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Gottschall, Rudolph: Poetik. Die Dichtkunst und ihre Technik [v]om Standpunkte der Neuzeit. Breslau, 1858.

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die deutsche Muse ein und fanden ihren Wiederklang in Hölty's: pgo_323.002
"Schwermuthsvoll und dumpfig hallt Geläute." Auf landschaftlichem pgo_323.003
Hintergrunde trugen Salis und Mathisson ihre Klagen pgo_323.004
um die entschwundenen Spiele der Kindheit oder die Ruinen des Mittelalters pgo_323.005
auf, während Tiedge in seiner "Urania" sich über Gott und pgo_323.006
Unsterblichkeit vom Standpunkte thränenreicher Empfindung unter dem pgo_323.007
Schatten der Trauerweiden in weitschweifigen Ergüssen erging. Von pgo_323.008
dieser threnodischen Richtung befreiten erst Goethe und Schiller die pgo_323.009
deutsche Elegie; jener, indem er die üppigen Ranken kecker Sinnlichkeit pgo_323.010
um Roms welthistorische Trümmer schlang und einen Properzischen pgo_323.011
Liebesroman in anmuthige Distichen bannte; dieser, indem er den reichen pgo_323.012
Jnhalt seines Geistes in einer volltönenden Lyrik mit leisem elegischem pgo_323.013
Anhauch ausbreitete. Jn "den Göttern Griechenlands" tönt die pgo_323.014
Klage um eine versunkene Götterwelt, um die antike Beseelung der Natur, pgo_323.015
aus einem nüchternen, deistisch aufgeklärten Zeitalter; in der "Resignation" pgo_323.016
wird wehmüthiger Verzicht geleistet auf das Arkadien des pgo_323.017
Glaubens und Hoffens, auf den Traum der Unsterblichkeit; in den pgo_323.018
"Jdealen" wird die rauhe Wirklichkeit angeklagt, welche das glühende pgo_323.019
Herz des Jünglings um Liebe, Glück, Ruhm und Wahrheit betrogen pgo_323.020
und ihm Nichts gelassen, als die zarte Hand der Freundschaft und die pgo_323.021
nie ermattende Beschäftigung. Das schwere Traumbild des Erdenlebens, pgo_323.022
den trüben Sturm des Jammers löst der Dichter in der reinen pgo_323.023
ästhetischen Harmonie auf (das Jdeal und das Leben). Jm pgo_323.024
"Spaziergang" knüpft er an wechselnde Natur- und Landschaftsbilder pgo_323.025
ebenso tiefe wie schöne Gedanken über das moderne Leben und pgo_323.026
seine geistigen Beziehungen und tröstet sich über den Wechsel der geschichtlichen pgo_323.027
Thaten mit der wandellosen Harmonie der Natur. Derselbe Hauch pgo_323.028
träumerischer Wehmuth ist über die sonst klar ausgeprägten Reliefbilder pgo_323.029
des bürgerlichen Lebens im "Liede von der Glocke" ergossen und pgo_323.030
zieht sich durch die antikisirenden Studien, die Klage der Ceres und pgo_323.031
das "Siegesfest," in welchem die Grundstimmung des Dichters einen pgo_323.032
bezeichnenden Ausdruck fand:

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Rauch ist alles ird'sche Wesen, pgo_323.034
Wie des Dampfes Säule weht pgo_323.035
Schwinden alle Erdengrößen. --

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Zitationshilfe: Gottschall, Rudolph: Poetik. Die Dichtkunst und ihre Technik [v]om Standpunkte der Neuzeit. Breslau, 1858, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gottschall_poetik_1858/345>, abgerufen am 23.11.2024.