Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gottschall, Rudolph: Poetik. Die Dichtkunst und ihre Technik [v]om Standpunkte der Neuzeit. Breslau, 1858.

Bild:
<< vorherige Seite

pgo_240.001
zu schwermüthig oder zu schwerfällig. Außer Sappho und Alkäos pgo_240.002
haben Horaz, Klopstock, Hölty, Salis und Platen sapphische pgo_240.003
Oden gedichtet:

pgo_240.004
Beispiel: (gereimt)

pgo_240.005
Hier im stillen Thal an der Bergeshalde, pgo_240.006
Friedlich rings umkränzt vom verschwieg'nen Walde, pgo_240.007
Wo der Schilf im Teich, wenn der Abend düstert, pgo_240.008
Träumerisch flüstert.
pgo_240.009

Gottschall.

pgo_240.010
c. Die asklepiadäischen Verse.
pgo_240.011

_ _- _ _ _ _ | _ _ _ _ _ _

pgo_240.012
Dieser kleinere asklepiadäische Vers besteht aus zwei, durch eine scharfe pgo_240.013
Cäsur geschiedene Choriamben, denen ein Spondäus oder Trochäus pgo_240.014
vorausgeht und ein Jambus folgt. Dieser Vers wird entweder einfach pgo_240.015
wiederholt, wie in der bekannten Ode des Horaz:

pgo_240.016
Maecenas, atavis edite regibus,

pgo_240.017
oder es wird ihm ein glykonischer Vers (_ _ _ _ _ _ _ _) vorgesetzt:

pgo_240.018

_ _- _ _ _ _ _ _ pgo_240.019
_ _- _ _ _ _ | _ _ _ _ _ _

pgo_240.020
Jsis, Mutter Natur allein, pgo_240.021
Darf die schöpf'rische Gunst ihrem Gebieter weihn.
pgo_240.022

Gottschall.

pgo_240.023
oder es folgt auf drei asklepiadäische Verse ein glykonischer:

pgo_240.024

_ _ _ _ _ _ | _ _ _ _ _ _ pgo_240.025
_ _ _ _ _ _ | _ _ _ _ _ _ pgo_240.026
_ _ _ _ _ _ | _ _ _ _ _ _ pgo_240.027
_ _ _ _ _ _ _ _

pgo_240.028
Welchen König der Gott über die Könige pgo_240.029
Mit einweihendem Blick, als er geboren ward, pgo_240.030
Sah vom hohen Olymp, dieser wird Menschenfreund pgo_240.031
Sein und Vater des Vaterlands,

pgo_240.032
oder drei asklepiadäische Verse werden durch den pherekratischen pgo_240.033
(_ _- _ _ _ _ _) unterbrochen:

pgo_240.001
zu schwermüthig oder zu schwerfällig. Außer Sappho und Alkäos pgo_240.002
haben Horaz, Klopstock, Hölty, Salis und Platen sapphische pgo_240.003
Oden gedichtet:

pgo_240.004
Beispiel: (gereimt)

pgo_240.005
Hier im stillen Thal an der Bergeshalde, pgo_240.006
Friedlich rings umkränzt vom verschwieg'nen Walde, pgo_240.007
Wo der Schilf im Teich, wenn der Abend düstert, pgo_240.008
Träumerisch flüstert.
pgo_240.009

Gottschall.

pgo_240.010
c. Die asklepiadäischen Verse.
pgo_240.011

_ ‿ _ ‿ ‿ _ | _ ‿ ‿ _ ‿ _̆

pgo_240.012
Dieser kleinere asklepiadäische Vers besteht aus zwei, durch eine scharfe pgo_240.013
Cäsur geschiedene Choriamben, denen ein Spondäus oder Trochäus pgo_240.014
vorausgeht und ein Jambus folgt. Dieser Vers wird entweder einfach pgo_240.015
wiederholt, wie in der bekannten Ode des Horaz:

pgo_240.016
Maecenas, atavis edite regibus,

pgo_240.017
oder es wird ihm ein glykonischer Vers (_ ‿ _ ‿ ‿ _ ‿ _) vorgesetzt:

pgo_240.018

_ ‿ _ ‿ ‿ _ ‿ _ pgo_240.019
_ ‿ _ ‿ ‿ _ | _ ‿ ‿ _ ‿ _̆

pgo_240.020
Jsis, Mutter Natur allein, pgo_240.021
Darf die schöpf'rische Gunst ihrem Gebieter weihn.
pgo_240.022

Gottschall.

