Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 2. Leipzig, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

Ich war des Blinden Auge, und
des Lahmen Fuß. Ich war ein
Vater der Armen
.

Weiß er, Ferdinand! was das heißt?
Wenn man dem Blinden und Lahmen zu Hülfe
kömmt und sein Elend erleichtert, so ist man
des Blinden Auge, und der Fuß des Lahmen.
Wer aber solcher Elenden spottet, und ihnen
wohl gar Tort erweiset, der spottet des Schö-
pfers selbst.

Der Junker wurde bey dieser Rede so
weich, daß er dem Informator um den Hals
fiel, und versprach, sich zu bessern. Auch die
andern Kinder wurden so gerührt, daß sie den
Junker baten, nicht mehr so tückisch und gott-
los gegen andere zu seyn.

Nun, ich werde sehen, sagte Ernst, ob er
sein Wort halten wird. Denn es ist mir nicht
gleichgültig, ob es ihm künftig wohl gehe,
oder nicht. Nimmermehr aber kann es ihm wohl

gehen,

Ich war des Blinden Auge, und
des Lahmen Fuß. Ich war ein
Vater der Armen
.

Weiß er, Ferdinand! was das heißt?
Wenn man dem Blinden und Lahmen zu Huͤlfe
koͤmmt und ſein Elend erleichtert, ſo iſt man
des Blinden Auge, und der Fuß des Lahmen.
Wer aber ſolcher Elenden ſpottet, und ihnen
wohl gar Tort erweiſet, der ſpottet des Schoͤ-
pfers ſelbſt.

Der Junker wurde bey dieſer Rede ſo
weich, daß er dem Informator um den Hals
fiel, und verſprach, ſich zu beſſern. Auch die
andern Kinder wurden ſo geruͤhrt, daß ſie den
Junker baten, nicht mehr ſo tuͤckiſch und gott-
los gegen andere zu ſeyn.

Nun, ich werde ſehen, ſagte Ernſt, ob er
ſein Wort halten wird. Denn es iſt mir nicht
gleichguͤltig, ob es ihm kuͤnftig wohl gehe,
oder nicht. Nimmermehr aber kann es ihm wohl

gehen,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p>
          <pb facs="#f0302" n="280"/> <hi rendition="#et"><hi rendition="#fr">Ich war des Blinden Auge, und<lb/>
des Lahmen Fuß. Ich war ein<lb/>
Vater der Armen</hi>.</hi> </p><lb/>
        <p>Weiß er, <hi rendition="#fr">Ferdinand</hi>! was das heißt?<lb/>
Wenn man dem Blinden und Lahmen zu Hu&#x0364;lfe<lb/>
ko&#x0364;mmt und &#x017F;ein Elend erleichtert, &#x017F;o i&#x017F;t man<lb/>
des Blinden Auge, und der Fuß des Lahmen.<lb/>
Wer aber &#x017F;olcher Elenden &#x017F;pottet, und ihnen<lb/>
wohl gar Tort erwei&#x017F;et, der &#x017F;pottet des Scho&#x0364;-<lb/>
pfers &#x017F;elb&#x017F;t.</p><lb/>
        <p>Der Junker wurde bey die&#x017F;er Rede &#x017F;o<lb/>
weich, daß er dem Informator um den Hals<lb/>
fiel, und ver&#x017F;prach, &#x017F;ich zu be&#x017F;&#x017F;ern. Auch die<lb/>
andern Kinder wurden &#x017F;o geru&#x0364;hrt, daß &#x017F;ie den<lb/>
Junker baten, nicht mehr &#x017F;o tu&#x0364;cki&#x017F;ch und gott-<lb/>
los gegen andere zu &#x017F;eyn.</p><lb/>
        <p>Nun, ich werde &#x017F;ehen, &#x017F;agte <hi rendition="#fr">Ern&#x017F;t</hi>, ob er<lb/>
&#x017F;ein Wort halten wird. Denn es i&#x017F;t mir nicht<lb/>
gleichgu&#x0364;ltig, ob es ihm ku&#x0364;nftig wohl gehe,<lb/>
oder nicht. Nimmermehr aber kann es ihm wohl<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gehen,</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[280/0302] Ich war des Blinden Auge, und des Lahmen Fuß. Ich war ein Vater der Armen. Weiß er, Ferdinand! was das heißt? Wenn man dem Blinden und Lahmen zu Huͤlfe koͤmmt und ſein Elend erleichtert, ſo iſt man des Blinden Auge, und der Fuß des Lahmen. Wer aber ſolcher Elenden ſpottet, und ihnen wohl gar Tort erweiſet, der ſpottet des Schoͤ- pfers ſelbſt. Der Junker wurde bey dieſer Rede ſo weich, daß er dem Informator um den Hals fiel, und verſprach, ſich zu beſſern. Auch die andern Kinder wurden ſo geruͤhrt, daß ſie den Junker baten, nicht mehr ſo tuͤckiſch und gott- los gegen andere zu ſeyn. Nun, ich werde ſehen, ſagte Ernſt, ob er ſein Wort halten wird. Denn es iſt mir nicht gleichguͤltig, ob es ihm kuͤnftig wohl gehe, oder nicht. Nimmermehr aber kann es ihm wohl gehen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib02_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib02_1783/302
Zitationshilfe: Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 2. Leipzig, 1783, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib02_1783/302>, abgerufen am 23.11.2024.