Gottschall, Rudolph: Poetik. Die Dichtkunst und ihre Technik [v]om Standpunkte der Neuzeit. Breslau, 1858.pgo_453.001 pgo_453.010 *) pgo_453.030
Vgl. über das neuere deutsche Drama meine "Nationallitteratur;" über pgo_453.031 Schiller's Tragödieen Bd. I. p. 33-42, p. 52-61; über Goethe's: p. 62-65; pgo_453.032 p. 70; p. 74-86; die Schicksalstragödieen p. 162-186; Heinrich von Kleist pgo_453.033 p. 321-335; Jmmermann p. 385-391; das originelle Kraftdrama Bd. II. p. 328 bis pgo_453.034 390; die deklamatorische Jambentragödie Bd. II. p. 390-445; das regenerirte pgo_453.035 Bühnendrama p. 445-481. pgo_453.001 pgo_453.010 *) pgo_453.030
Vgl. über das neuere deutsche Drama meine „Nationallitteratur;“ über pgo_453.031 Schiller's Tragödieen Bd. I. p. 33–42, p. 52–61; über Goethe's: p. 62–65; pgo_453.032 p. 70; p. 74–86; die Schicksalstragödieen p. 162–186; Heinrich von Kleist pgo_453.033 p. 321–335; Jmmermann p. 385–391; das originelle Kraftdrama Bd. II. p. 328 bis pgo_453.034 390; die deklamatorische Jambentragödie Bd. II. p. 390–445; das regenerirte pgo_453.035 Bühnendrama p. 445–481. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0475" n="453"/><lb n="pgo_453.001"/> und Ausführung, <hi rendition="#g">John Webster</hi> durch Größe der Leidenschaft, <lb n="pgo_453.002"/> Kraft der Charakteristik und der Darstellung, <hi rendition="#g">Ford</hi> durch tiefeingehende <lb n="pgo_453.003"/> Motivirung ihm würdig zur Seite stehn. Von späteren englischen Dramatikern <lb n="pgo_453.004"/> erreicht nur <hi rendition="#g">Thomas Otway</hi> ein ähnliches markiges Pathos <lb n="pgo_453.005"/> der Leidenschaft bei einer äußerlich kunstgerechten, innerlich lockern Komposition. <lb n="pgo_453.006"/> Jm Gegensatz zu dieser ganzen Richtung pflegte <hi rendition="#g">Ben Jonson</hi> <lb n="pgo_453.007"/> die antike Tragödie (Sejanus, Catilina), deren in französischer Weise <lb n="pgo_453.008"/> modificirte Normen von den späteren Dramatikern, <hi rendition="#g">Dryden, Addisson, <lb n="pgo_453.009"/> Rowe, Home, Hughes</hi> u. A., adoptirt wurden.</p> <p><lb n="pgo_453.010"/> Einen neuen Aufschwung nahm die deutsche Tragödie der Schiller- <lb n="pgo_453.011"/> Göthe'schen Epoche, der bis jetzt in den Tragödieen Schiller's kulminirt, <lb n="pgo_453.012"/> ohne daß wir diesen Höhenpunkt für einen absoluten halten möchten. <lb n="pgo_453.013"/> Wir können zwar in den Tragödieen der Romantiker, eines Zacharias <lb n="pgo_453.014"/> Werner und Kleist, Grillparzer und Müllner, keine verheißungsvollen <lb n="pgo_453.015"/> Anläufe finden, ebensowenig in den Nachahmungen Schiller's von <lb n="pgo_453.016"/> Seiten <hi rendition="#g">Uhland's, Raupach's, Auffenberg's</hi> u. A.; denn der <lb n="pgo_453.017"/> Mysticismus, Somnambulismus und die fatalistische Geisterseherei der <lb n="pgo_453.018"/> ersteren war ebenso unersprießlich für unsere Bühne, wie die technisch <lb n="pgo_453.019"/> geschulten, aber geistig matten Nachahmungen der letzteren. Dagegen <lb n="pgo_453.020"/> finden wir in den zwar paradoxen, aber geistvollen, zwar pathologischen, <lb n="pgo_453.021"/> aber dramatisch markigen Tragödieen <hi rendition="#g">Hebbel's</hi> (Judith, Maria <lb n="pgo_453.022"/> Magdalena, Agnes Bernauerin) einen großen, nur zu sehr in Probleme <lb n="pgo_453.023"/> vertieften Kunstverstand, der auf eine noch strengere Fassung des dramatischen <lb n="pgo_453.024"/> Jnhalts hinarbeitet, als sie unsere Klassiker anstrebten; wir finden <lb n="pgo_453.025"/> in <hi rendition="#g">Gutzkow's</hi> „Uriel Acosta,“ in <hi rendition="#g">Laube's</hi> „Graf Essex“ und andern <lb n="pgo_453.026"/> Produktionen der modernen Schule Tragödieen von größerem Zusammenhalt, <lb n="pgo_453.027"/> als er in Schiller's Stücken vorhanden<note xml:id="PGO_453_1" place="foot" n="*)"><lb