pgo_240.023
oder es folgt auf drei asklepiadäische Verse ein glykonischer:

pgo_240.024

_ ‿ _ ‿ ‿ _ | _ ‿ ‿ _ ‿ _̆ pgo_240.025
_ ‿ _ ‿ ‿ _ | _ ‿ ‿ _ ‿ _̆ pgo_240.026
_ ‿ _ ‿ ‿ _ | _ ‿ ‿ _ ‿ _̆ pgo_240.027
_ ‿ _ ‿ ‿ _ ‿ _

pgo_240.028
Welchen König der Gott über die Könige pgo_240.029
Mit einweihendem Blick, als er geboren ward, pgo_240.030
Sah vom hohen Olymp, dieser wird Menschenfreund pgo_240.031
Sein und Vater des Vaterlands,

pgo_240.032
oder drei asklepiadäische Verse werden durch den pherekratischen pgo_240.033
(_ ‿ _ ‿ ‿ _ ‿) unterbrochen:

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <p><pb facs="#f0262" n="240"/><lb n="pgo_240.001"/>
zu schwermüthig oder zu schwerfällig. Außer <hi rendition="#g">Sappho</hi> und <hi rendition="#g">Alkäos</hi> <lb n="pgo_240.002"/>
haben <hi rendition="#g">Horaz, Klopstock, Hölty, Salis</hi> und <hi rendition="#g">Platen</hi> sapphische <lb n="pgo_240.003"/>
Oden gedichtet:</p>
                  <p><lb n="pgo_240.004"/><hi rendition="#g">Beispiel: (gereimt</hi>)</p>
                  <lb n="pgo_240.005"/>
                  <lg>
                    <l>Hier im stillen Thal an der Bergeshalde,</l>
                    <lb n="pgo_240.006"/>
                    <l>Friedlich rings umkränzt vom verschwieg'nen Walde,</l>
                    <lb n="pgo_240.007"/>
                    <l>Wo der Schilf im Teich, wenn der Abend düstert,</l>
                    <lb n="pgo_240.008"/>
                    <l>Träumerisch flüstert.</l>
                  </lg>
                  <lb n="pgo_240.009"/>
                  <p> <hi rendition="#right"><hi rendition="#g">Gottschall</hi>.</hi> </p>
                </div>
                <div n="6">
                  <lb n="pgo_240.010"/>
                  <head> <hi rendition="#c">c. <hi rendition="#g">Die asklepiadäischen Verse.</hi></hi> </head>
                  <lb n="pgo_240.011"/>
                  <p> <hi rendition="#right">_ &#x203F;<metamark function="metEmph" place="superlinear">&#x2500;</metamark> _ &#x203F; &#x203F; _ | _ &#x203F; &#x203F; _ &#x203F; _&#x0306;</hi> </p>
                  <p><lb n="pgo_240.012"/>
Dieser kleinere asklepiadäische Vers besteht aus zwei, durch eine scharfe <lb n="pgo_240.013"/>
Cäsur geschiedene Choriamben, denen ein Spondäus oder Trochäus <lb n="pgo_240.014"/>
vorausgeht und ein Jambus folgt. Dieser Vers wird entweder einfach <lb n="pgo_240.015"/>
wiederholt, wie in der bekannten Ode des Horaz:</p>
                  <lb n="pgo_240.016"/>
                  <lg>
                    <l><hi rendition="#aq">Maecenas, atavis edite regibus</hi>,</l>
                  </lg>
                  <p><lb n="pgo_240.017"/>
oder es wird ihm ein <hi rendition="#g">glykonischer Vers</hi> (_ &#x203F; _ &#x203F; &#x203F; _ &#x203F; _) vorgesetzt:</p>
                  <lb n="pgo_240.018"/>
                  <p> <hi rendition="#right">_ &#x203F;<metamark function="metEmph" place="superlinear">&#x2500;</metamark> _ &#x203F; &#x203F; _ &#x203F; _ <lb n="pgo_240.019"/>
_ &#x203F;<metamark function="metEmph" place="superlinear">&#x2500;</metamark> _ &#x203F; &#x203F; _ | _ &#x203F; &#x203F; _ &#x203F; _&#x0306;</hi> </p>
                  <lb n="pgo_240.020"/>
                  <lg>
                    <l>Jsis, Mutter Natur allein,</l>
                    <lb n="pgo_240.021"/>
                    <l>Darf die schöpf'rische Gunst ihrem Gebieter weihn.</l>
                  </lg>
                  <lb n="pgo_240.022"/>
                  <p> <hi rendition="#right"><hi rendition="#g">Gottschall</hi>.</hi> </p>
