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Gottschalck, Friedrich: Die Sagen und Volksmährchen der Deutschen. Halle, 1814.

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Gallop über Berg und Thal, über Land und Meer. Schneidend pfiff die Luft in Kuno's Locken, so schnell durchflog er sie, und oft schwindelte ihn ob des raschen Laufs. Aber er blieb dabei immer wach. Sein fester Glaube, und die mit seiner Reise verknüpfte Gefahr, verscheuchte jeden Schlaf, und ängstlich hielt er sich in der rauhen Mähne des Löwen fest, um nicht herab zu taumeln, und im raschen Fluge an Felsen zu zerschellen.

Doch, als der Abend herandunkelte, da begannen ihm die Augenlieder zu sinken. Mit der höchsten Anstrengung suchte er sie offen zu erhalten, aber umsonst! Sie sanken und sanken. Da ergriff ihn plötzlich der höchste Grad der Angst und Verzweiflung, und laut schrie er Gott um Hülfe und Rettung an. Die kam auch. Zwei muntere Falken schwebten hernieder, flatterten erst um den höllischen Renner in Kreisen herum, dann setzte sich der eine auf das Haupt des Ritters,

Gallop über Berg und Thal, über Land und Meer. Schneidend pfiff die Luft in Kuno’s Locken, so schnell durchflog er sie, und oft schwindelte ihn ob des raschen Laufs. Aber er blieb dabei immer wach. Sein fester Glaube, und die mit seiner Reise verknüpfte Gefahr, verscheuchte jeden Schlaf, und ängstlich hielt er sich in der rauhen Mähne des Löwen fest, um nicht herab zu taumeln, und im raschen Fluge an Felsen zu zerschellen.

Doch, als der Abend herandunkelte, da begannen ihm die Augenlieder zu sinken. Mit der höchsten Anstrengung suchte er sie offen zu erhalten, aber umsonst! Sie sanken und sanken. Da ergriff ihn plötzlich der höchste Grad der Angst und Verzweiflung, und laut schrie er Gott um Hülfe und Rettung an. Die kam auch. Zwei muntere Falken schwebten hernieder, flatterten erst um den höllischen Renner in Kreisen herum, dann setzte sich der eine auf das Haupt des Ritters,

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[350/0389] Gallop über Berg und Thal, über Land und Meer. Schneidend pfiff die Luft in Kuno’s Locken, so schnell durchflog er sie, und oft schwindelte ihn ob des raschen Laufs. Aber er blieb dabei immer wach. Sein fester Glaube, und die mit seiner Reise verknüpfte Gefahr, verscheuchte jeden Schlaf, und ängstlich hielt er sich in der rauhen Mähne des Löwen fest, um nicht herab zu taumeln, und im raschen Fluge an Felsen zu zerschellen. Doch, als der Abend herandunkelte, da begannen ihm die Augenlieder zu sinken. Mit der höchsten Anstrengung suchte er sie offen zu erhalten, aber umsonst! Sie sanken und sanken. Da ergriff ihn plötzlich der höchste Grad der Angst und Verzweiflung, und laut schrie er Gott um Hülfe und Rettung an. Die kam auch. Zwei muntere Falken schwebten hernieder, flatterten erst um den höllischen Renner in Kreisen herum, dann setzte sich der eine auf das Haupt des Ritters,

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Zitationshilfe: Gottschalck, Friedrich: Die Sagen und Volksmährchen der Deutschen. Halle, 1814, S. 350. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gottschalck_sagen_1814/389>, abgerufen am 26.04.2024.