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Gottschalck, Friedrich: Die Sagen und Volksmährchen der Deutschen. Halle, 1814.

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in der Priegnitz entstand auf diese Weise. Das Volk erzählt davon folgende Sage:

Im Dorfe Techow fand sich einmal den Freitag nach dem Himmelfahrtsfeste ein Jude aus Freiberg in Sachsen ein. Da ihn die Nacht übereilt hatte, so blieb er im Gasthofe. In der Mitternachtsstunde erbrach er aber die Kirche des Dorfs, und stahl die geheiligte Monstranz sammt der darin befindlichen Hostie. Zwar eilte er gleich mit der Beute fort, war aber kaum einige hundert Schritte vom Dorfe, so konnte er nicht von der Stelle. Er setzte sich unter einer Eiche nieder, zerrieb vor Angst die Hostie, und grub sie zwischen einem Galgen und einem dabei stehenden Pfahle mit einem Rade in die Erde. Nun konnte er zwar wieder fortgehen, aber seine Hände waren voll Blut.

Unterdessen war in Techow der Kirchenraub entdeckt worden, und der Verdacht fiel gleich auf den Juden. Es wurde ihm nachgesetzt,

in der Priegnitz entstand auf diese Weise. Das Volk erzählt davon folgende Sage:

Im Dorfe Techow fand sich einmal den Freitag nach dem Himmelfahrtsfeste ein Jude aus Freiberg in Sachsen ein. Da ihn die Nacht übereilt hatte, so blieb er im Gasthofe. In der Mitternachtsstunde erbrach er aber die Kirche des Dorfs, und stahl die geheiligte Monstranz sammt der darin befindlichen Hostie. Zwar eilte er gleich mit der Beute fort, war aber kaum einige hundert Schritte vom Dorfe, so konnte er nicht von der Stelle. Er setzte sich unter einer Eiche nieder, zerrieb vor Angst die Hostie, und grub sie zwischen einem Galgen und einem dabei stehenden Pfahle mit einem Rade in die Erde. Nun konnte er zwar wieder fortgehen, aber seine Hände waren voll Blut.

Unterdessen war in Techow der Kirchenraub entdeckt worden, und der Verdacht fiel gleich auf den Juden. Es wurde ihm nachgesetzt,

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[129/0168] in der Priegnitz entstand auf diese Weise. Das Volk erzählt davon folgende Sage: Im Dorfe Techow fand sich einmal den Freitag nach dem Himmelfahrtsfeste ein Jude aus Freiberg in Sachsen ein. Da ihn die Nacht übereilt hatte, so blieb er im Gasthofe. In der Mitternachtsstunde erbrach er aber die Kirche des Dorfs, und stahl die geheiligte Monstranz sammt der darin befindlichen Hostie. Zwar eilte er gleich mit der Beute fort, war aber kaum einige hundert Schritte vom Dorfe, so konnte er nicht von der Stelle. Er setzte sich unter einer Eiche nieder, zerrieb vor Angst die Hostie, und grub sie zwischen einem Galgen und einem dabei stehenden Pfahle mit einem Rade in die Erde. Nun konnte er zwar wieder fortgehen, aber seine Hände waren voll Blut. Unterdessen war in Techow der Kirchenraub entdeckt worden, und der Verdacht fiel gleich auf den Juden. Es wurde ihm nachgesetzt,

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Zitationshilfe: Gottschalck, Friedrich: Die Sagen und Volksmährchen der Deutschen. Halle, 1814, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gottschalck_sagen_1814/168>, abgerufen am 28.03.2024.