Gotthelf, Jeremias [d. i. Albert Bitzius]: Kurt von Koppigen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–194. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Mittel zur Versöhnung sicher zu sein; er wandte sich rasch zu Kurt und fragte nach seines Freundes Bestellung. Kurt erzählte und fragte um Rath. Diese Frage schien dem Waldbruder ungleich bedenklicher als der Köchin Stimmung; nachdem er genau gefragt, wo sie überfallen, ob er gesehen worden und wie weit verfolgt, sagte er endlich: Mußt weiter reiten, hier bist du nicht sicher; die Herren werden das Aeußerste aufbieten, auch dich zu fangen, denn Jeder will den Verdacht von sich abwälzen, als sei er euer Hehler und Bundesgenosse. Ich hörte von euerm Treiben, glaubte, es treibe dies unter der Hand einer der Herren auf seine Rechnung; dachte nicht daran, daß Uli von Gütsch, der alte Fuchs, so was Tolles unternehme und sämmtlichen Herrschaften ins Handwerk Pfusche, wo sämmtliche nichts eifriger thun werden, als es ihm legen. Ein Glück für ihn ist, daß er in der Zofinger Hände gefallen, die treiben viel, doch nicht Straßenraub, haben also nicht Ursache zum Brotneid, und Uli wird sich aus ihrer Schlinge schwatzen, vielleicht gar in ihren Dienst hinein. Um so rachsüchtiger werden sie dich verfolgen, vor ihrem Zorne vermag ich dich nicht zu schützen; vor einem Heiligen, wie ich, haben die Herren keinen Respect, ihr Interesse ist ihr Gott; vor den Bauern wärest du sicher hier, bei ihnen findet sich der wahre Glaube noch. Und doch heile ich den Herren ihr Vieh umsonst, bereite ihnen manchen Trank umsonst, aber da ist keine Dankbarkeit; wären Mittel zur Versöhnung sicher zu sein; er wandte sich rasch zu Kurt und fragte nach seines Freundes Bestellung. Kurt erzählte und fragte um Rath. Diese Frage schien dem Waldbruder ungleich bedenklicher als der Köchin Stimmung; nachdem er genau gefragt, wo sie überfallen, ob er gesehen worden und wie weit verfolgt, sagte er endlich: Mußt weiter reiten, hier bist du nicht sicher; die Herren werden das Aeußerste aufbieten, auch dich zu fangen, denn Jeder will den Verdacht von sich abwälzen, als sei er euer Hehler und Bundesgenosse. Ich hörte von euerm Treiben, glaubte, es treibe dies unter der Hand einer der Herren auf seine Rechnung; dachte nicht daran, daß Uli von Gütsch, der alte Fuchs, so was Tolles unternehme und sämmtlichen Herrschaften ins Handwerk Pfusche, wo sämmtliche nichts eifriger thun werden, als es ihm legen. Ein Glück für ihn ist, daß er in der Zofinger Hände gefallen, die treiben viel, doch nicht Straßenraub, haben also nicht Ursache zum Brotneid, und Uli wird sich aus ihrer Schlinge schwatzen, vielleicht gar in ihren Dienst hinein. Um so rachsüchtiger werden sie dich verfolgen, vor ihrem Zorne vermag ich dich nicht zu schützen; vor einem Heiligen, wie ich, haben die Herren keinen Respect, ihr Interesse ist ihr Gott; vor den Bauern wärest du sicher hier, bei ihnen findet sich der wahre Glaube noch. Und doch heile ich den Herren ihr Vieh umsonst, bereite ihnen manchen Trank umsonst, aber da ist keine Dankbarkeit; wären <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="0"> <p><pb facs="#f0059"/> Mittel zur Versöhnung sicher zu sein; er wandte sich rasch zu Kurt und fragte nach seines Freundes Bestellung. Kurt erzählte und fragte um Rath. Diese Frage schien dem Waldbruder ungleich bedenklicher als der Köchin Stimmung; nachdem er genau gefragt, wo sie überfallen, ob er gesehen worden und wie weit verfolgt, sagte er endlich: Mußt weiter reiten, hier bist du nicht sicher; die Herren werden das Aeußerste aufbieten, auch dich zu fangen, denn Jeder will den Verdacht von sich abwälzen, als sei er euer Hehler und Bundesgenosse. Ich hörte von euerm Treiben, glaubte, es treibe dies unter der Hand einer der Herren auf seine Rechnung; dachte nicht daran, daß Uli von Gütsch, der alte Fuchs, so was Tolles unternehme und sämmtlichen Herrschaften ins Handwerk Pfusche, wo sämmtliche nichts eifriger thun werden, als es ihm legen. Ein Glück für ihn ist, daß er in der Zofinger Hände gefallen, die treiben viel, doch nicht Straßenraub, haben also nicht Ursache zum Brotneid, und Uli wird sich aus ihrer Schlinge schwatzen, vielleicht gar in ihren Dienst hinein. Um so rachsüchtiger werden sie dich verfolgen, vor ihrem Zorne vermag ich dich nicht zu schützen; vor einem Heiligen, wie ich, haben die Herren keinen Respect, ihr Interesse ist ihr Gott; vor den Bauern wärest du sicher hier, bei ihnen findet sich der wahre Glaube noch. Und doch heile ich den Herren ihr Vieh umsonst, bereite ihnen manchen Trank umsonst, aber da ist keine Dankbarkeit; wären<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0059]
Mittel zur Versöhnung sicher zu sein; er wandte sich rasch zu Kurt und fragte nach seines Freundes Bestellung. Kurt erzählte und fragte um Rath. Diese Frage schien dem Waldbruder ungleich bedenklicher als der Köchin Stimmung; nachdem er genau gefragt, wo sie überfallen, ob er gesehen worden und wie weit verfolgt, sagte er endlich: Mußt weiter reiten, hier bist du nicht sicher; die Herren werden das Aeußerste aufbieten, auch dich zu fangen, denn Jeder will den Verdacht von sich abwälzen, als sei er euer Hehler und Bundesgenosse. Ich hörte von euerm Treiben, glaubte, es treibe dies unter der Hand einer der Herren auf seine Rechnung; dachte nicht daran, daß Uli von Gütsch, der alte Fuchs, so was Tolles unternehme und sämmtlichen Herrschaften ins Handwerk Pfusche, wo sämmtliche nichts eifriger thun werden, als es ihm legen. Ein Glück für ihn ist, daß er in der Zofinger Hände gefallen, die treiben viel, doch nicht Straßenraub, haben also nicht Ursache zum Brotneid, und Uli wird sich aus ihrer Schlinge schwatzen, vielleicht gar in ihren Dienst hinein. Um so rachsüchtiger werden sie dich verfolgen, vor ihrem Zorne vermag ich dich nicht zu schützen; vor einem Heiligen, wie ich, haben die Herren keinen Respect, ihr Interesse ist ihr Gott; vor den Bauern wärest du sicher hier, bei ihnen findet sich der wahre Glaube noch. Und doch heile ich den Herren ihr Vieh umsonst, bereite ihnen manchen Trank umsonst, aber da ist keine Dankbarkeit; wären
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Zitationshilfe: | Gotthelf, Jeremias [d. i. Albert Bitzius]: Kurt von Koppigen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–194. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gotthelf_koppingen_1910/59>, abgerufen am 27.07.2024. |