                  <p><lb n="pgo_240.023"/>
oder es folgt auf drei asklepiadäische Verse ein glykonischer:</p>
                  <lb n="pgo_240.024"/>
                  <p> <hi rendition="#right">_ &#x203F; _ &#x203F; &#x203F; _ | _ &#x203F; &#x203F; _ &#x203F; _&#x0306; <lb n="pgo_240.025"/>
_ &#x203F; _ &#x203F; &#x203F; _ | _ &#x203F; &#x203F; _ &#x203F; _&#x0306; <lb n="pgo_240.026"/>
_ &#x203F; _ &#x203F; &#x203F; _ | _ &#x203F; &#x203F; _ &#x203F; _&#x0306; <lb n="pgo_240.027"/>
_ &#x203F; _ &#x203F; &#x203F; _ &#x203F; _</hi> </p>
                  <lb n="pgo_240.028"/>
                  <lg>
                    <l>Welchen König der Gott über die Könige</l>
                    <lb n="pgo_240.029"/>
                    <l>Mit einweihendem Blick, als er geboren ward,</l>
                    <lb n="pgo_240.030"/>
                    <l>Sah vom hohen Olymp, dieser wird Menschenfreund</l>
                    <lb n="pgo_240.031"/>
                    <l>Sein und Vater des Vaterlands,</l>
                  </lg>
                  <p><lb n="pgo_240.032"/>
oder drei asklepiadäische Verse werden durch den <hi rendition="#g">pherekratischen</hi> <lb n="pgo_240.033"/>
(_ &#x203F;<metamark function="metEmph" place="superlinear">&#x2500;</metamark> _ &#x203F; &#x203F; _ &#x203F;) unterbrochen:</p>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[240/0262] pgo_240.001 zu schwermüthig oder zu schwerfällig. Außer Sappho und Alkäos pgo_240.002 haben Horaz, Klopstock, Hölty, Salis und Platen sapphische pgo_240.003 Oden gedichtet: pgo_240.004 Beispiel: (gereimt) pgo_240.005 Hier im stillen Thal an der Bergeshalde, pgo_240.006 Friedlich rings umkränzt vom verschwieg'nen Walde, pgo_240.007 Wo der Schilf im Teich, wenn der Abend düstert, pgo_240.008 Träumerisch flüstert. pgo_240.009 Gottschall. pgo_240.010 c. Die asklepiadäischen Verse. pgo_240.011 _ ‿─ _ ‿ ‿ _ | _ ‿ ‿ _ ‿ _̆ pgo_240.012 Dieser kleinere asklepiadäische Vers besteht aus zwei, durch eine scharfe pgo_240.013 Cäsur geschiedene Choriamben, denen ein Spondäus oder Trochäus pgo_240.014 vorausgeht und ein Jambus folgt. Dieser Vers wird entweder einfach pgo_240.015 wiederholt, wie in der bekannten Ode des Horaz: pgo_240.016 Maecenas, atavis edite regibus, pgo_240.017 oder es wird ihm ein glykonischer Vers (_ ‿ _ ‿ ‿ _ ‿ _) vorgesetzt: pgo_240.018 _ ‿─ _ ‿ ‿ _ ‿ _ pgo_240.019 _ ‿─ _ ‿ ‿ _ | _ ‿ ‿ _ ‿ _̆ pgo_240.020 Jsis, Mutter Natur allein, pgo_240.021 Darf die schöpf'rische Gunst ihrem Gebieter weihn. pgo_240.022 Gottschall. pgo_240.023 oder es folgt auf drei asklepiadäische Verse ein glykonischer: pgo_240.024 _ ‿ _ ‿ ‿ _ | _ ‿ ‿ _ ‿ _̆ pgo_240.025 _ ‿ _ ‿ ‿ _ | _ ‿ ‿ _ ‿ _̆ pgo_240.026 _ ‿ _ ‿ ‿ _ | _ ‿ ‿ _ ‿ _̆ pgo_240.027 _ ‿ _ ‿ ‿ _ ‿ _ pgo_240.028 Welchen König der Gott über die Könige pgo_240.029 Mit einweihendem Blick, als er geboren ward, pgo_240.030 Sah vom hohen Olymp, dieser wird Menschenfreund pgo_240.031 Sein und Vater des Vaterlands, pgo_240.032 oder drei asklepiadäische Verse werden durch den pherekratischen pgo_240.033 (_ ‿─ _ ‿ ‿ _ ‿) unterbrochen:

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Sandra Richter: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gottschall_poetik_1858
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gottschall_poetik_1858/262
Zitationshilfe: Gottschall, Rudolph: Poetik. Die Dichtkunst und ihre Technik [v]om Standpunkte der Neuzeit. Breslau, 1858, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gottschall_poetik_1858/262>, abgerufen am 11.05.2024.