Gotter, Friedrich Wilhelm: Die Erbschleicher. Leipzig, 1789.Die Erbschleicher. Pistorius. Wie? Justine. Wir können keine Arzney mehr riechen. Pistorius. Das haben Sie gewiß von Herrn Sternberg gehört? Der ist auch so ein neumodischer Verächter der Medezin. Alles was ich verordne, ta- delt er. Aber er wird mir sobald nicht wiederkom- men. Ich hab' ihn abgetrumpft. Herr Stern- berg, sagt' ich vorgestern zu ihm, der Schuster muß bey seinem Leisten bleiben, und der Advokat beym corporis Iuris hahaha! Justine. Im Ernst, Herr Pistorius. Wir sind so wohl auf, als Sie. Pistorius. Ha! Das Wohlseyn kenn' ich. Heute roth, morgen todt! Was giebts Neues in publecis? Justine. Wenn Sie nichts haben! Pistorius. Dreyßig Febrezetanten hab ich. Justine. Dreyßig Kandidaten des Kirchhofs! Pistorius. Ja, es ist epitomia malina. Die Menschen fallen um, wie Fliegen. Zum Glück meistens gemeines Volk! Justine. Zum Unglück, würd' ich sa- gen. Vornehme Tagediebe können am ersten abkommen. E 4
Die Erbſchleicher. Piſtorius. Wie? Juſtine. Wir koͤnnen keine Arzney mehr riechen. Piſtorius. Das haben Sie gewiß von Herrn Sternberg gehoͤrt? Der iſt auch ſo ein neumodiſcher Veraͤchter der Medezin. Alles was ich verordne, ta- delt er. Aber er wird mir ſobald nicht wiederkom- men. Ich hab’ ihn abgetrumpft. Herr Stern- berg, ſagt’ ich vorgeſtern zu ihm, der Schuſter muß bey ſeinem Leiſten bleiben, und der Advokat beym corporis Iuris hahaha! Juſtine. Im Ernſt, Herr Piſtorius. Wir ſind ſo wohl auf, als Sie. Piſtorius. Ha! Das Wohlſeyn kenn’ ich. Heute roth, morgen todt! Was giebts Neues in publecis? Juſtine. Wenn Sie nichts haben! Piſtorius. Dreyßig Febrezetanten hab ich. Juſtine. Dreyßig Kandidaten des Kirchhofs! Piſtorius. Ja, es iſt epitomia malina. Die Menſchen fallen um, wie Fliegen. Zum Gluͤck meiſtens gemeines Volk! Juſtine. Zum Ungluͤck, wuͤrd’ ich ſa- gen. Vornehme Tagediebe koͤnnen am erſten abkommen. E 4
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0077" n="71"/> <fw place="top" type="header">Die Erbſchleicher.</fw><lb/> <sp who="#PIS"> <speaker> <hi rendition="#fr">Piſtorius.</hi> </speaker> <p>Wie?</p> </sp><lb/> <sp who="#JUS"> <speaker> <hi rendition="#fr">Juſtine.</hi> </speaker> <p>Wir koͤnnen keine Arzney mehr<lb/> riechen.</p> </sp><lb/> <sp who="#PIS"> <speaker> <hi rendition="#fr">Piſtorius.</hi> </speaker> <p>Das haben Sie gewiß von Herrn<lb/> Sternberg gehoͤrt? Der iſt auch ſo ein neumodiſcher<lb/> Veraͤchter der Medezin. Alles was ich verordne, ta-<lb/> delt er. Aber er wird mir ſobald nicht wiederkom-<lb/> men. Ich hab’ ihn abgetrumpft. Herr Stern-<lb/> berg, ſagt’ ich vorgeſtern zu ihm, der Schuſter<lb/> muß bey ſeinem Leiſten bleiben, und der Advokat<lb/> beym <hi rendition="#aq">corporis Iuris</hi> hahaha!</p> </sp><lb/> <sp who="#JUS"> <speaker> <hi rendition="#fr">Juſtine.</hi> </speaker> <p>Im Ernſt, Herr Piſtorius. Wir<lb/> ſind ſo wohl auf, als Sie.</p> </sp><lb/> <sp who="#PIS"> <speaker> <hi rendition="#fr">Piſtorius.</hi> </speaker> <p>Ha! Das Wohlſeyn kenn’ ich.<lb/> Heute roth, morgen todt! Was giebts Neues in<lb/><hi rendition="#aq">publecis</hi>?</p> </sp><lb/> <sp who="#JUS"> <speaker> <hi rendition="#fr">Juſtine.</hi> </speaker> <p>Wenn <hi rendition="#g">Sie</hi> nichts haben!</p> </sp><lb/> <sp who="#PIS"> <speaker> <hi rendition="#fr">Piſtorius.</hi> </speaker> <p>Dreyßig Febrezetanten hab ich.</p> </sp><lb/> <sp who="#JUS"> <speaker> <hi rendition="#fr">Juſtine.</hi> </speaker> <p>Dreyßig Kandidaten des Kirchhofs!</p> </sp><lb/> <sp who="#PIS"> <speaker> <hi rendition="#fr">Piſtorius.</hi> </speaker> <p>Ja, es iſt <hi rendition="#aq">epitomia malina</hi>.<lb/> Die Menſchen fallen um, wie Fliegen. Zum<lb/> Gluͤck meiſtens gemeines Volk!</p> </sp><lb/> <sp who="#JUS"> <speaker> <hi rendition="#fr">Juſtine.</hi> </speaker> <p>Zum <hi rendition="#g">Ungluͤck</hi>, wuͤrd’ <hi rendition="#g">ich</hi> ſa-<lb/> gen. Vornehme Tagediebe koͤnnen am erſten<lb/> abkommen.</p> </sp><lb/> <fw place="bottom" type="sig">E 4</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [71/0077]
Die Erbſchleicher.
Piſtorius. Wie?
Juſtine. Wir koͤnnen keine Arzney mehr
riechen.
Piſtorius. Das haben Sie gewiß von Herrn
Sternberg gehoͤrt? Der iſt auch ſo ein neumodiſcher
Veraͤchter der Medezin. Alles was ich verordne, ta-
delt er. Aber er wird mir ſobald nicht wiederkom-
men. Ich hab’ ihn abgetrumpft. Herr Stern-
berg, ſagt’ ich vorgeſtern zu ihm, der Schuſter
muß bey ſeinem Leiſten bleiben, und der Advokat
beym corporis Iuris hahaha!
Juſtine. Im Ernſt, Herr Piſtorius. Wir
ſind ſo wohl auf, als Sie.
Piſtorius. Ha! Das Wohlſeyn kenn’ ich.
Heute roth, morgen todt! Was giebts Neues in
publecis?
Juſtine. Wenn Sie nichts haben!
Piſtorius. Dreyßig Febrezetanten hab ich.
Juſtine. Dreyßig Kandidaten des Kirchhofs!
Piſtorius. Ja, es iſt epitomia malina.
Die Menſchen fallen um, wie Fliegen. Zum
Gluͤck meiſtens gemeines Volk!
Juſtine. Zum Ungluͤck, wuͤrd’ ich ſa-
gen. Vornehme Tagediebe koͤnnen am erſten
abkommen.
E 4
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |