbn="pgo_480.014"/>
bekämpfen, aber nicht von vornherein verwerfen oder ignoriren läßt. Zudem werden sie jedenfalls von zum <lbn="pgo_480.015"/>
Theil bedeutenden Talenten vertreten, deren Leistungen, ohne gerade Meisterwerke zu sein, doch auch manche <lbn="pgo_480.016"/>
glänzenden Seiten bieten, in denen sich ein erfreulicher Fortschritt bald in formeller, bald in individueller Hinsicht <lbn="pgo_480.017"/>
nicht verkennen läßt. Jndem nun Gottschall's Literaturgeschichte vorzugsweise diese Seiten hervorhebt, <lbn="pgo_480.018"/>
ohne deshalb das Verfehlte zu übersehen und zu verschweigen, ist sie recht eigentlich als ein theils berichtigendes, <lbn="pgo_480.019"/>
theils ergänzendes Werk zu den vorhandenen Literaturgeschichten anzusehen. Die kritische Methode waltet <lbn="pgo_480.020"/>
vor, Gottschall geht dabei sehr gründlich zu Werke und charakterisirt und kritisirt jedes einzelne Produkt der <lbn="pgo_480.021"/>
Autoren, die in den Kreis seiner Betrachtung fallen, so daß der Leser eine vollständige Uebersicht ihrer Leistungen <lbn="pgo_480.022"/>
und wenigstens eine annähernde Schätzung des Werthes dieser Leistungen gewinnt. Das Publikum darf <lbn="pgo_480.023"/>
ihm für diese mühsame Arbeit ohne Zweifel Dank wissen, da es bei dem großen und immer mehr anwachsenden <lbn="pgo_480.024"/>
Reichthum der deutschen Literatur gewiß nur noch Wenige giebt, welche Zeit genug übrig haben, alle Schriften <lbn="pgo_480.025"/>
auch nur der namhafteren deutschen Dichter und Autoren zu lesen. Die Darstellung ist geschmackvoll und <lbn="pgo_480.026"/>
klar, wenn auch hier und da vielleicht etwas zu gekünstelt und bilderreich.«</p><p><lbn="pgo_480.027"/>
Die Vossische Zeitung (1856. Nr. 29) schließt ihre ausführliche Besprechung mit folgenden Worten: <lbn="pgo_480.028"/>
»—— Wir unsererseits aber können nicht unterlassen, ihm (Gottschall) das Zeugniß zu geben, daß er mit <lbn="pgo_480.029"/>
Fleiß, Ausdauer und liebevoller Hingebung seine schwierige Aufgabe zu lösen versucht und mit Unparteilichkeit, <lbn="pgo_480.030"/>
frei von jedem Vorurtheil sein kritisches Amt verwaltet hat. Weichen unsere Ansichten auch in vielen Einzelheiten <lbn="pgo_480.031"/>
von den seinigen ab, finden wir auch manches Urtheil nicht genügend motivirt, hier und da eine Erscheinung <lbn="pgo_480.032"/>
mehr hervorgehoben, als sie es verdient, andere Persönlichkeiten dagegen nur flüchtig und ihre Bedeutung <lbn="pgo_480.033"/>
nicht entsprechend abgethan, so ist doch der Gesammteindruck dieses Werkes ein überwiegend günstiger: er legt <lbn="pgo_480.034"/>
ein glänzendes Zeugniß für die Befähigung Gottschall's als Literaturhistoriker ab. Anch der Styl zeichnet sich <lbn="pgo_480.035"/>
durch Wärme und Fülle aus, gegenüber dem trockenen Tone, welchen die deutschen Gelehrten häufig als ein <lbn="pgo_480.036"/>
Attribut der Wissenschaftlichkeit zu betrachten pflegen. Wir schließen uns von ganzem Herzen den letzten Worten <lbn="pgo_480.037"/>
des Verfassers an. »Wer unsere Nationalliteratur verurtheilt, verurtheilt die Nation selbst, — wir aber <lbn="pgo_480.038"/>
glauben an ihre freudige Entwickelung und haben die Aktenstücke zu derselben auf literarischem Gebiete so treu <lbn="pgo_480.039"/>
und erschöpfend wie möglich gesammelt.«</p><p><lbn="pgo_480.040"/>
K. Gutzkow nennt in seinen Unterhaltungen am häuslichen Herde (Neue Folge 1. Bd. Nr. 11.) <lbn="pgo_480.041"/>
den Verfasser »einen denkenden und selbstständig urtheilenden Geschichtsschreiber der deutschen Nationalliteratur« <lbn="pgo_480.042"/>
