Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gottschalck, Friedrich: Die Sagen und Volksmährchen der Deutschen. Halle, 1814.

Bild:
<< vorherige Seite

und Schmerz, vor Wehmuth und Gram. Doch ermannte er sich, folgte unbekannt dem festlichen Zuge nach in seine Burg, und mischte sich mit unter die Gäste in dem weiten Prunksaal. Da ging nun der gastfreundschaftliche Becher herum bei allen Anwesenden, und auch Kuno wurde er gereicht. Er trank ihn halb aus, ließ während dem unvermerkt die wohlverwahrte Hälfte des ehelichen Trauringes hineinfallen, und reichte den Becher der Braut. Ohne den Fremdling zu erkennen, - denn wie hatten diesen Gram und Kummer verstellt, - führte sie den Pokal zum Munde, blickte zufällig hinein, erschrak, warf einen zweifelhaften und prüfenden Blick bald auf Kuno, bald auf des Ringes Hälfte, griff in ihren Busen, zog die andere Hälfte des Ringes hervor, warf sie auch in den Wein, und da - seht das schöne, das erfreuliche Wunder! - vereinigten sich die beiden Hälften zum festen nun nicht mehr zu

und Schmerz, vor Wehmuth und Gram. Doch ermannte er sich, folgte unbekannt dem festlichen Zuge nach in seine Burg, und mischte sich mit unter die Gäste in dem weiten Prunksaal. Da ging nun der gastfreundschaftliche Becher herum bei allen Anwesenden, und auch Kuno wurde er gereicht. Er trank ihn halb aus, ließ während dem unvermerkt die wohlverwahrte Hälfte des ehelichen Trauringes hineinfallen, und reichte den Becher der Braut. Ohne den Fremdling zu erkennen, – denn wie hatten diesen Gram und Kummer verstellt, – führte sie den Pokal zum Munde, blickte zufällig hinein, erschrak, warf einen zweifelhaften und prüfenden Blick bald auf Kuno, bald auf des Ringes Hälfte, griff in ihren Busen, zog die andere Hälfte des Ringes hervor, warf sie auch in den Wein, und da – seht das schöne, das erfreuliche Wunder! – vereinigten sich die beiden Hälften zum festen nun nicht mehr zu

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0391" n="352"/>
und Schmerz, vor Wehmuth und Gram. Doch ermannte er sich, folgte unbekannt dem festlichen Zuge nach in seine Burg, und mischte sich mit unter die Gäste in dem weiten Prunksaal. Da ging nun der gastfreundschaftliche Becher herum bei allen Anwesenden, und auch Kuno wurde er gereicht. Er trank ihn halb aus, ließ während dem unvermerkt die wohlverwahrte Hälfte des ehelichen Trauringes hineinfallen, und reichte den Becher der Braut. Ohne den Fremdling zu erkennen, &#x2013; denn wie hatten diesen Gram und Kummer verstellt, &#x2013; führte sie den Pokal zum Munde, blickte zufällig hinein, erschrak, warf einen zweifelhaften und prüfenden Blick bald auf Kuno, bald auf des Ringes Hälfte, griff in ihren Busen, zog die andere Hälfte des Ringes hervor, warf sie auch in den Wein, und da &#x2013; seht das schöne, das erfreuliche Wunder! &#x2013; vereinigten sich die beiden Hälften zum festen nun nicht mehr zu
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[352/0391] und Schmerz, vor Wehmuth und Gram. Doch ermannte er sich, folgte unbekannt dem festlichen Zuge nach in seine Burg, und mischte sich mit unter die Gäste in dem weiten Prunksaal. Da ging nun der gastfreundschaftliche Becher herum bei allen Anwesenden, und auch Kuno wurde er gereicht. Er trank ihn halb aus, ließ während dem unvermerkt die wohlverwahrte Hälfte des ehelichen Trauringes hineinfallen, und reichte den Becher der Braut. Ohne den Fremdling zu erkennen, – denn wie hatten diesen Gram und Kummer verstellt, – führte sie den Pokal zum Munde, blickte zufällig hinein, erschrak, warf einen zweifelhaften und prüfenden Blick bald auf Kuno, bald auf des Ringes Hälfte, griff in ihren Busen, zog die andere Hälfte des Ringes hervor, warf sie auch in den Wein, und da – seht das schöne, das erfreuliche Wunder! – vereinigten sich die beiden Hälften zum festen nun nicht mehr zu

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-26T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-26T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-26T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Überschriebene „e“ über den Vokalen „a“, „o“ und „u“ werden als moderne Umlaute transkribiert.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gottschalck_sagen_1814
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gottschalck_sagen_1814/391
Zitationshilfe: Gottschalck, Friedrich: Die Sagen und Volksmährchen der Deutschen. Halle, 1814, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gottschalck_sagen_1814/391>, abgerufen am 26.04.2024.