Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gottschalck, Friedrich: Die Sagen und Volksmährchen der Deutschen. Halle, 1814.

Bild:
<< vorherige Seite

entstand zwischen den Kämmerlingen des Bischofs von Hildesheim und des Fürstabts von Fulda - beide geistliche Herren waren vom Kaiser zum Feste eingeladen - ein Rangstreit wegen des Vorsitzes. Einer auf altes Herkommen gegründeten Gewohnheit nach, saßen die Aebte von Fulda, bei Versammlungen der Bischöfe, immer zunächst dem Erzbischofe von Mainz. Sie verwalteten bei der Kaiserin das Amt eines Erzkanzlers, was die Erzbischöfe von Mainz beim Kaiser bekleideten, und aus diesem Grunde behaupteten sie den Sitz neben dem Mainzer. Der Bischof von Hildesheim meinte dagegen: in seinem Kirchsprengel könne ihm nur der Erzbischof, sonst niemand, vorsitzen. Da nun keiner ihrer Diener seinem Herrn etwas vergeben, und keiner gutwillig weichen wollte, so kam's in der Kirche von Worten zu Thätlichkeiten, denen nur durch das Ansehn des Herzogs Otto von Baiern, der zugegen und Fuldaisch

entstand zwischen den Kämmerlingen des Bischofs von Hildesheim und des Fürstabts von Fulda – beide geistliche Herren waren vom Kaiser zum Feste eingeladen – ein Rangstreit wegen des Vorsitzes. Einer auf altes Herkommen gegründeten Gewohnheit nach, saßen die Aebte von Fulda, bei Versammlungen der Bischöfe, immer zunächst dem Erzbischofe von Mainz. Sie verwalteten bei der Kaiserin das Amt eines Erzkanzlers, was die Erzbischöfe von Mainz beim Kaiser bekleideten, und aus diesem Grunde behaupteten sie den Sitz neben dem Mainzer. Der Bischof von Hildesheim meinte dagegen: in seinem Kirchsprengel könne ihm nur der Erzbischof, sonst niemand, vorsitzen. Da nun keiner ihrer Diener seinem Herrn etwas vergeben, und keiner gutwillig weichen wollte, so kam’s in der Kirche von Worten zu Thätlichkeiten, denen nur durch das Ansehn des Herzogs Otto von Baiern, der zugegen und Fuldaisch

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0272" n="233"/>
entstand zwischen den Kämmerlingen des Bischofs von Hildesheim und des Fürstabts von Fulda &#x2013; beide geistliche Herren waren vom Kaiser zum Feste eingeladen &#x2013; ein Rangstreit wegen des Vorsitzes. Einer auf altes Herkommen gegründeten Gewohnheit nach, saßen die Aebte von Fulda, bei Versammlungen der Bischöfe, immer zunächst dem Erzbischofe von Mainz. Sie verwalteten bei der Kaiserin das Amt eines Erzkanzlers, was die Erzbischöfe von Mainz beim Kaiser bekleideten, und aus diesem Grunde behaupteten sie den Sitz neben dem Mainzer. Der Bischof von Hildesheim meinte dagegen: in seinem Kirchsprengel könne ihm nur der Erzbischof, sonst niemand, vorsitzen. Da nun keiner ihrer Diener seinem Herrn etwas vergeben, und keiner gutwillig weichen wollte, so kam&#x2019;s in der Kirche von Worten zu Thätlichkeiten, denen nur durch das Ansehn des Herzogs Otto von Baiern, der zugegen und Fuldaisch
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[233/0272] entstand zwischen den Kämmerlingen des Bischofs von Hildesheim und des Fürstabts von Fulda – beide geistliche Herren waren vom Kaiser zum Feste eingeladen – ein Rangstreit wegen des Vorsitzes. Einer auf altes Herkommen gegründeten Gewohnheit nach, saßen die Aebte von Fulda, bei Versammlungen der Bischöfe, immer zunächst dem Erzbischofe von Mainz. Sie verwalteten bei der Kaiserin das Amt eines Erzkanzlers, was die Erzbischöfe von Mainz beim Kaiser bekleideten, und aus diesem Grunde behaupteten sie den Sitz neben dem Mainzer. Der Bischof von Hildesheim meinte dagegen: in seinem Kirchsprengel könne ihm nur der Erzbischof, sonst niemand, vorsitzen. Da nun keiner ihrer Diener seinem Herrn etwas vergeben, und keiner gutwillig weichen wollte, so kam’s in der Kirche von Worten zu Thätlichkeiten, denen nur durch das Ansehn des Herzogs Otto von Baiern, der zugegen und Fuldaisch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-26T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-26T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-26T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Überschriebene „e“ über den Vokalen „a“, „o“ und „u“ werden als moderne Umlaute transkribiert.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gottschalck_sagen_1814
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gottschalck_sagen_1814/272
Zitationshilfe: Gottschalck, Friedrich: Die Sagen und Volksmährchen der Deutschen. Halle, 1814, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gottschalck_sagen_1814/272>, abgerufen am 24.11.2024.