und das obige Werk »ein geist- und gedankenreiches.«</p><p><lbn="pgo_480.043"/>
Die Kölnische Zeitung sagt in ihrem Feuilleton vom 30. Dezember 1855; »—— Während Julian <lbn="pgo_480.044"/>
Schmidt's Literatur-Geschichte so eben in zweiter Auflage erschien, ward gleichzeitig die Literatur-Geschichte <lbn="pgo_480.045"/>
von Rudolph Gottschall vollendet. Beide Werke bestehen sehr wohl neben einander, da sie zwar denselben <lbn="pgo_480.046"/>
Gegenstand, aber auf eine sehr verschiedene Weise behandeln. Julian Schmidt ist es hauptsächlich um die geistigen <lbn="pgo_480.047"/>
Richtungen zu thun, die sich im Leben und also auch in der Literatur der deutschen Nation offenbaren. Er <lbn="pgo_480.048"/>
hat also eine Reihe Studien und Kritiken ausgearbeitet, in welchen diese Richtungen an ihren Haupt-Repräsentanten <lbn="pgo_480.049"/>
entwickelt werden, und man kann sagen, daß Schmidt in seinem Werke so ziemlich Alles geleistet hat, <lbn="pgo_480.050"/>
was ein scharfer historisch und philosophisch geschulter Verstand, verbunden mit einem gründlichen Studium <lbn="pgo_480.051"/>
und einem großen sittlichen Ernste zu leisten vermag. Auf eine vollständig in's Einzelne gehende eigentliche <lbn="pgo_480.052"/>
Geschichte unserer heutigen Schriftsteller und ihrer Werke hatte er es nicht abgesehen. Eine solche liefert uns <lbn="pgo_480.053"/>
Gottschall, der Hunderte von Schriftstellern eingehend bespricht, die in jenem Werke gar nicht oder nur obenhin <lbn="pgo_480.054"/>
erwähnt werden. Er ist bei diesem Unternehmen unterstützt durch ein feines, ästhetisches Gefühl, welches die <lbn="pgo_480.055"/>
Eigenthümlichkeiten jeder literarischen Erscheinung lebendig empfindet und wiedergiebt. Jst er doch selbst ausübender <lbn="pgo_480.056"/>
Künstler, und das kommt dem Kunstrichter immer zu Gute.«</p><p><lbn="pgo_480.057"/>
Die Berliner Feuerspritze (<hirendition="#aq">III</hi>. Jahrg. Nr. 50) empfiehlt Gottschall's Literaturgeschichte mit folgenden <lbn="pgo_480.058"/>
Worten: »Von den Classikern unseres Jahrhunderts beginnend, entwirft Gottschall die General- und Specialkarte <lbn="pgo_480.059"/>
des literarischen Gebietes klar, geordnet und übersichtlich, scharf in der Zeichnung, berechnet in der <lbn="pgo_480.060"/>
Eintheilung und jede, auch die kleinste Quelle der Poesie, auch die untergeordneten, einseitigen Ansiedelungen <lbn="pgo_480.061"/>
poetischer Ackerbürger genau verzeichnend. — Er tritt in seiner Literaturgeschichte mehr als geistreicher Sammler, <lbn="pgo_480.062"/>
denn als Forscher auf, seine Urtheile verrathen mehr den Dichter als den Kritiker: sie sind bilderreich, <lbn="pgo_480.063"/>
schwunghaft und brillant, aber selten hart und scharf. Er steht vielen der besprochenen Personen zu nahe, um <lbn="pgo_480.064"/>
sich rücksichtslos äußern zu dürfen; seine Kritik verletzt Niemand, sie ist <hirendition="#g">wohlwollend,</hi> und ihr letzter Zweck <lbn="pgo_480.065"/>— Förderung geweckter und erwachter Kraft und Edles anstrebenden Talentes. Beide Bände des Gottschall'schen <lbn="pgo_480.066"/>
Werkes lesen sich leicht, da sich die Darstellung eben so fern hält von gelehrter Phraseologie, als von <lbn="pgo_480.067"/>
dürrer Zusammenstellung, an welchen Fehlern leider so viele Literatur-Historiker laboriren. Ein kampfbereiter <lbn="pgo_480.068"/>
Gegner der Ansicht vom Verfalle der deutschen Literatur, weist Gottschall Schritt für Schritt an der historischen <lbn="pgo_480.069"/>
