Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 2. Leipzig, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

Daß ihr mir ja aber, sagte die Mutter,
kein Obst abreißt, noch weniger das unreife
unter den Bäumen anrührt, oder esset. Ich
will schon nachkommen, und euch geben, was
euch dient.

Sie versprachen es aufs heiligste. Den
beyden größern, Gottlieb und Minchen,
fiel es nicht einmal ein, das Verbot der Mut-
ter zu übertreten. Aber der kleine Anton
konnte der Begierde zu naschen nicht wider-
stehen. Da lagen unter dem Malvasierbaume
gar zu prächtige gelbe Birnen.

"O! die sollten nicht reif seyn, die
schönen Birnen? dachte er bey sich
selbst. Die Mutter hat ja nur das
unreife Obst verboten. Was könnte
dir ein so schönes gelbes Birnchen
schaden? Sie siehts ja nicht. Und
Gottlieb und Minchen sind ja auch
weit weg."

Er

Daß ihr mir ja aber, ſagte die Mutter,
kein Obſt abreißt, noch weniger das unreife
unter den Baͤumen anruͤhrt, oder eſſet. Ich
will ſchon nachkommen, und euch geben, was
euch dient.

Sie verſprachen es aufs heiligſte. Den
beyden groͤßern, Gottlieb und Minchen,
fiel es nicht einmal ein, das Verbot der Mut-
ter zu uͤbertreten. Aber der kleine Anton
konnte der Begierde zu naſchen nicht wider-
ſtehen. Da lagen unter dem Malvaſierbaume
gar zu praͤchtige gelbe Birnen.

„O! die ſollten nicht reif ſeyn, die
ſchoͤnen Birnen? dachte er bey ſich
ſelbſt. Die Mutter hat ja nur das
unreife Obſt verboten. Was koͤnnte
dir ein ſo ſchoͤnes gelbes Birnchen
ſchaden? Sie ſiehts ja nicht. Und
Gottlieb und Minchen ſind ja auch
weit weg.“

Er
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0275" n="253"/>
        <p>Daß ihr mir ja aber, &#x017F;agte die Mutter,<lb/>
kein Ob&#x017F;t abreißt, noch weniger das unreife<lb/>
unter den Ba&#x0364;umen anru&#x0364;hrt, oder e&#x017F;&#x017F;et. Ich<lb/>
will &#x017F;chon nachkommen, und euch geben, was<lb/>
euch dient.</p><lb/>
        <p>Sie ver&#x017F;prachen es aufs heilig&#x017F;te. Den<lb/>
beyden gro&#x0364;ßern, <hi rendition="#fr">Gottlieb</hi> und <hi rendition="#fr">Minchen</hi>,<lb/>
fiel es nicht einmal ein, das Verbot der Mut-<lb/>
ter zu u&#x0364;bertreten. Aber der kleine <hi rendition="#fr">Anton</hi><lb/>
konnte der Begierde zu na&#x017F;chen nicht wider-<lb/>
&#x017F;tehen. Da lagen unter dem Malva&#x017F;ierbaume<lb/>
gar zu pra&#x0364;chtige gelbe Birnen.</p><lb/>
        <p> <hi rendition="#et">&#x201E;O! die &#x017F;ollten nicht reif &#x017F;eyn, die<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;nen Birnen? dachte er bey &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t. Die Mutter hat ja nur das<lb/>
unreife Ob&#x017F;t verboten. Was ko&#x0364;nnte<lb/>
dir ein &#x017F;o &#x017F;cho&#x0364;nes gelbes Birnchen<lb/>
&#x017F;chaden? Sie &#x017F;iehts ja nicht. Und<lb/>
Gottlieb und Minchen &#x017F;ind ja auch<lb/>
weit weg.&#x201C;</hi> </p><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Er</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[253/0275] Daß ihr mir ja aber, ſagte die Mutter, kein Obſt abreißt, noch weniger das unreife unter den Baͤumen anruͤhrt, oder eſſet. Ich will ſchon nachkommen, und euch geben, was euch dient. Sie verſprachen es aufs heiligſte. Den beyden groͤßern, Gottlieb und Minchen, fiel es nicht einmal ein, das Verbot der Mut- ter zu uͤbertreten. Aber der kleine Anton konnte der Begierde zu naſchen nicht wider- ſtehen. Da lagen unter dem Malvaſierbaume gar zu praͤchtige gelbe Birnen. „O! die ſollten nicht reif ſeyn, die ſchoͤnen Birnen? dachte er bey ſich ſelbſt. Die Mutter hat ja nur das unreife Obſt verboten. Was koͤnnte dir ein ſo ſchoͤnes gelbes Birnchen ſchaden? Sie ſiehts ja nicht. Und Gottlieb und Minchen ſind ja auch weit weg.“ Er

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib02_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib02_1783/275
Zitationshilfe: Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 2. Leipzig, 1783, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib02_1783/275>, abgerufen am 23.11.2024.