Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gotter, Friedrich Wilhelm: Die Erbschleicher. Leipzig, 1789.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Erbschleicher.
gesagt: Justine, wenn du merkst, daß ich mit
meinem Testamente umgehe, zupfe mich beym
Ermel! hilf mir meine Leute auslernen! hilf mir
sie aufs Eis führen!
Gerhard. Man kann nicht mehr thun, als
ich gethan habe.
Justine. Und was haben Sie denn ge-
than?
Gerhard (beschämt und verlegen.) Ich bin so
weit gegangen -- sie -- zu behorchen.
Justine. O, die Füchse können den Jäger
auch wohl gewittert haben.
(Pause.) Darf ich
Ihnen einen andern Vorschlag thun? -- Stellen
Sie sich todt!
Gerhard (als ob ers nicht begriffe.) Was?
Justine. Stellen Sie sich todt!
Gerhard (stutzt.) Todt? -- Wie? Völlig
todt? -- So -- was man todt nennt!
Justine. Ja, mich däucht, wir werden im
Tode manches sehen und hören, was wir lebend
nicht ahndeten.
Gerhard (sich schüttelnd.) Je später, je lie-
ber!
Justine. Aber verstehen Sie mich doch
recht! Es ist ja nur vom Stellen die Rede.
Die Erbſchleicher.
geſagt: Juſtine, wenn du merkſt, daß ich mit
meinem Teſtamente umgehe, zupfe mich beym
Ermel! hilf mir meine Leute auslernen! hilf mir
ſie aufs Eis fuͤhren!
Gerhard. Man kann nicht mehr thun, als
ich gethan habe.
Juſtine. Und was haben Sie denn ge-
than?
Gerhard (beſchämt und verlegen.) Ich bin ſo
weit gegangen — ſie — zu behorchen.
Juſtine. O, die Fuͤchſe koͤnnen den Jaͤger
auch wohl gewittert haben.
(Pauſe.) Darf ich
Ihnen einen andern Vorſchlag thun? — Stellen
Sie ſich todt!
Gerhard (als ob ers nicht begriffe.) Was?
Juſtine. Stellen Sie ſich todt!
Gerhard (ſtutzt.) Todt? — Wie? Voͤllig
todt? — So — was man todt nennt!
Juſtine. Ja, mich daͤucht, wir werden im
Tode manches ſehen und hoͤren, was wir lebend
nicht ahndeten.
Gerhard (ſich ſchüttelnd.) Je ſpaͤter, je lie-
ber!
Juſtine. Aber verſtehen Sie mich doch
recht! Es iſt ja nur vom Stellen die Rede.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#JUS">
            <p><pb facs="#f0179" n="173"/><fw place="top" type="header">Die Erb&#x017F;chleicher.</fw><lb/>
ge&#x017F;agt: Ju&#x017F;tine, wenn du merk&#x017F;t, daß ich mit<lb/>
meinem Te&#x017F;tamente umgehe, zupfe mich beym<lb/>
Ermel! hilf mir meine Leute auslernen! hilf mir<lb/>
&#x017F;ie aufs Eis fu&#x0364;hren!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#GER">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Gerhard.</hi> </speaker>
            <p>Man kann nicht mehr thun, als<lb/>
ich gethan habe.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#JUS">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Ju&#x017F;tine.</hi> </speaker>
            <p>Und was haben Sie denn ge-<lb/>
than?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#GER">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Gerhard</hi> </speaker>
            <stage>(be&#x017F;chämt und verlegen.)</stage>
            <p>Ich bin &#x017F;o<lb/>
weit gegangen &#x2014; &#x017F;ie &#x2014; zu behorchen.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#JUS">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Ju&#x017F;tine.</hi> </speaker>
            <p>O, die Fu&#x0364;ch&#x017F;e ko&#x0364;nnen den Ja&#x0364;ger<lb/>
auch wohl gewittert haben.</p>
            <stage>(Pau&#x017F;e.)</stage>
            <p>Darf ich<lb/>
Ihnen einen andern Vor&#x017F;chlag thun? &#x2014; Stellen<lb/>
Sie &#x017F;ich todt!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#GER">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Gerhard</hi> </speaker>
            <stage>(als ob ers nicht begriffe.)</stage>
            <p>Was?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#JUS">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Ju&#x017F;tine.</hi> </speaker>
            <p>Stellen Sie &#x017F;ich todt!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#GER">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Gerhard</hi> </speaker>
            <stage>(&#x017F;tutzt.)</stage>
            <p>Todt? &#x2014; Wie? Vo&#x0364;llig<lb/>
todt? &#x2014; So &#x2014; was man <hi rendition="#g">todt</hi> nennt!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#JUS">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Ju&#x017F;tine.</hi> </speaker>
            <p>Ja, mich da&#x0364;ucht, wir werden im<lb/>
Tode manches &#x017F;ehen und ho&#x0364;ren, was wir lebend<lb/>
nicht ahndeten.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#GER">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Gerhard</hi> </speaker>
            <stage>(&#x017F;ich &#x017F;chüttelnd.)</stage>
            <p>Je &#x017F;pa&#x0364;ter, je lie-<lb/>
ber!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#JUS">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Ju&#x017F;tine.</hi> </speaker>
            <p>Aber ver&#x017F;tehen Sie mich doch<lb/>
recht! Es i&#x017F;t ja nur vom Stellen die <choice><sic>Nede</sic><corr>Rede</corr></choice>.</p>
          </sp><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[173/0179] Die Erbſchleicher. geſagt: Juſtine, wenn du merkſt, daß ich mit meinem Teſtamente umgehe, zupfe mich beym Ermel! hilf mir meine Leute auslernen! hilf mir ſie aufs Eis fuͤhren! Gerhard. Man kann nicht mehr thun, als ich gethan habe. Juſtine. Und was haben Sie denn ge- than? Gerhard (beſchämt und verlegen.) Ich bin ſo weit gegangen — ſie — zu behorchen. Juſtine. O, die Fuͤchſe koͤnnen den Jaͤger auch wohl gewittert haben. (Pauſe.) Darf ich Ihnen einen andern Vorſchlag thun? — Stellen Sie ſich todt! Gerhard (als ob ers nicht begriffe.) Was? Juſtine. Stellen Sie ſich todt! Gerhard (ſtutzt.) Todt? — Wie? Voͤllig todt? — So — was man todt nennt! Juſtine. Ja, mich daͤucht, wir werden im Tode manches ſehen und hoͤren, was wir lebend nicht ahndeten. Gerhard (ſich ſchüttelnd.) Je ſpaͤter, je lie- ber! Juſtine. Aber verſtehen Sie mich doch recht! Es iſt ja nur vom Stellen die Rede.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gotter_erbschleicher_1789
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gotter_erbschleicher_1789/179
Zitationshilfe: Gotter, Friedrich Wilhelm: Die Erbschleicher. Leipzig, 1789, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gotter_erbschleicher_1789/179>, abgerufen am 27.04.2024.