und ideellen Entfaltung des Zeitgeistes den Aufschwung und den Reichthum der geistigen Gegenwart und in <lbn="pgo_480.070"/>
den <hirendition="#g">Keimen</hi> die Blüthen einer herrlichen, fruchtreichen <hirendition="#g">Zukunft</hi> nach. Möge denn Gottschall's Werk dem <lbn="pgo_480.071"/>
Laien zu belehrender Anleitung, den Schülern der Musen aber zur geistigen Erhebung gereichen.«</p><p><lbn="pgo_480.072"/>
Das ganze Werk, vollständig in 2 Bänden mit angefügtem alphabetischen Register <lbn="pgo_480.073"/>
kostet 5 Rthlr. und ist für diesen Preis durch alle Buchhandlungen des Jn- und <lbn="pgo_480.074"/>
Auslandes zu beziehen.</p><p><lbn="pgo_480.075"/><hirendition="#g">Breslau.</hi><hirendition="#right">Eduard Trewendt, Verlagshandlung.</hi></p></div></back></text></TEI>
[E480/0502]
pgo_480.001
lebensvolle Darstellungen, die alle Empfindungen für sich in Anspruch nehmen, die der Dichter zu erwecken im pgo_480.002
Stande ist, die bei uns Sympathie oder Antipathie, Liebe oder Haß, Bewunderung oder Verachtung, Begeisterung pgo_480.003
oder endlich auch Erheiterung hervorrufen müssen.«
pgo_480.004
Nicht minder anerkennend spricht sich die Jllustrirte Zeitung (XXV. Bd. Nr. 645) aus: »Bei allem pgo_480.005
fast erstickenden Ueberfluß an Literaturgeschichten in Deutschland halten wir die Gottschall'sche doch deshalb pgo_480.006
nicht für überflüssig, weil sich ihr Verfasser vorgenommen hat, die Literatur vom Standpunkte des modernen pgo_480.007
Bewußtseins zu beleuchten und in ihrer gegenwärtigen Entwickelung die elementarischen Keime hervorzuheben, pgo_480.008
welche Blüthe und Frucht für die Zukunft versprechen. Fast alle übrigen Literaturgeschichtschreiber sind ungerecht pgo_480.009
gegen die modernen Tendenzen gewesen; der Eine hat sie vom conservativ-orthodoxen Standpunkte verworfen; pgo_480.010
ein Zweiter hat sie ignorirt, weil sie eben noch mit uns leben, noch nicht einer Vergangenheit angehören, pgo_480.011
die sich in gelehrt-pragmatischer Weise behandeln läßt; ein Dritter endlich zeigt ihnen seine Mißachtung, pgo_480.012
weil ihm ihre Repräsentanten nicht gefallen oder weil es überhaupt in seiner süffisanten Natur liegt, über Alles pgo_480.013
von oben herab abzusprechen. Nichtsdestoweniger bilden diese modernen Tendenzen eine Macht, die sich wohl pgo_480.014
bekämpfen, aber nicht von vornherein verwerfen oder ignoriren läßt. Zudem werden sie jedenfalls von zum pgo_480.015
Theil bedeutenden Talenten vertreten, deren Leistungen, ohne gerade Meisterwerke zu sein, doch auch manche pgo_480.016
glänzenden Seiten bieten, in denen sich ein erfreulicher Fortschritt bald in formeller, bald in individueller Hinsicht pgo_480.017
nicht verkennen läßt. Jndem nun Gottschall's Literaturgeschichte vorzugsweise diese Seiten hervorhebt, pgo_480.018
ohne deshalb das Verfehlte zu übersehen und zu verschweigen, ist sie recht eigentlich als ein theils berichtigendes, pgo_480.019
theils ergänzendes Werk zu den vorhandenen Literaturgeschichten anzusehen. Die kritische Methode waltet pgo_480.020
vor, Gottschall geht dabei sehr gründlich zu Werke und charakterisirt und kritisirt jedes einzelne Produkt der pgo_480.021
Autoren, die in den Kreis seiner Betrachtung fallen, so daß der Leser eine vollständige Uebersicht ihrer Leistungen pgo_480.022
und wenigstens eine annähernde Schätzung des Werthes dieser Leistungen gewinnt. Das Publikum darf pgo_480.023
