Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gotthelf, Jeremias [d. i. Albert Bitzius]: Kurt von Koppigen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–194. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

kommen, er verdrückte es wohl, aber da saß es innerlich. Wie finstere Wolken am Himmel jagen und streiten, bis endlich ein Gewitter sich geballt hat und losbricht, so stürmten seine Gedanken durch die Seele, bis der Entschluß sich festgestellt, ein anderes Leben zu versuchen, ein ritterliches, so weit es ihm möglich, um auf dieser Bahn wieder zu Geld und Ehren zu kommen. Als er einmal recht wußte, was er wollte, theilte er es Jürgen mit. Der hatte große Freude, zog die Schleußen seines Gedächtnisses auf und erzählte Tage lang von alten Heldenthaten, von Ehren und Reichthümern, von Schlössern und Turnieren, von Kriegslisten und Fräuleins. Was Kurt des Tags gehört, träumte er des Nachts und erwachte am Morgen mit heißem Verlangen, auszuführen, was er geträumt. Mit großem Eifer schleppten sie aus allen Winkeln altes Rüstzeug zusammen, feilten und nagelten, bis sie so gleichsam eine neue Rüstung hatten, Putzten einen verrosteten Schuld neu auf und schlissen ein altes Schwert. Wenn Kurt zur Uebung diese Rüstung getragen hatte, den Tag über mit dem Schwerte Aeste von den Bäumen gehauen und Jürg mit einer Axt tapfer auf den Schild gehämmert hatte, so hatte Kurt des Nachts um so wildere Träume, fuhr als ein großer Kriegsheld in der Welt herum, baute ein großes Schloß und im Schloß ein ,tiefes schauerliches Verließ, in das Verließ warf er alle neun Fräulein von Halten und fütterte sie ihr Lebenlang mit alten Buchnüssen und schwarzen

kommen, er verdrückte es wohl, aber da saß es innerlich. Wie finstere Wolken am Himmel jagen und streiten, bis endlich ein Gewitter sich geballt hat und losbricht, so stürmten seine Gedanken durch die Seele, bis der Entschluß sich festgestellt, ein anderes Leben zu versuchen, ein ritterliches, so weit es ihm möglich, um auf dieser Bahn wieder zu Geld und Ehren zu kommen. Als er einmal recht wußte, was er wollte, theilte er es Jürgen mit. Der hatte große Freude, zog die Schleußen seines Gedächtnisses auf und erzählte Tage lang von alten Heldenthaten, von Ehren und Reichthümern, von Schlössern und Turnieren, von Kriegslisten und Fräuleins. Was Kurt des Tags gehört, träumte er des Nachts und erwachte am Morgen mit heißem Verlangen, auszuführen, was er geträumt. Mit großem Eifer schleppten sie aus allen Winkeln altes Rüstzeug zusammen, feilten und nagelten, bis sie so gleichsam eine neue Rüstung hatten, Putzten einen verrosteten Schuld neu auf und schlissen ein altes Schwert. Wenn Kurt zur Uebung diese Rüstung getragen hatte, den Tag über mit dem Schwerte Aeste von den Bäumen gehauen und Jürg mit einer Axt tapfer auf den Schild gehämmert hatte, so hatte Kurt des Nachts um so wildere Träume, fuhr als ein großer Kriegsheld in der Welt herum, baute ein großes Schloß und im Schloß ein ,tiefes schauerliches Verließ, in das Verließ warf er alle neun Fräulein von Halten und fütterte sie ihr Lebenlang mit alten Buchnüssen und schwarzen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="0">
        <p><pb facs="#f0028"/>
kommen, er verdrückte es wohl, aber da                     saß es innerlich. Wie finstere Wolken am Himmel jagen und streiten, bis endlich                     ein Gewitter sich geballt hat und losbricht, so stürmten seine Gedanken durch                     die Seele, bis der Entschluß sich festgestellt, ein anderes Leben zu versuchen,                     ein ritterliches, so weit es ihm möglich, um auf dieser Bahn wieder zu Geld und                     Ehren zu kommen. Als er einmal recht wußte, was er wollte, theilte er es Jürgen                     mit. Der hatte große Freude, zog die Schleußen seines Gedächtnisses auf und                     erzählte Tage lang von alten Heldenthaten, von Ehren und Reichthümern, von                     Schlössern und Turnieren, von Kriegslisten und Fräuleins. Was Kurt des Tags                     gehört, träumte er des Nachts und erwachte am Morgen mit heißem Verlangen,                     auszuführen, was er geträumt. Mit großem Eifer schleppten sie aus allen Winkeln                     altes Rüstzeug zusammen, feilten und nagelten, bis sie so gleichsam eine neue                     Rüstung hatten, Putzten einen verrosteten Schuld neu auf und schlissen ein altes                     Schwert. Wenn Kurt zur Uebung diese Rüstung getragen hatte, den Tag über mit dem                     Schwerte Aeste von den Bäumen gehauen und Jürg mit einer Axt tapfer auf den                     Schild gehämmert hatte, so hatte Kurt des Nachts um so wildere Träume, fuhr als                     ein großer Kriegsheld in der Welt herum, baute ein großes Schloß und im Schloß                     ein ,tiefes schauerliches Verließ, in das Verließ warf er alle neun Fräulein von                     Halten und fütterte sie ihr Lebenlang mit alten Buchnüssen und schwarzen<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0028] kommen, er verdrückte es wohl, aber da saß es innerlich. Wie finstere Wolken am Himmel jagen und streiten, bis endlich ein Gewitter sich geballt hat und losbricht, so stürmten seine Gedanken durch die Seele, bis der Entschluß sich festgestellt, ein anderes Leben zu versuchen, ein ritterliches, so weit es ihm möglich, um auf dieser Bahn wieder zu Geld und Ehren zu kommen. Als er einmal recht wußte, was er wollte, theilte er es Jürgen mit. Der hatte große Freude, zog die Schleußen seines Gedächtnisses auf und erzählte Tage lang von alten Heldenthaten, von Ehren und Reichthümern, von Schlössern und Turnieren, von Kriegslisten und Fräuleins. Was Kurt des Tags gehört, träumte er des Nachts und erwachte am Morgen mit heißem Verlangen, auszuführen, was er geträumt. Mit großem Eifer schleppten sie aus allen Winkeln altes Rüstzeug zusammen, feilten und nagelten, bis sie so gleichsam eine neue Rüstung hatten, Putzten einen verrosteten Schuld neu auf und schlissen ein altes Schwert. Wenn Kurt zur Uebung diese Rüstung getragen hatte, den Tag über mit dem Schwerte Aeste von den Bäumen gehauen und Jürg mit einer Axt tapfer auf den Schild gehämmert hatte, so hatte Kurt des Nachts um so wildere Träume, fuhr als ein großer Kriegsheld in der Welt herum, baute ein großes Schloß und im Schloß ein ,tiefes schauerliches Verließ, in das Verließ warf er alle neun Fräulein von Halten und fütterte sie ihr Lebenlang mit alten Buchnüssen und schwarzen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T09:57:28Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T09:57:28Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gotthelf_koppingen_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gotthelf_koppingen_1910/28
Zitationshilfe: Gotthelf, Jeremias [d. i. Albert Bitzius]: Kurt von Koppigen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–194. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gotthelf_koppingen_1910/28>, abgerufen am 23.11.2024.