n="pgo_453.030"/> Vgl. über das neuere deutsche Drama meine „<hi rendition="#g">Nationallitteratur;</hi>“ über <lb n="pgo_453.031"/> <hi rendition="#g">Schiller's</hi> Tragödieen Bd. I. p. 33–42, p. 52–61; über <hi rendition="#g">Goethe's</hi>: p. 62–65; <lb n="pgo_453.032"/> p. 70; p. 74–86; die Schicksalstragödieen p. 162–186; Heinrich von Kleist <lb n="pgo_453.033"/> p. 321–335; Jmmermann p. 385–391; das originelle Kraftdrama Bd. II. p. 328 bis <lb n="pgo_453.034"/> 390; die deklamatorische Jambentragödie Bd. II. p. 390–445; das regenerirte <lb n="pgo_453.035"/> Bühnendrama p. 445–481.</note>. Die Aufgabe für die <lb n="pgo_453.028"/> moderne Tragödie, auf welche schon <hi rendition="#g">Grabbe</hi> bei seiner Verurtheilung <lb n="pgo_453.029"/> der einseitigen Shakespearomanien und ich selbst in meiner „National- </p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [453/0475]
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und Ausführung, John Webster durch Größe der Leidenschaft, pgo_453.002
Kraft der Charakteristik und der Darstellung, Ford durch tiefeingehende pgo_453.003
Motivirung ihm würdig zur Seite stehn. Von späteren englischen Dramatikern pgo_453.004
erreicht nur Thomas Otway ein ähnliches markiges Pathos pgo_453.005
der Leidenschaft bei einer äußerlich kunstgerechten, innerlich lockern Komposition. pgo_453.006
Jm Gegensatz zu dieser ganzen Richtung pflegte Ben Jonson pgo_453.007
die antike Tragödie (Sejanus, Catilina), deren in französischer Weise pgo_453.008
modificirte Normen von den späteren Dramatikern, Dryden, Addisson, pgo_453.009
Rowe, Home, Hughes u. A., adoptirt wurden.
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Einen neuen Aufschwung nahm die deutsche Tragödie der Schiller- pgo_453.011
Göthe'schen Epoche, der bis jetzt in den Tragödieen Schiller's kulminirt, pgo_453.012
ohne daß wir diesen Höhenpunkt für einen absoluten halten möchten. pgo_453.013
Wir können zwar in den Tragödieen der Romantiker, eines Zacharias pgo_453.014
Werner und Kleist, Grillparzer und Müllner, keine verheißungsvollen pgo_453.015
Anläufe finden, ebensowenig in den Nachahmungen Schiller's von pgo_453.016
Seiten Uhland's, Raupach's, Auffenberg's u. A.; denn der pgo_453.017
Mysticismus, Somnambulismus und die fatalistische Geisterseherei der pgo_453.018
ersteren war ebenso unersprießlich für unsere Bühne, wie die technisch pgo_453.019
geschulten, aber geistig matten Nachahmungen der letzteren. Dagegen pgo_453.020
finden wir in den zwar paradoxen, aber geistvollen, zwar pathologischen, pgo_453.021
aber dramatisch markigen Tragödieen Hebbel's (Judith, Maria pgo_453.022
Magdalena, Agnes Bernauerin) einen großen, nur zu sehr in Probleme pgo_453.023
vertieften Kunstverstand, der auf eine noch strengere Fassung des dramatischen pgo_453.024
Jnhalts hinarbeitet, als sie unsere Klassiker anstrebten; wir finden pgo_453.025
in Gutzkow's „Uriel Acosta,“ in Laube's „Graf Essex“ und andern pgo_453.026
Produktionen der modernen Schule Tragödieen von größerem Zusammenhalt, pgo_453.027
als er in Schiller's Stücken vorhanden *). Die Aufgabe für die pgo_453.028
moderne Tragödie, auf welche schon Grabbe bei seiner Verurtheilung pgo_453.029
der einseitigen Shakespearomanien und ich selbst in meiner „National-
*) pgo_453.030
Vgl. über das neuere deutsche Drama meine „Nationallitteratur;“ über pgo_453.031
Schiller's Tragödieen Bd. I. p. 33–42, p. 52–61; über Goethe's: p. 62–65; pgo_453.032
p. 70; p. 74–86; die Schicksalstragödieen p. 162–186; Heinrich von Kleist pgo_453.033
p. 321–335; Jmmermann p. 385–391; das originelle Kraftdrama Bd. II. p. 328 bis pgo_453.034
390; die deklamatorische Jambentragödie Bd. II. p. 390–445; das regenerirte pgo_453.035
Bühnendrama p. 445–481.
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