ihm für diese mühsame Arbeit ohne Zweifel Dank wissen, da es bei dem großen und immer mehr anwachsenden pgo_480.024
Reichthum der deutschen Literatur gewiß nur noch Wenige giebt, welche Zeit genug übrig haben, alle Schriften pgo_480.025
auch nur der namhafteren deutschen Dichter und Autoren zu lesen. Die Darstellung ist geschmackvoll und pgo_480.026
klar, wenn auch hier und da vielleicht etwas zu gekünstelt und bilderreich.«
pgo_480.027
Die Vossische Zeitung (1856. Nr. 29) schließt ihre ausführliche Besprechung mit folgenden Worten: pgo_480.028
»— — Wir unsererseits aber können nicht unterlassen, ihm (Gottschall) das Zeugniß zu geben, daß er mit pgo_480.029
Fleiß, Ausdauer und liebevoller Hingebung seine schwierige Aufgabe zu lösen versucht und mit Unparteilichkeit, pgo_480.030
frei von jedem Vorurtheil sein kritisches Amt verwaltet hat. Weichen unsere Ansichten auch in vielen Einzelheiten pgo_480.031
von den seinigen ab, finden wir auch manches Urtheil nicht genügend motivirt, hier und da eine Erscheinung pgo_480.032
mehr hervorgehoben, als sie es verdient, andere Persönlichkeiten dagegen nur flüchtig und ihre Bedeutung pgo_480.033
nicht entsprechend abgethan, so ist doch der Gesammteindruck dieses Werkes ein überwiegend günstiger: er legt pgo_480.034
ein glänzendes Zeugniß für die Befähigung Gottschall's als Literaturhistoriker ab. Anch der Styl zeichnet sich pgo_480.035
durch Wärme und Fülle aus, gegenüber dem trockenen Tone, welchen die deutschen Gelehrten häufig als ein pgo_480.036
Attribut der Wissenschaftlichkeit zu betrachten pflegen. Wir schließen uns von ganzem Herzen den letzten Worten pgo_480.037
des Verfassers an. »Wer unsere Nationalliteratur verurtheilt, verurtheilt die Nation selbst, — wir aber pgo_480.038
glauben an ihre freudige Entwickelung und haben die Aktenstücke zu derselben auf literarischem Gebiete so treu pgo_480.039
und erschöpfend wie möglich gesammelt.«
pgo_480.040
K. Gutzkow nennt in seinen Unterhaltungen am häuslichen Herde (Neue Folge 1. Bd. Nr. 11.) pgo_480.041
den Verfasser »einen denkenden und selbstständig urtheilenden Geschichtsschreiber der deutschen Nationalliteratur« pgo_480.042
und das obige Werk »ein geist- und gedankenreiches.«
pgo_480.043
Die Kölnische Zeitung sagt in ihrem Feuilleton vom 30. Dezember 1855; »— — Während Julian pgo_480.044
Schmidt's Literatur-Geschichte so eben in zweiter Auflage erschien, ward gleichzeitig die Literatur-Geschichte pgo_480.045
von Rudolph Gottschall vollendet. Beide Werke bestehen sehr wohl neben einander, da sie zwar denselben pgo_480.046
Gegenstand, aber auf eine sehr verschiedene Weise behandeln. Julian Schmidt ist es hauptsächlich um die geistigen pgo_480.047
Richtungen zu thun, die sich im Leben und also auch in der Literatur der deutschen Nation offenbaren. Er pgo_480.048
hat also eine Reihe Studien und Kritiken ausgearbeitet, in welchen diese Richtungen an ihren Haupt-Repräsentanten pgo_480.049
entwickelt werden, und man kann sagen, daß Schmidt in seinem Werke so ziemlich Alles geleistet hat, pgo_480.050
was ein scharfer historisch und philosophisch geschulter Verstand, verbunden mit einem gründlichen Studium pgo_480.051
und einem großen sittlichen Ernste zu leisten vermag. Auf eine vollständig in's Einzelne gehende eigentliche pgo_480.052
Geschichte unserer heutigen Schriftsteller und ihrer Werke hatte er es nicht abgesehen. Eine solche liefert uns pgo_480.053
Gottschall, der Hunderte von Schriftstellern eingehend bespricht, die in jenem Werke gar nicht oder nur obenhin pgo_480.054
