Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gottschalck, Friedrich: Die Sagen und Volksmährchen der Deutschen. Halle, 1814.

Bild:
<< vorherige Seite

Neckar, oder hinauf zum stillen Himmel. Aber wie lange sie auch hinausschaute in die ruhige Nacht, so wollt's doch nicht ruhig werden in ihrer Brust. Und wenn der Sturmwind an ihrem Erkerfenster vorüberbrauste, so stand sie auch oft da, und ihre Seufzer flogen mit dem Sturmwinde in die Welt hinein, und ihre Thränen fielen oft mit den Regentropfen hinab in den Zwinger, und die Maslieben blüheten immer frischer, und die Kartheusernelken blüheten immer rother davon auf, und achteten's nicht, daß sie mit Thränen genetzt wurden. Aber Notburga's Wangen wurden immer bleicher und immer bleicher, und achtete lange niemand darauf.

Da trat der Kaiser, ihr Vater, eines Tages zu ihr, und sprach mit seinem rauhen Tone:

"Mach' dich gefaßt, Burga, dein Bräutigam wird in drei Tagen kommen."

Neckar, oder hinauf zum stillen Himmel. Aber wie lange sie auch hinausschaute in die ruhige Nacht, so wollt’s doch nicht ruhig werden in ihrer Brust. Und wenn der Sturmwind an ihrem Erkerfenster vorüberbrauste, so stand sie auch oft da, und ihre Seufzer flogen mit dem Sturmwinde in die Welt hinein, und ihre Thränen fielen oft mit den Regentropfen hinab in den Zwinger, und die Maslieben blüheten immer frischer, und die Kartheusernelken blüheten immer rother davon auf, und achteten’s nicht, daß sie mit Thränen genetzt wurden. Aber Notburga’s Wangen wurden immer bleicher und immer bleicher, und achtete lange niemand darauf.

Da trat der Kaiser, ihr Vater, eines Tages zu ihr, und sprach mit seinem rauhen Tone:

„Mach’ dich gefaßt, Burga, dein Bräutigam wird in drei Tagen kommen.“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0202" n="163"/>
Neckar, oder hinauf zum stillen Himmel. Aber wie lange sie auch hinausschaute in die ruhige Nacht, so wollt&#x2019;s doch nicht ruhig werden in ihrer Brust. Und wenn der Sturmwind an ihrem Erkerfenster vorüberbrauste, so stand sie auch oft da, und ihre Seufzer flogen mit dem Sturmwinde in die Welt hinein, und ihre Thränen fielen oft mit den Regentropfen hinab in den Zwinger, und die Maslieben blüheten immer frischer, und die Kartheusernelken blüheten immer rother davon auf, und achteten&#x2019;s nicht, daß sie mit Thränen genetzt wurden. Aber Notburga&#x2019;s Wangen wurden immer bleicher und immer bleicher, und achtete lange niemand darauf.</p>
        <p>Da trat der Kaiser, ihr Vater, eines Tages zu ihr, und sprach mit seinem rauhen Tone:</p>
        <p>&#x201E;Mach&#x2019; dich gefaßt, Burga, dein Bräutigam wird in drei Tagen kommen.&#x201C;</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[163/0202] Neckar, oder hinauf zum stillen Himmel. Aber wie lange sie auch hinausschaute in die ruhige Nacht, so wollt’s doch nicht ruhig werden in ihrer Brust. Und wenn der Sturmwind an ihrem Erkerfenster vorüberbrauste, so stand sie auch oft da, und ihre Seufzer flogen mit dem Sturmwinde in die Welt hinein, und ihre Thränen fielen oft mit den Regentropfen hinab in den Zwinger, und die Maslieben blüheten immer frischer, und die Kartheusernelken blüheten immer rother davon auf, und achteten’s nicht, daß sie mit Thränen genetzt wurden. Aber Notburga’s Wangen wurden immer bleicher und immer bleicher, und achtete lange niemand darauf. Da trat der Kaiser, ihr Vater, eines Tages zu ihr, und sprach mit seinem rauhen Tone: „Mach’ dich gefaßt, Burga, dein Bräutigam wird in drei Tagen kommen.“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-26T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-26T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-26T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Überschriebene „e“ über den Vokalen „a“, „o“ und „u“ werden als moderne Umlaute transkribiert.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gottschalck_sagen_1814
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gottschalck_sagen_1814/202
Zitationshilfe: Gottschalck, Friedrich: Die Sagen und Volksmährchen der Deutschen. Halle, 1814, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gottschalck_sagen_1814/202>, abgerufen am 24.04.2024.