erwähnt werden. Er ist bei diesem Unternehmen unterstützt durch ein feines, ästhetisches Gefühl, welches die pgo_480.055
Eigenthümlichkeiten jeder literarischen Erscheinung lebendig empfindet und wiedergiebt. Jst er doch selbst ausübender pgo_480.056
Künstler, und das kommt dem Kunstrichter immer zu Gute.«
pgo_480.057
Die Berliner Feuerspritze (III. Jahrg. Nr. 50) empfiehlt Gottschall's Literaturgeschichte mit folgenden pgo_480.058
Worten: »Von den Classikern unseres Jahrhunderts beginnend, entwirft Gottschall die General- und Specialkarte pgo_480.059
des literarischen Gebietes klar, geordnet und übersichtlich, scharf in der Zeichnung, berechnet in der pgo_480.060
Eintheilung und jede, auch die kleinste Quelle der Poesie, auch die untergeordneten, einseitigen Ansiedelungen pgo_480.061
poetischer Ackerbürger genau verzeichnend. — Er tritt in seiner Literaturgeschichte mehr als geistreicher Sammler, pgo_480.062
denn als Forscher auf, seine Urtheile verrathen mehr den Dichter als den Kritiker: sie sind bilderreich, pgo_480.063
schwunghaft und brillant, aber selten hart und scharf. Er steht vielen der besprochenen Personen zu nahe, um pgo_480.064
sich rücksichtslos äußern zu dürfen; seine Kritik verletzt Niemand, sie ist wohlwollend, und ihr letzter Zweck pgo_480.065
— Förderung geweckter und erwachter Kraft und Edles anstrebenden Talentes. Beide Bände des Gottschall'schen pgo_480.066
Werkes lesen sich leicht, da sich die Darstellung eben so fern hält von gelehrter Phraseologie, als von pgo_480.067
dürrer Zusammenstellung, an welchen Fehlern leider so viele Literatur-Historiker laboriren. Ein kampfbereiter pgo_480.068
Gegner der Ansicht vom Verfalle der deutschen Literatur, weist Gottschall Schritt für Schritt an der historischen pgo_480.069
und ideellen Entfaltung des Zeitgeistes den Aufschwung und den Reichthum der geistigen Gegenwart und in pgo_480.070
den Keimen die Blüthen einer herrlichen, fruchtreichen Zukunft nach. Möge denn Gottschall's Werk dem pgo_480.071
Laien zu belehrender Anleitung, den Schülern der Musen aber zur geistigen Erhebung gereichen.«
pgo_480.072
Das ganze Werk, vollständig in 2 Bänden mit angefügtem alphabetischen Register pgo_480.073
kostet 5 Rthlr. und ist für diesen Preis durch alle Buchhandlungen des Jn- und pgo_480.074
Auslandes zu beziehen.
pgo_480.075
Breslau.Eduard Trewendt, Verlagshandlung.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription.
(2015-09-30T09:54:39Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Sandra Richter: ePoetics-Projekt-Koordination
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: keine Angabe;
Druckfehler: keine Angabe;
fremdsprachliches Material: gekennzeichnet;
Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage;
i/j in Fraktur: wie Vorlage;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
Kolumnentitel: nicht übernommen;
Kustoden: nicht übernommen;
langes s (ſ): wie Vorlage;
Normalisierungen: keine;
rundes r (ꝛ): wie Vorlage;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: nicht übernommen;
u/v bzw. U/V: wie Vorlage;
Vokale mit übergest. e: wie Vorlage;
Vollständigkeit: vollständig erfasst;
Zeichensetzung: wie Vorlage;
Zeilenumbrüche markiert: ja;
Gottschall, Rudolph: Poetik. Die Dichtkunst und ihre Technik [v]om Standpunkte der Neuzeit. Breslau, 1858, S. E480. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gottschall_poetik_1858/502>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.